Pfarrer Janko Kristof im Gespräch mit Georg Haag
Charles de Foucauld - Lichtgestalt am Beginn des Advents

Janko Krištof als Darsteller und Rezitator des hl. Charles de Foucauld (2011) | Foto: Foto: Hanzi Reichmann
  • Janko Krištof als Darsteller und Rezitator des hl. Charles de Foucauld (2011)
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Pfarrer Janko Kristof über die Botschaft des heuer Heiliggesprochenen, worin er uns heute Korrektiv sein kann und seine Spuren in Kärnten

Am 1. Dezember ist der Festtag Charles de Foucaulds. Sie waren am 15. Mai zu seiner Heiligsprechung in Rom. Woran denken Sie als Erstes?
Krištof: Die große Freude darüber, dass er heuer heiliggesprochen wurde. Für mich und alle, die sich schon länger von ihm inspirieren lassen und versuchen, in seinem Geist zu leben, war das ein Tag großer Freude. Damit ist er für die Weltkirche Vorbild und Fürbitter geworden – das hat schon eine eigene Kraft.

Worin sehen Sie diese Kraft?
Krištof: Ich denke, dass unsere Kirchen vielfach wie Museen geworden sind. Die Heiligen, die dort stehen, sind goldene Kunstwerke, die keiner mehr kennt, sie sprechen nicht mehr. Viele von ihnen haben in einer Zeit gelebt, die uns ja nicht mehr sehr greifbar ist, vieles ist legendär. Aber jemand, der sozusagen vor kurzem gelebt hat, das erleichtert doch den Kontakt. Das ist für mich auch die Bedeutung dieser Heiligsprechungen wie Bruder Karl. Oder wie Mutter Teresa, die viele von uns noch gekannt haben mit ihrem Werk, ihrem Auftreten. Wir könnten Seitenaltäre, die kaum noch Bedeutung haben, neu nutzen, um das Leben aktueller Heiliger zum Leuchten bringen und für uns fruchtbar machen.

Bei „heilig“ denkt man oft zuerst „ohne Fehler“. Darum geht es aber eigentlich gar nicht?

Krištof: Ich schätze bei Bruder Karl vor allem dieses Brennen für Gott, diese Sehnsucht. Er kannte Gott nicht, war sozusagen gottlos. Dann sah er Menschen, die in Gott lebten – in seiner Familie, aber auch unter Moslems. Er sah, dass diese glücklich und erfüllt waren und eine Ausstrahlung hatten, die ihn faszinierte. Aber er selbst konnte nicht glauben. Deshalb begann er als Ungläubiger zu beten: „Herr, wenn es dich gibt, lass mich dich erkennen!“ Und nach und nach hat er die Gnade dieser Erkenntnis erhalten.
Sein ganzes Leben ist er dieser Spur, diesem Feuer gefolgt, Schritt für Schritt. Er hat eigentlich ein kontemplatives Leben gesucht, abgeschieden in einem Kloster und in Armut. Aber dann berührte ihn sein Umfeld derart, dass er wieder weiterging.

Denkt man nicht von einem Heiligen, das ist einer, der Gott gefunden hat? Charles de Foucauld dagegen scheint ein lebenslang Suchender gewesen zu sein.
Krištof: „Ich glaube“ ist bei ihm immer ein „Ich möchte glauben“. Seine Botschaft ist die Sehnsucht, die Sehnsucht nach einer größeren Nähe Gottes. Das finden wir in seinen Schriften. Die, die ihn getroffen haben, beschreiben ihn als Menschen, der immer freundlich war, sich bemüht hat. Er spricht ja auch von seiner Sehnsucht, Bruder zu sein, allen Menschen Bruder, also niemanden auszuschließen: nicht die Soldaten dort, die etwas ganz anderes gelebt haben, nicht die muslimischen Tuareg, nicht die, die ihn betrogen haben ...
Das inspiriert mich in meinem persönlichen Leben, das ist für mich Korrektur. Als Pfarrer stehe ich immer im Mittelpunkt, habe andere Verpflichtungen, muss leiten: Aber ihn zu betrachten, erinnert mich immer wieder daran, jedem Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und als Bruder zu behandeln.

Dieses innere Feuer bei ihm und gleichzeitig die Offenheit für die Welt um ihn herum: Er hat seine Umgebung immer als den Ort betrachtet, an den Gott ihn gestellt hat, um ihn zu finden?
Krištof: Das hat er sicher so gesehen. Man sieht, wie er sich entwickelt. In den Aufzeichnungen zu seinen Exerzitien, in seinen Schriften: Immer wieder findet er zu neuen Erkenntnissen und folgt ihnen. Das zweite ist sicher diese Liebe zum Wort Gottes. Weil er als Priester alleine war, konnte er lange keine Eucharistie feiern, denn er hatte keine Genehmigung, alleine zu feiern. In dieser Zeit waren die Schrifttexte für ihn lebendige Gegenwart Gottes, die er immer wieder betrachtet und sich zu Herzen genommen hat. Von dieser Liebe zum Wort Gottes können wir auch viel, viel lernen.
Er hat auch gesagt: Wenn die Menschen Gottes Knecht sehen, sollen sie sagen: Wenn der schon so gut ist, wie gut muss dann erst der sein, dem er dient! Er wollte Gott durch seine Güte verkündigen, er hat sich in diesem Sinn als Vorbote gesehen.

