Altes Brauchtum neu entdeckt
Schleifen, hobeln, ratschen

Die fertigen Ratschen.  | Foto: Caritas/Haus Terra
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Edmund Alber ließ das alte Brauchtum des Ratschens im Tiroler Oberland neu aufleben. 130 Ratschen wurden im Rahmen des Caritas-Projektes „Horizont“ gebaut – zudem in Tobadill, Pians, Prutz, Fließ und See.

Seinen Spitznamen „Ratschen Edi“ hat Edmund Alber nicht umsonst bekommen: Seit Jahren verschreibt er sich dem Bau von Ratschen zur Osterzeit. Angesteckt mit dem Ratschen-Fieber hat er im Laufe der Jahre sehr viele – unter anderem Caroline Falch vom Haus Terra in Landeck, in dem Kinder und Jugendliche betreut werden, die nicht zuhause wohnen können. Falch leitet auch das Projekt „Horizont“, bei dem Kinder und Jugendliche erkrankter Eltern betreut werden. „Wir haben uns entschieden, das Ratschen-Projekt auszuweiten und jedes Kind und jeden Jugendlichen willkommen zu heißen“, erzählt sie. Die daraus entstandene Zusammensetzung sei eine sehr „gute Mischung“ und eine echte Bereicherung: „Daraus sind Freundschaften entstanden“, so Falch.
Begonnen mit dem Ratschen-Bauen habe man letztes Jahr mit Ministrant:innen der Landecker Pfarren: „Das Ganze hat einen großen Anklang gefunden“, freut sie sich noch heute. „Weil das so gut angekommen ist, wollten wir das heuer wieder anbieten.“ Prompt wurden die Jugend- bzw. Ministrantenbetreuer:innen in See im Paznaun und im Dekanat Prutz auf die Aktion aufmerksam.

130 Ratschen
Die Idee fand großen Anklang: „Im Sommer haben wir bereits 130 Ratschen bei der Lebenshilfe bestellt“, erzählt Caroline Falch. Denn die Vorarbeit beim Ratschen-Bauen leisten die Klient:innen der Lebenshilfe Landeck. „Die Kinder erhalten bereits die fertigen Bausätze und können sich auf den Feinschliff wie das Schleifen, Hobeln und das Fertigen der Quasteln konzentrieren“, sagt Caroline Falch. Schließlich entstehen lauter Unikate, keine Ratsche schaut aus wie die andere.

Hand in Hand gearbeitet

Spontan hinzu gesellt bei dieser Aktion haben sich Tobadill und Pians – in Tobadill wurden Ratschen (wie andernorts auch) im Werkunterricht der Volksschule gebaut. „Wir haben Hand in Hand gearbeitet“, erzählt Caroline Falch. Sie und Edi Alber waren beinahe immer mit von der Partie: „Edi hat auch das Werkzeug mitgebracht“. Und er hat den tieferen Sinn dieses christlichen Brauchtums vermittelt. Für das kulinarische Wohl sorgten meist die Ministrantenbetreuer:innen der jeweiligen Gemeinden.

Kinder mit Oma und Opa
Besonders wichtig ist den Ideengeber:innen das Miteinander – so waren oft Mama, Papa, Opa oder Oma beim Ratschenbauen dabei: „Die Kinder haben immer drauf geschaut, dass alle eine Ratsche bekommen, wenn beispielsweise ein Kind krank war“, freut sich die Initiatorin.

Eigeninitiative

Ausgeschlossen wurde beim Ratschen-Bauen natürlich niemand, im Gegenteil: „In See waren auch Kinder aus Kappl dabei“, erzählt Caroline Falch. Edi Albers Ziel lautet, dass künftig aus Eigeninitiative in noch viel mehr Gemeinden Ratschen gebaut werden. Die Kurse sollten dafür das nötige Knowhow liefern.

Gemeinsam Ratschen
In Prutz und Fließ werden die neuen Ratschen am Palmsonntag gesegnet, anschließend dürfen sie mit nach Hause genommen werden. Einmalig ist die Idee der Pianner Kinder: „Dort treffen sich die Kinder der jeweiligen Ortsteile am Karfreitag und Karsamstag bei Kapellen zum gemeinsamen Ratschen“, erzählt Caroline Falch.
Am 21. April wird Bischof Hermann Glettler in See zu Besuch sein. Die Kinder und Jugendlichen vom Haus Terra wurden von der Pfarre zu diesem Besuch eingeladen. Und auch bei dieser Gelegenheit planen sie, den Bischof mit Ratschen willkommen zu heißen. Apropos Bischof: Beim letztjährigen Bezirkserntedankfest haben Kinder ihre hölzernen Instrumente geschwungen. Dies hat den Bischof so beeindruckt, dass er die Kinder im Rahmen des Gottesdienstes vor zum Altar holte: „Das war etwas ganz Besonderes für die Kinder – es ist das Gefühl der Verbundenheit. Die Leute schauen hin, weil es Lärm macht“, sagt Caroline Falch. „Es ist wirklich ein Brauch, der Generationen übergreift“.
Elisabeth Zangerl

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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