Ein Held als Sohn

Ein neues Buch beleuchtet das Leben von Mozarts Mutter.

Das kürzlich erschienene Buch „mater celeberr. Mozart“ beleuchtet das Leben von Anna Maria Mozart (geb. Pertl, 1720 – 1778). Sieben Autorinnen und Autoren begegneten mit ihren Beiträgen aus einem „neuen Blickwinkel“ heraus den größten Vorurteilen gegenüber der berühmten Musiker-Mutter, erzählte Eva Neumayr, Mitarbeiterin im Archiv der Erzdiözese Salzburg und eine der beiden Herausgeberinnen.

Mit dem jüngsten Band der Schriftenreihe des Archivs der Erzdiözese Salzburg sei erstmals eine wissenschaftliche Monografie erschienen, in der die Mutter der Mozart-Geschwister Maria Anna und Wolfgang Amadeus im Mittelpunkt steht. Anlässlich ihres 300. Geburtstags widmet sich die Schriftenreihe der Biografie, Bildung, Darstellung in Bildern sowie der Rezeption Anna Marias durch die Mozart-Biografik.

EIN HELD, EIN GENIE ALS SOHN
„Die Mozart-Biografen haben über Wolfgang Amadeus Mozart natürlich wie über einen Helden geschrieben“, erklärte Neumayr. Das musikalische Talent habe der berühmte Musiker von Vater Leopold und die Neigung zur Fäkalsprache von der Mutter, Anna Maria, so der Tenor der Mozart-Biografen besonders ab dem zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts. Diese tendenziöse Einschätzung der Frauen im Allgemeinen und Mozarts Mutter im Besonderen setze sich bis ins Ende des 20. Jahrhunderts fort. Von Anna Maria liegen, im Gegensatz zu ihrem Sohn, nur wenige Quellen wie Briefe und Reiseberichte vor. Eine Monografie zu ihrer Tochter Maria Anna ist bereits 2019 in der Schriftenreihe erschienen. Das kaum wertschätzende Frauenbild der damaligen Zeit komme in all diesen Biografien durch, selbst bei den wohlwollenden Biografen der Mutter Mozarts.

NEUES BILD DER MUSIKER-MUTTER
Man wundere sich, warum Leopold eine angeblich so ungebildete und nicht gesellschaftsgefügige Frau geheiratet habe, führte Neumayr aus. Denn sie sei bei etlichen musikalischen Auftritten, etwa in Versailles, dabei gewesen. Auch der Frage, warum sie in einer der bekanntesten Mozartbiografien als unmusikalisch bezeichnet wurde, ging Neumayr nach. „Dass Anna Maria kein Instrument spielte, ist klar“, denn im 18. Jahrhundert habe es für Mädchen nur vier Möglichkeiten dazu gegeben: Damals mussten Mädchen entweder von Eltern an einem Instrument ausgebildet werden, als adelige Chorfrau in einem Kloster aufgenommen werden, Privatstunden nehmen oder per Gönnerschaft oder als Waisenmädchen an die Mädchenkonservatorien nach Venedig kommen.

Anna Maria Mozart war mehr in die Erziehung ihrer Kinder involviert als bisher angenommen.

EVA NEUMAYR

Ihr Vater, ein Pfleger in St. Gilgen, habe Schulden hinterlassen, sonst habe Anna Maria keine Möglichkeit gehabt. Zudem verlaufe der Mozart-Familie eine „Sprachgrenze“: Während sie beim Oberdeutschen blieb, wechselte Leopold ins moderne Hochdeutsch. Insgesamt sei Anna Maria mehr in die Erziehung und Bildung ihrer Kinder involviert gewesen, als bisher angenommen wurde, erzählte Neumayr. Das sei allein durch die vielen zeitaufwändigen musikalischen Engagements von Leopold festzustellen.

MÜTTER ALS NETZWERKERINNEN
Auch die wichtige soziale Rolle von Musikerinnen- und Musiker-Müttern im 18. Jahrhundert als Netzwerkerinnen wird im neuen Buch thematisiert. Ausgewählte exemplarische Einblicke in das kulturelle Handeln von Frauen in Familien von Musikerinnen und Musikern mittels ausgewählter Biografien bringen neue Aspekte des Lebens und Wirkens von Anna Maria Mozart hervor. Sie habe einen stärkeren Einfluss auf die Entwicklung ihres berühmten Sohnes gehabt als bisher angenommen, so die Mozart-Expertin.

Die neue Biografie über Anna Maria Mozart ist eine Zusammenarbeit des Archivs der Erzdiözese Salzburg mit Stadt und Land Salzburg, der Maria-Anna-Mozart-Gesellschaft Salzburg und der Digitalen Mo-zart-Edition, einem Kooperationsprojekt zwischen The Packard Humanities Institute, Los Altos (Kalifornien), und der Internationalen Stiftung Mozarteum.

mater celeberr. Mozart · Anna Maria Mozart zum 300. Geburtstag. Herausgegeben von Anja Morgenstern und Eva Neumayr, Schriftenreihe des Archivs der Erzdiözese Salzburg, Band 27 im Hollitzer Verlag 233 Seiten | 43 €

Autor:

martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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