Mama und Oma aus Berufung
„Da ist einfach mein Platz!“

Gut aufgelegt: Lisi Partl ist Mama und Oma aus Berufung. „Die Kinder in Freiheit aufwachsen zu sehen, ist das Schönste für mich!“ | Foto: Kaltenhauser
  • Gut aufgelegt: Lisi Partl ist Mama und Oma aus Berufung. „Die Kinder in Freiheit aufwachsen zu sehen, ist das Schönste für mich!“
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Am Bauernhof der Familie Partl in Kematen herrscht reger Betrieb. Eine Schulklasse kommt zu Besuch, zwei Enkelkinder starten zu einer Traktor-Runde, die Ziegenherde macht auf sich aufmerksam. Mitten im
Getümmel die ruhende Kraft: Lisi Partl, Mutter, Oma und Bäuerin „in Pension“.

Wenn sie einmal nicht einschlafen kann, sagt sich Lisi Partl die Namen und Geburtstage ihrer sechs Kinder und neun – bald elf – Enkelkinder auf. Sie weiß sie alle auswendig. „Da bin ich eine ganze Weile beschäftigt“, schmunzelt sie. „Erst danach fang ich Rosenkranzbeten an, aber meistens braucht‘s das gar nicht mehr.“

Ein Haus voll Kinder. Lisi Partl (60) stammt aus der Kelchsau bei Hopfgarten. Mit 15 Jahren kam sie an die HBLA in Kematen, lernte im Ort ihren Mann kennen und blieb für immer: „Mein Leben lang hab‘ ich das Gefühl gehabt, da ist mein Platz, da gehör‘ ich her“, meint sie. Kinder gehörten auch dazu: „Ich hab‘ schon immer viele Kinder gewollt, sechs sind‘s geworden.“ Heute sind sie zwischen 22 und 39 Jahre alt. Später kümmerte sie sich um ihren damals im Haus lebenden Schwager, der körperlich und geistig behindert ist. „Und als ich Mitte fünfzig war, bin ich quasi nochmal Mama geworden“, erzählt sie. Damals ging die Beziehung ihres ältesten Sohns in die Brüche, sie half ihm, die kleine Tochter großzuziehen.

Arbeitsteilung. Für Lisi Partl, so wirkt es, ist das alles kein Problem. Offiziell ist sie zwar in „Bäuerinnenpension“, zu tun gibt‘s aber genug. Sie ist in der Pfarre und in der Lokalpolitik engagiert, außerdem bei „Schule am Bauernhof“. „Irgendein Enkerl ist auch immer da“, sagt sie, während sie Raphael auf den Traktor hilft. Gefragt, ob das alles nicht enorm anstrengend war, überlegt sie lang. „Anstrengend war es eigentlich nur zwischen dem zweiten und dem dritten Kind. Die waren nur 16 Monate auseinander.“ Die Kinder in Freiheit aufwachsen zu sehen, war das Schönste für Lisi Partl. „Wichtig ist mir, dass sie jederzeit kommen können, ganz gleich, was ist.“ Natürlich funktioniere das alles in einer Großfamilie mit viel Platz rundherum ganz anders als in einer Stadtwohnung. Sie sei auch nie auf sich allein gestellt gewesen. Deshalb ist Lisi Partl die Unterstützung von Familien ein Herzensanliegen.
„Der Druck auf Frauen, Familie und Beruf zu vereinbaren, ist sehr groß“, stellt sie fest. Es sei der „Riesenvorteil“ einer Bäuerin, dass sie die Kinder zu jeder Arbeit mitnehmen könne. „Es dauert dann halt zwei oder drei Mal so lang, aber es geht“, erinnert sie sich lachend. Außerdem hätten die Kinder auch schon früh nach ihren Möglichkeiten mitgeholfen: „Ich mag nicht, gibt‘s nicht“, sei ihr Motto. Überhaupt ist sie immer gut aufgelegt. Warum? „Das muss ich in den Genen haben!“, sagt sie – und lacht.

Kraftquelle Gelassenheit. Zeit für sich allein fand sie in der wöchentlichen Chorprobe. „Die zwei Stunden haben nur mir gehört“. Ansonsten war und ist die große Kraftquelle der Sonntagsgottesdienst. Wieviel Kraft sie daraus für die Woche schöpfe, sei ihr im ersten Lockdown bewusst geworden. Umso wichtiger ist ihr das persönliche Gebet: „Es gibt kein Problem, das man nicht im Gespräch mit Gott lösen kann“, ist sie überzeugt. Der Glaube gibt ihr inneren Halt. Inzwischen auch auf ganz anderer Ebene: Seit eineinhalb Jahren absolviert sie mit viel Interesse und Freude an der Sache den „Theologischen Fernkurs“. Denn sie hatte sich immer schon vorgenommen, Theologie zu studieren, wenn die Kinder sie einmal nicht mehr so brauchen würden.

Einfach niederhocken. War früher an einen Urlaub nicht zu denken, nehmen sich ihr Mann und sie inzwischen ab und zu kleine Auszeiten. Und sie sitzen gern auf der Hausbank und schauen einfach nur. Genießen die Ruhe, die spielenden Enkel, das Vogelgezwitscher. „Ich bin als Mensch einfach ruhiger geworden. Ich kann mich in Gelassenheit niederhocken. Wir müssen auch nicht immer reden.“ Ihr Leben lang habe sie nie das Gefühl gehabt, etwas zu verpassen. „Es ist nicht gut, vielem hinterherzulaufen. Das hetzt und stresst. Man muss das tun, was man für sich selbst will.“ Lisi Partl hat es gefunden.

Autor:

Lydia Kaltenhauser aus Tirol | TIROLER Sonntag

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