Das erinnert an Johannes den Täufer?
Krištof: Bruder Karl wollte durch Güte den Menschen für Christus Zeugnis ablegen. Er wollte, dass Christus in sein Leben kommt, damit er von dort ausstrahle. In diesem Sinn haben wir mit Bruder Karl gleich am Anfang des Advent, am 1. Dezember, einen Lichtheiligen.

Sie haben von seinen Schriften gesprochen. Es ist faszinierend, wie sehr er sich mit dem Wort beschäftigt hat, mit der Sprache der Tuareg, für die er als Erster ein Wörterbuch verfasst hat. Auch seine Art zu meditieren war nicht still sitzen, sondern schreiben.
Krištof: Er hat angefangen zu schreiben, um nicht einzuschlafen. Weil er sehr wenig geschlafen hat, hat er das gebraucht. Es sind Tausende von Seiten erhalten, Zeugnisse seines Betens und seiner Erkenntnisse. Darunter
finden wir auch ganz viele Perlen. Sein berühmtes Hingabe-Gebet ist so entstanden. Er hat den Kreuzweg Christi meditiert, sich in seine Situation hineinversetzt und dazu aufgeschrieben: „Vater, ich überlasse mich dir ...“ Gleichzeitig ist dieses Gebet Ausdruck einer Sehnsucht, sich in diese Richtung zu entwickeln.

Charles de Foucauld ist sein ganzes Leben lang einsam geblieben?
Krištof: Seine Sehnsucht war immer, eine Gemeinschaft zu gründen. Schon früh hat er Konzepte dazu geschrieben. Aber sein geistlicher Begleiter, Abbé Huvelin, hat gespürt, dass das nicht geht, und ihm immer gesagt: Lass das, du bist völlig ungeeignet, etwas zu leiten, mit anderen zu leben, andere zu einen. Alle seine Versuche in diese Richtung sind gescheitert, weil er als Mensch einfach schwierig war: Er hat von sich selbst und wahrscheinlich auch von anderen zu viel verlangt. Über seinen Tod hinaus sind dann aus seiner Spiritualität Gemeinschaften gewachsen wie Pilze nach dem Regen.

Bruder Karl, der nie Missionar sein und von Gott reden wollte, war auf ganz andere Weise missionarisch. Wir reden oft vom Hinausgehen zu den Menschen. Er hat das auf eine ganz eigene Weise gemacht.
Krištof: Wenn man zu oft von Jesus und von Gott spricht, nützt sich das leicht ab. Wenn ich aber durch meine Haltung von Gott „spreche“, können das die Menschen viel eher annehmen. Das öffnet eine andere Dimension.

Welche Spuren Charles de Foucaulds gibt es in Kärnten?

Krištof: Die Kleinen Schwestern von Charles de Foucauld haben in ihrer Zeit in Kärnten viele Spuren hinterlassen. Das verbindet viele Menschen mit ihm. Für uns Priester der Priestergemeinschaft ist er eine spirituelle Stärkung und ein Korrektiv, um unseren Dienst gut leisten zu können. Und es gibt einzelne Menschen, die im Stillen in seiner Spur gehen. Durch die Heiligsprechung hatten wir eine neue Idee: Ich habe 70 Worte von Charles de Foucauld ausgewählt, und Gerhard Simonitti hat vorbereitet, sie per SMS oder WhatsApp als Impulse an Interessierte zu verschicken.

Interview: Georg Haab

Zur Person: Janko Krištof, geb. 1962, ist Pfarrer von Ludmannsdorf/Bilčovs und St. Egyden/Št Ilj und Dechant des Dekanats Ferlach/Borovlje. Er ist Mitglied und war jahrelanger Österreich-Verantwortlicher der Priesterbruderschaft „Jesus Caritas“, die auf den hl. Charles de Foucauld zurückgeht.

Angebot in Kooperation mit dem diözesanen Referat für Spiritualität:
Blitzlichter aus dem Leben des hl. Charles de Foucauld als geistliche Impulse, einmal in der Woche direkt aufs Handy. Per SMS, WhatsApp, Signal oder Telegram. Zusendung ab 1. Dezember 2022 jeden Donnerstag.
Anmeldung: bei Pfarrer Gerhard Simonitti, Tel. 0664 34 28 356. Bitte einfach über die jeweilige App das Stichwort „Charles de Foucauld“ senden.

Autor:

Sonntag Redaktion aus Kärnten | Sonntag

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