Umweltmediziner Hans Peter Hutter in Eisenstadt
Viele verhalten sich „hitzedämlich“

Hans Peter Hutter ist Umweltmediziner am Institut für Umwelthygiene und Umweltmedizin an der MedUni Wien und erforscht die gesundheitlichen Auswirkungen von Umwelteinflüssen. Montagabend dieser Woche referierte er im Haus der Begegnung in Eisenstadt.   | Foto: Engelbert Marakovits
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  • Hans Peter Hutter ist Umweltmediziner am Institut für Umwelthygiene und Umweltmedizin an der MedUni Wien und erforscht die gesundheitlichen Auswirkungen von Umwelteinflüssen. Montagabend dieser Woche referierte er im Haus der Begegnung in Eisenstadt.
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Der Umweltmediziner Hans Peter Hutter referierte beim Aktionstag Schöpfung im Haus der Begegnung über gesundheitliche Folgen der Klimakrise.

Die Auswirkungen des Klimawandels seien schon spürbar, betonte Hans Peter Hutter. „Am Land verdorrt die Ernte“ und es häufen sich „Wetterereignisse, die lebensbedrohlich sein können“. Was wenige wissen: In Österreich gibt es bereits mehr Tote durch Klimaveränderungen als im Straßenverkehr. Doch die Gefahren würden laut Hutter unterschätzt. „Selbst junge Leute merken, dass anhaltende Hitze über mehrere Tage nicht lustig ist. Die leidende Mehrheit, die alleine in ihren Wohnungen sitzt, bekommt die breite Öffentlichkeit nicht mit.“ Bei gesundheitlich beeinträchtigten Menschen würde die Hitze auch Folgeerscheinungen auslösen. „Wenn jemand bereits einen Herzinfarkt hatte und bei Hitze die Belastung seines Herzens spürt“, erklärt Hutter.

Wie kann man den Klimawandel gesundheitlich besser ertragen? „Im Vergleich mit den Ländern des globalen Südens sind wir super aufgestellt. Immerhin haben wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt“, so Hutter. „Aber ohne Klimaschutz wird es auch bei uns nicht gehen.“ In manchen Gegenden Afrikas dagegen sei es schon jetzt bald nicht mehr erträglich. „Schon vor mehr als zehn Jahren wurde darauf hingewiesen, dass die Umweltmigration global ein Problem wird. Das wurde dann aber kaum bis gar nicht beachtet. Da haben wohl einige nicht wirklich mitgedacht. Viele Menschen werden aufgrund des Klimawandels ihre Heimat verlassen müssen.“

Die Fenster nicht „sperrangelweit offen lassen“. Der Klimawandel führt zu paradoxen Maßnahmen. Viele müssen Klimaanlagen installieren und in Dauerbetrieb nehmen, was den Klimawandel begünstigt. „Leider verhalten sich etliche nicht hitzeklug sondern hitzedämlich“, betont Hutter. Bevor überhaupt an eine Klimaanlage zu denken sei, „ist ein Ventilator das Mittel der Wahl“. Man könne die Räume verdunkeln und die Fenster zur Mittagszeit „nicht sperrangelweit offen lassen“. Auch in der Architektur werde der Klimaschutz nicht immer mitgedacht. Etliche würden hier klug handeln, betont Hutter, „aber beim Gros der Bauherren ist noch nicht angekommen, dass sie hier Gebäude errichten, welche die nächsten 100 bis 200 Jahre Bestand haben.“ Begrünte Fassaden seien nur eine von zahlreichen Maßnahmen. „Es braucht ein ganzes Bündel davon.“

Lobbys. Wie radikal muss man beim Individualverkehr sein, damit die Gesundheitsbelastung minimiert wird? Hutter: „Man hätte schon vor Jahrzehnten damit anfangen müssen, vernünftigen Mobilitäts-Konzepten mit wissenschaftlicher Basis mehr Glauben zu schenken als den üblichen Lobbys.“ In Österreich, so Hutter, „fehlt es oft an Mut, wenn es um das Vorpreschen geht“. Weltweit gebe es viele Beispiele. „Denken Sie nur an die skandinavischen Städte und ihren Radverkehr. Wir brauchen nichts erfinden, wir müssen umsetzen, was da und erprobt ist.“ Der Straßenverkehr sei ein Bereich, wo es extremen Widerstand gebe, sobald es um Einschnitte gehe. „Dabei bewegt sich die überwiegende Mehrheit öffentlich, zu Fuß oder mit dem Rad.“

Klimaschützer? Warum wird dann trotz dieser Mehrheit nicht stärker in deren Sinne klimafreundlicher gehandelt? „Eine von vielen Erklärungen ist etwa der mächtige Einfluss der Automobillobbys. Sie sitzen näher an den Hebeln der Macht.“In den letzten Wahlkämpfen wurde der Klimaschutz von einigen Parteien als Zugpferd verwendet. Ändert sich etwas? „Zumindest haben sich alle als Klimaschützer positioniert. Ich möchte daran erinnern, dass noch 2017 angestrengt wurde, Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort als Staatsziel in der Verfassung festzuschreiben. Unter anderem weil man mit Umweltverträglichkeitsprüfungen wenig Freude hat.“

Hans Peter Hutter ist Umweltmediziner am Institut für Umwelthygiene und Umweltmedizin an der MedUni Wien und erforscht die gesundheitlichen Auswirkungen von Umwelteinflüssen. Montagabend dieser Woche referierte er im Haus der Begegnung in Eisenstadt.   | Foto: Engelbert Marakovits
Interessierte im Haus der Begegnung. | Foto: Engelbert Marakovits
Autor:

Redaktion martinus aus Burgenland | martinus

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