Im Interview: Die Künstlerin Melanie Leitner-Gavric aus Galtür.
Das Innere nach außen tragen

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Melanie Leitner-Gavric aus Galtür hat sich mit großer Leidenschaft der Ikonenmalerei verschrieben. Im Interview mit dem Tiroler Sonntag erklärt die Künstlerin, warum für sie Heiligendarstellungen ein Fester zu einer unsichtbaren Wirklichkeit darstellen und wie die Begegnung mit Gott ihr Leben verändert hat. Das Interview führte Elisabeth Zangerl

Sie malen seit einigen Jahren auch Ikonen. Wie kommt es dazu, dass Sie sich dieser Art der Darstellungen widmen?
Melanie Leitner-Gavric: Malen war schon immer ein Mittel für mich, um meine Gefühle und das, was ich erlebt habe, zu ordnen. Ich bediene mich der Malerei, um mein Inneres nach außen zu tragen. Ich möchte darstellen, wovon mein Herz voll ist. Seit meiner Umkehr zu Gott sind es Heiligenbilder bzw. Ikonen.

Sie sagen, dass Ihre Werke Unsichtbares sichtbar machen und den Betrachter zu einem Zwiegespräch mit Gott einladen.
Melanie Leitner-Gavric: Für mich sind alle Heiligendarstellungen ein Fenster zu einer unsichtbaren Realität. Sie helfen mir, in die Stille zu kommen und erleichtern mir das Beten. Ich möchte auch andere Menschen durch die Betrachtung der Ikonen in dieses stille Betrachten hineinziehen. Die Ikonen haben ihren Ursprung in der Kirche, als Vorgeschmack auf das uns verheißene Gottesreich. Die Ikonen stellen eine Verbindung der irdischen mit der himmlischen Kirche her.

Sie hatten im Alter von 25 Jahren eine intensive Gotterfahrung ...
Melanie Leitner-Gavric: Ich möchte dazu nur so viel sagen, dass sich mein Leben von diesem Zeitpunkt an um 180 Grad gedreht hat. Es ist ein Heilungs- und Lernprozess und dieser hält wohl, Gott sei Dank, ein Leben lang an.

Sie wenden auch die Technik der Polimentvergoldung an. Worauf kommt es dabei an?
Melanie Leitner-Gavric: Ich habe die Ausbildung zur Vergolderin - Schilderherstellerin in Elbigenalp absolviert. Die Polimentvergoldung ist ein traditionelles Kunsthandwerk, wofür man Geschick und Geduld braucht und einiges an Erfahrung. Unter meinen Bildern verbirgt sich oft ein 15-schichtiger Aufbau, bevor überhaupt das Gold aufgebracht werden kann, da ich gerne tiefe Gravuren in den Untergrund einritze. Man muss beim Auftragen von Bologneser-, Champagner- und Chinakreide, die mit Haut- bzw. Knochenleim gebunden werden, Trocknungszeiten und Temperaturen genau einhalten und dann geduldig und exakt schleifen.

Sie erzählen von sich, dass Ihre schönsten Werke entstanden sind, seit Ihr Sohn Damian auf der Welt ist. Warum?
Melanie Leitner-Gavric: Da ich seit der Geburt Damians kaum mehr Zeit zum Malen finde, entstehen gerade wegen dieses Zeitmangels wirklich schöne Bilder. Vermutlich weil ich mich dadurch in der Geduld üben muss und viel Zeit habe, die Werke zu betrachten, bevor sie fertig sind.

Im Sommer leben Sie mit Ihrer Familie in Bosnien-Herzogowina, der Heimat Ihres Mannes. Wie unterscheiden sich Glaube und Kirche zwischen Ihrer Heimat und Ihrer Wahlheimat?
Melanie Leitner-Gavric: Für mich unterscheidet er sich gar nicht. Ich kann auch in Bosnien in jeder größeren Stadt täglich zur Messe gehen, da es dort katholische Kirchen gibt. Ich gehe mit meiner Schwiegermama an besonderen Festtagen in die Heilige Messe im orthodoxen Ritus und finde die orthodoxen Kirchen mit ihrer Ikonenpracht und dem festlichen Messritus sehr schön.

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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