Seelische Gesundheit für Familien
Elterntreffpunkt jetzt auch digital

Wir durchleben derzeit eine äußerst herausfordernde Zeit. Der normale Alltag will und will nicht kommen. Auf den letzten Metern des sprichwörtlichen Marathons geht uns allen zunehmend die Luft aus. Was Familien jetzt brauchen, um gut durch die Krise ins Ziel zu kommen.

Krisen sind in der Regel Ausnahmezustände. Man kann sie überwinden und gestärkt daraus hervorgehen. Die Corona-Krise scheint jedoch schön langsam zum Normalzustand zu werden. Einer, der uns permanent Kraft kostet. Was braucht es jetzt „auf den letzten Metern“?
„Einen Mülleimer für den Corona-Frust“, meint Petra Pöschl-Lubei. Sie hilft als Elternberaterin der Caritas Kärnten Erziehungsberechtigten in scheinbar ausweglosen Situationen. Seit einem Jahr hält Covid-19 die Welt in Atem. „Corona hat die Rahmenbedingungen sehr verändert“, so Pöschl-Lubei. Das steht fest. Was kommt in den Mülleimer und was nehmen wir mit in das Leben nach Covid-19?
Frust abladen
„Mit der Krise entstehen in der Familie durch das ständige Zusammensein mehr Frust und Stress. Den Frust sollte man unbedingt loswerden. Man braucht ein bisserl einen Mülleimer dafür. Das kann ein Gespräch mit einer guten Freundin oder in einer Beratungsstelle sein.“ Besonders wichtig sei es, die eigenen Akkus immer wieder aufzufüllen. Gerade weil Corona uns bei vielen Aktivitäten einen Strich durch die Rechnung macht, wir alle oft in den eigenen vier Wänden ausharren müssen, „sollte es für alle Familienmitglieder einen Rückzugsort geben“, rät die Expertin.
Immer wieder hört man neuerdings, wie sehr Kinder und Jugendliche an der Krise leiden. Besonders betroffen sind laut Pöschl-Lubei vor allem jene, die „schon vorher Probleme hatten“. Diese würden sich jetzt verstärken. „Für sie ist die Zeit schwer, weil sie wenig in Kontakt mit anderen und dadurch stark einsam sind. Gerade diese Kinder brauchen Eltern, die ihnen einen stabilen, strukturierten, sicheren und klaren Rahmen geben, die mit ihnen, so gut es geht, Normalität leben und ein Stückchen Leichtigkeit in den Alltag bringen.“ Über Corona sollten alle kindgerecht informiert werden – „so viel wie notwendig und nicht zu viel, damit es die Kinder nicht belastet“, rät die Expertin.
Elterntreffpunkt digital
Die Caritas hat schon zu Beginn der Krise den sogenannten „Elterntreffpunkt digital“ eingeführt. Das kostenlose Angebot wird gut angenommen. So erhalten Eltern von (Klein-)Kindern und Jugendlichen zu Erziehungsfragen Information, Rat und Austausch. Sollten individuelle, das eigene Kind betreffende Fragen auftauchen, können diese montags von 8 bis 12 Uhr am sogenannten Elterntelefon unter der Nummer 0664/80 64 88 343 mit Petra Pöschl-Lubei vertieft und besprochen werden.
Viele Eltern sorgen sich, dass ihre Kinder wegen der Lockdowns die Schule nicht schaffen könnten. Diese wiederum haben von „Homeschooling“ und „Distance Learning“ die Nase voll. Was in dieser Situation tun? Pöschl-Lubei: „Für viele Eltern ist das in der Tat oft das größte Problem. Sie setzen sich damit selbst sehr stark unter Druck, geben diesen an das Kind nicht selten weiter und bewirken damit das Gegenteil des Erhofften. In so einem Fall sollte man sich vorher Hilfe holen, um zu erfahren, wie man wieder gut in Kontakt mit seinem Kind kommen kann.“
Bedingungslos zuhören
Und wie kann das am besten gelingen? „Über Kommunikation“, ist Pöschl-Lubei überzeugt. Als Mutter oder Vater sei es gut, immer wieder nachzufragen: Wie geht es dir? Was brauchst du? Was machst du gerade? Bedingungsloses Zuhören, ohne zu werten und Druck zu erzeugen, die Momente der Gemeinsamkeit genießen, kann sehr hilfreich sein. Pöschl-Lubei: „Und zwischendurch schaue ich mein Kind an und sage ihm: Ich habe dich so lieb, wie du gerade bist!“
Sich an kleinen Dingen erfreuen
Auch im so eingeschränkten Corona-Alltag kann man es sich ein wenig gemütlich machen. Zumindest einen Versuch ist es wert. Statt einem Kinobesuch kann man einen Kinoabend zu Hause auf dem Sofa mit Popcorn organisieren. Wenn man sich eine Pizza nach Hause bestellt, dann schmeckt es doch gleich viel besser, wenn der Tisch schön gedeckt ist. Auch an solchen Kleinigkeiten kann man sich erfreuen. Wann wir wieder in einem Lokal speisen können, wann wir wieder ins Kino gehen, steht noch in den Sternen. Was wird bleiben? „Die Pädagogen, Eltern und Schüler haben lösungsorientiert neue Wege gesucht und auch gefunden. Eltern und Kinder lernten im Umgang mit Computer und Medien viel; die Kinder auch in puncto Selbstorganisation und Selbstständigkeit, weshalb es wichtig war, dass sie ein Halbjahreszeugnis bekommen haben“, betont Pöschl-Lubei. „Ich bin beeindruckt, wie viele Menschen ihr Bestes geben, damit die Kinder trotz Corona Bildung erfahren können. Respekt allen, die sich engagieren und durchhalten!“

Werte vermitteln

Alle Kinder haben die gleichen Bedürfnisse, aber leider nicht die gleichen Möglichkeiten. In vielen Ländern gibt es keine Grundversorgung. Homeschooling ist eine Illusion. „Jeder kann gerade in Zeiten wie diesen seinen Kindern Werte, wie Solidarität und Nächstenliebe vorleben, sodass aus den Jungen eine gesunde Generation wird, die die Kraft hat, eines Tages die Welt ein wenig zu verändern“, so Pöschl-Lubei. Infos dazu: www.caritas-
kaernten.at/kinder (am)

Autor:

Gerald Heschl aus Kärnten | Sonntag

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