Autobahnkirche Dolina in Poggersdorf
Einkehr für Reisende und Urlaubsgäste

Foto: Josef Till
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Die Autobahnkirche Dolina „Maria im Walde“ ist ein besonderer Ort der Kraft und des Mystischen.
von Josef Till

Mit seiner einzigen Autobahnkirche in Österreich und seiner einzigartigen Wallfahrtskirche ist Dolina ein Zeichen für die gegenwärtige multikulturelle Gesellschaft. Der Weiler besitzt die slowenische Bezeichnung Dolina, was auf Deutsch das Tal bedeutet. Hier befindet sich die erste Autobahnkirche in Österreich, die am Schnittpunkt des deutschen, slowenischen und italienischen Kulturbereiches liegt.

Der Vorplatz als Ort des Nachdenkens
Der von Hektik und Unruhe heimgesuchte und geplagte Zeitgenosse kann sich in Dolina, einem Ort der Kraft und Energie, entspannen, innehalten und von Alltagsstress und Hektik befreien. Schon auf dem Vorplatz vor der Kirche kann man sich auf den Weg machen, sich bewegen, um bewegt zu werden. Mit allen Sinnen sollen der Vorplatz, die als Durchgang konzipierte Gedächtnisstätte und die Kirche erfahren werden.
Der beklemmende schmale Durchgang aus rostigem Stahl südlich neben der Kirche mag menschliches Leben symbolisieren: Am Ende des dunklen Durchgangs gibt es Hoffnung, Licht und Happyend. Der schmale Gang ist als Gedenkstätte für die Verkehrstoten gedacht, die Trauer und Schmerz symbolisieren. Am Ende des Tunnels steht eine Ablage für Kerzen, die die Umgebung erhellen und den angstbesetzten Menschen wärmen und darauf verweisen sollen, dass es einen lichtbesetzten Ausgang gibt.

Der Kirchenbau
Mächtig wirkt das Kirchenäußere mit seinen kleinen variantenreich angebrachten Fensteröffnungen, was die Burg Gottes verdeutlicht, die Stabilität und Sicherheit suggeriert.
Die Kirche „Maria im Walde“ im Weiler Dolina in der Gemeinde Grafenstein gehört zur zweisprachigen Pfarre Poggersdorf (slow. Pokrče). Einige slowenische Mädchen aus Dolina gaben ein Jahr nach dem Revolutionsjahr 1848 an, mystische Erfahrungen an drei aufeinanderfolgenden Tagen gehabt zu haben, die sie als Marienerscheinungen deuteten. Die Kunde vom wunderbaren Ereignis verbreitete sich rasch. Auf Drängen der Einheimischen aus Poggersdorf ließ der Tainacher Propst auf Anordnung des Lavanter Bischofs Anton Martin Slomšek eine kirchliche Untersuchung des Vorfalls durchführen, zu einem Zeitpunkt, als die Einheimischen bereits eine Sammelaktion zur Errichtung der Kirche gestartet hatten.
Von 1861 bis 1863 wurde nach den Plänen des Architekten Anton Bierbaum eine Kirche im Stil des Historismus vom Architekten Anton Faleschini errichtet und vom Gurker Bischof Valentin Wiery geweiht. Angeschlossen an das hohe Kirchenschiff war ein hohes Presbyterium mit zweiseitigem Chorschluss und einem romanisierenden Fries mit Spitzgiebel. Im Jahre 1882 erhielt die Kirche einen Turm, der sieben Jahre später mit der schweren Glocke auf das Kirchenschiff stürzte und dieses zerstörte.
Das Langhaus wurde vom Architekten Wilhelm Klebel erst in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts neu errichtet, die Konsekration erfolgte im Jahre 1957.

Mit dem Einfachen zum Mystischen
In den Jahren 1999 bis 2000 kam es mit den Architekten Ferdinand Čertov und Robert Morianz zu einer Neugestaltung, die das Ziel hatte, mit dem Einfachen zum Mystischen zu gelangen. Durch einen Betonbau mit einer vorgestellten grauen Wand als Eingangsfront und einer gelungenen Dachkonstruktion über Stützen wandelte sich die Kirche zu einer Autobahnkirche. Die graue Wand wird als Symbol für die dunkle und breite Autobahn gesehen; die Mauer gilt aber auch als Symbol für Unfreiheit, für Trennung von Arm und Reich, für den „Eisernen Vorhang“ und die „Berliner Mauer“, der Trennwand zwischen Freiheit und Unfreiheit. Die Wand versinnbildlicht auch die Klagemauer und das Tragwerk das Getragenwerden. Der Innenraum besitzt kleine vertikale und horizontale Fensteröffnungen und einen rundbogigen Triumphbogen zum Altarraum. Die kristalline Form des Kirchenschiffes verstärkt sich wegen der komplexen Raum-Licht-Führung im Dachbereich. Die künstliche Beleuchtung des Kirchenschiffes wurde in die Dachöffnungen integriert und erzeugt bei Dunkelheit sowohl im Innenraum als auch im Außenbereich indirektes Licht, was dem Raum mystisches Flair gibt. Die Wandmalerei in unterschiedlichen warmen, meditativen, Geborgenheit verströmenden Rottönen stammt von Johannes Zechner. Der Lichteinfall durch die Fensteröffnungen wird als Zeichen für die Anwesenheit, Gnade und Barmherzigkeit Gottes gedeutet.

Ein Ort der Geborgenheit
Der Innenraum als Ort der Geborgenheit mit seinem dominierenden weichen, sich am wilden Wein orientierenden Rot kann beschritten werden. Die Kommunion während des Gottesdienstes kann als Akt des Gemeinsamen mit Mensch, Raum, Natur und Gott erlebt werden. Die bunten, mit Blumen versehenen, strahlenden Rundfenster wurden von Giselbert Hoke künstlerisch gestaltet, sie wollen Gott lobpreisen und ihm für die Schöpfung danken. In acht Sprachen steht der Spruch von Baccio Marin: „Der Wind der Ewigkeit wird stärker.“ Die anderen Glasfenster tragen die Bezeichnungen „Ich singe“, „Pojem“, „Honigsüße“ und „Ich trenne mich“.
Der Hochaltar besitzt ein nazarenisches Bild von der Marienerscheinung in Dolina, das von Peter Markovič aus Rosegg im Jahre 1906 gemalt wurde. Der goldeingefasste Tabernakel wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gefertigt. An der Südseite vor dem Hauptaltar befindet sich eine im Jahre 1993 restaurierte spätgotische stehende Madonnenfigur mit dem Kind (um 1420). Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Kreuzwegbilder tragen Aufschriften in slowenischer Sprache.
Die einzigartige Autobahn- und Wallfahrtskirche ist würdig, besucht zu werden.

Foto: Josef Till
Foto: Josef Till
Autor:

Carina Müller aus Kärnten | Sonntag

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