Zeit für den Hirtenhund
Es gibt ein falsches Leben im richtigen ...

Foto: David Kassl

Die Bibel liebt Abkürzungen. Sei es bei den biblischen Büchern – Gen, Ex, Lev, Num, Dtn und so weiter –, oder bei Gott selber, der als JHWH die Bühne betritt. Ein paar biblische Qualitäten JHWHS: Er ist der Herr. Er liebt alle Menschen gleich. Er ist ein gerechter Richter. Er wird wiederkommen am Ende der Zeiten. Ende der Katechese. Immer wieder gab es seither Pre-Releases: Selbsterklärte Propheten, die der Welt ein böses Ende prophezeiten, meist, um in einem Atemzug selbstgebrautes Badewasser, zerriebenes Unkraut oder neuerdings Aluhüte zu verkaufen. Die hartnäckigste dieser Prophetinnen geht mit ihrer lächelnden Vision vom Ende der Welt inzwischen ins  17. Jahr. Auch ihre Mission trägt ein an den biblischen Gott gemahnendes Namenskürzel: GNTM. Auch Heidi ist Herrin, die alle Menschen gleich liebt – ob dunkel, ob weiß, ob dick oder dünn, und neuerdings auch ob alt oder jung. Und sie ist eine gerechte Richterin – wem sie freundlich zunickt, der darf mit ihr in die nächste Runde.

Für wen das jetzt böhmische Dörfer waren, der darf sich glücklich schätzen. Denn an ihm/ihr scheint Heidis verklumte „Germany’s Next Top Model“-Show bislang spurlos vorübergegangen zu sein. Wobei ja jetzt „Diversity“ angesagt ist.

Inszenierung führt nicht zu Gerechtigkeit
Wie gesagt: ob groß oder klein, ob dick oder dünn, ob alt oder jung – Menschen und Models gibt’s in jeder Konfektionsgröße. Darüber wirst du dich doch wohl nicht lustig machen wollen, braves Hirtenhündchen, oder? Schließlich haben wir doch alle stets gegen die stereotypen Frauchenbilder gekämpft, gegen die totale Sexualisierung der Frau, gegen die klapperdürren Kleiderständer im TV. Jajaja, eh. Aber bevor ihr der Heidi nun den Emma-Award für Emanzipation überreicht, lasst mich nur mit dem alten Adorno sagen: „Immerwährend betrügt die Kulturindustrie ihre Konsumenten um das, was sie immerwährend verspricht.“ Durch die impertinente Inszenierung von „Diversity“, „Gender Equality“ und was weiß ich wird nicht Gerechtigkeit und Gleichheit erzeugt, sondern die Ungleichheit kulturindustriell der Lächerlichkeit preisgegeben, da alles unter dem Verdikt der Vermarktung steht.

Aber ich fürchte, Einsprüche eines einfachen Hundes werden Heidi nicht davon abhalten, weiterzumachen.

Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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