Gedanken von Dr. Klaus Egger
Fronleichnam im Corona-Jahr

Unerkannt ist mit uns einer unterwegs -ob es eine Prozession gibt oder nicht.  | Foto: Hans Seifert
  • Unerkannt ist mit uns einer unterwegs -ob es eine Prozession gibt oder nicht.
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Abstand, so könnte das „Wort des Jahres 2020“ lauten, denn Abstand auf allen Ebenen prägt unser Leben seit dem Corona-Ausbruch im vergangenen März: Abstand im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben, Abstand von Auslandsreisen, Abstand von Besuchen und auch Abstand im kirchlichen Leben.

Abstand als Chance? In unserem Lebensalltag kennen wir durchaus Situationen, in denen wir uns geradezu nach Abstand sehnen: das sind die Schulferien für Kinder und Jugendliche, Urlaub und Reisen, Klausurtage, Erholungszeiten nach Krankheit. „Abstand-Nehmen“ ist jedoch auch unserem kirchlichen und gläubigen Leben keineswegs fremd: Jesus geht in die Wüste, um Klarheit für seine Sendung zu finden, er geht in die Einsamkeit, auf einen Berg oder auch in das Dunkel der Nacht, um zu beten. Unmittelbar vor dem Vaterunser lesen wir in der Bergpredigt: „Du aber, wenn du betest, geht in deine Kammer, schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist! Dein Vater, der auch in das Verborgene sieht, wird es dir vergelten“ (Mt 6, 6). Hinter diesen Worten stehen ganz sicher Erfahrungen, die Jesus selbst gemacht hat. Das Gebet in Gemeinschaft war für ihn eine Selbstverständlichkeit, aber auch das Beten mit Abstand zu allen äußeren Gebetsformen, in der „Kammer seines Herzens“.

Fronleichnam. Wenn uns in diesem Jahr ein gewisser Abstand zur Feier des Fronleichnamsfestes verordnet ist, dann kann das auch eine Chance beinhalten: ins Auge zu fassen, was uns dieses Fest ganz persönlich ins Herz sprechen möchte. Die Mitte von Fronleichnam ist die Feier der Eucharistie, das „Geheimnis unseres Glaubens“. Im Abendmahlssaal hat Jesus sein Leben und sein Sterben in die Worte über Brot und Wein verdichtet: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird“ und: „Das ist der Kelch des Neuen und Ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden:“ Daran schließen sich noch die Worte: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ In dieser Gedächtnisfeier bleibt Jesus im Sakrament von Brot und Wein, die Mitte der christlichen Gemeinde, auch bis in unsere Tage, in unserem ganz persönlichen Leben. Dazu hat die Kirche im 13. Jahrhundert ein eigenes Fest zur Verehrung des Leibes Christi eingeführt. Einige Jahrzehnte später hat man in Anlehnung an beliebte Flurprozessionen begonnen, mit dem „Allerheiligsten“ betend die Lebensräume der Menschen abzuschreiten.

Vor allem in der Barockzeit wird die Fronleichnamsprozession zu einem wahren Triumphzug mit großen Fahnen, geschmückten Wagen und Blumenteppichen. Während die Eucharistiefeier geradezu in den Schatten getreten ist, wurde die Prozession zum absoluten Höhepunkt des Festes.

Neubesinnung. Mit Beginn der NS-Zeit gab es den ersten großen „Abstand“ zum Fest und zur Prozession, der durch die NS-Politik angeordnet war. Gleich nach dem Krieg gab es dann eine geradezu triumphale Wiederbelebung der Prozession, an der in Innsbruck an die 12.000 Gläubige teilgenommen haben. Aber schon in den Fünfziger-Jahren und erst recht in den letzten Jahrzehnten nahm die Begeisterung zunehmend ab. In Innsbruck hat eine Neubesinnung dazu geführt, dass die Dompfarre St.Jakob und die Pfarre Wilten nach einer gemeinsamen Eucharistiefeier im Dom zu einer Prozession mit drei Stationen und einem feierlichen Schlusssegen in der Basilika Wilten und anschließend zu einer großen Agape eingeladen haben. Wie ein neuer Anfang!

Was Fronleichnam uns ins Herz hinein sagen möchte:
- Vergiss nicht: die Eucharistiefeier ist das große Geschenk, das Jesus den Seinen und damit auch uns allen ganz persönlich hinterlassen hat. Wer sich ihm öffnet und an ihn glaubt, findet Halt und Zuversicht.
- Wer gläubig zur Kommunion geht, empfängt das „Brot des Lebens“, das wie eine Kraftnahrung dazu befähigt, auch füreinander „Brot des Lebens“ zu werden.
- Die Prozession – ob sie nun stattfinden kann oder nicht – möchte daran erinnern, dass auf den Straßen unseres Lebens einer mit uns geht – unerkannt – wie einst bei den Jüngern von Emmaus.
- Der uns auferlegte „Abstand“ kann auch zur Einladung werden, die besten Erinnerungen an gemeinsame Eucharistiefeiern in uns aufsteigen zu lassen. Denn auch solche Erinnerungen sind ein kostbarer Schatz! «

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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