Begegnung Erzbischof und Roma
Sie haben auch Träume

Die Familie Geamanu begrüßt Erzbischof Franz Lackner. Er hat sich seit dem Start des Synodalen Prozesses mit vielen verschiedenen Gruppen getroffen. Die Begegnung mit den Roma führte ihn hinaus zu jenen Menschen, die nicht oft Gehör finden.  | Foto: RB/Hiwa Naqshi
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  • Die Familie Geamanu begrüßt Erzbischof Franz Lackner. Er hat sich seit dem Start des Synodalen Prozesses mit vielen verschiedenen Gruppen getroffen. Die Begegnung mit den Roma führte ihn hinaus zu jenen Menschen, die nicht oft Gehör finden.
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An die Ränder gehen – das fordert Papst Franziskus immer wieder von seiner Kirche. Erzbischof Franz Lackner begegnete vor kurzem obdachlosen Notreisenden in der Stadt Salzburg. Dabei tat er vor allem eines: Zuhören.

Vier Generationen der Familie Geamanu erwarten an diesem Märzabend Erzbischof Franz Lackner. In ihrem Haus begrüßen können sie den Gast nicht. Sie haben kein Dach über dem Kopf. Das vom Projektteam BIWAK auf die Beine gestellte Treffen findet im Freien statt, nahe der S-Bahn-Station. Mit Planen, Decken und Polstern haben die Familie und weitere Roma behelfsmäßig ein Freiluftesszimmer auf dem Boden vorbereitet. Aus einem Topf verteilt eine der Frauen dampfenden Eintopf in Schüsseln und reicht die erste an den Erzbischof. Es schmeckt und die Kälte, die langsam vom Boden aufsteigt, lässt sich so auch besser aushalten.

In Rumänien finden sie keine Arbeit

Organisiert hat das Essen Alina Kugler. Das macht sie ein paar Mal im Jahr. Seit langem schon engagiert sie sich für die Notreisenden, die häufig aus der Region Pauleasca kommen. Sie hat ihre Sprache gelernt und übersetzt, als der 64-jährige Constantin zu erzählen beginnt: Es ziehe ihn seit 15 Jahren nach Salzburg. „Die Menschen kennen mich. Gibt mir jemand etwas, dann bedanke ich mich. Ich dränge mich nicht auf.“ In Rumänien, sagt der Senior, könne er auf keine Pension hoffen. „Und mit meinen 64 Jahren hat keiner eine Arbeit für mich.“ Auf die Frage des Erzbischofs, ob der Glaube in seinem Leben eine Rolle spielt, antwortet Constantin auf seine Weise. Er spricht ein Gebet.

Constantins Sohn erzählt stolz von seinem neuen Job. In der Vergangenheit hat er schon bei einer Abrissfirma angepackt. „Ich arbeite gerne. Mein größter Wunsch ist, dass ich etwas finde, das von Dauer ist und wir dann eine Wohnung bekommen“, teilt Valerica seine Träume. Er hoffe auf eine Zukunft in Salzburg, in Rumänien gebe ihnen niemand eine Chance. Natürlich sei er trotzdem sehr mit seiner Heimat verbunden. „Ich habe Kinder und Enkel dort, denen helfe ich so gut es geht. Familie ist das Wichtigste.“ Valericas Frau Luminita berichtet von einer Tochter, bei der ein Kaiserschnitt notwendig war. „Wir mussten das alles bezahlen.“

Für Frauen, sagt Luminita, sei es in Rumänien sehr schwierig. Sie blickt auf ihre Schwiegertochter Adriana, die den zweijährigen Mateo im Arm hält. Mit dem Buben und ihrem Mann Alex kommt die junge Mutter die Nacht wieder bei einer Salzburgerin unter, die ihnen ein Zimmer überlässt. Der Rest der Großfamilie nützt die von der Initiative BIWAK organisierte Übernachtungsgelegenheit in der Pfarre St. Elisabeth. Nur für Uropa Constantin ist das nichts – „das ist zu eng, ich bleibe lieber draußen.“

Pfarrsaal wandelt sich zum Nachtlager

Schauplatzwechsel: Mit den BIWAK-Verantwortlichen Herbert Müller, Rupert Hofer und Günther Jäger ist der Erzbischof in die Stadtpfarre St. Elisabeth gewechselt. Er hilft mit, um den Pfarrsaal in ein Nachtquartier zu verwandeln. Kurz vor zehn Uhr muss es plötzlich schnell gehen. Einige Roma warten vor dem Eingang. Der „Checkin“, wie es heißt, soll beginnen.

Valerica und seine Frau Luminita sind unter den rund 20 Frauen und Männern, die nach und nach eintrudeln und ihre Schaumstoffunterlagen ausrollen. Sie können als Familie zusammenbleiben. „Wir wollen uns nicht trennen“, so Valerica, der dem Erzbischof freudig zuwinkt. „Bleiben Sie gesund“, erwidert dieser und verabschiedet sich von den Menschen, die dank BIWAK ein warmes und geschütztes Nachtlager haben.

Bis Ostern ist BIWAK für die Menschen da

BIWAK entstand im März 2018 als der Wetterbericht minus 20 Grad ankündigte. Da alle Notschlafplätze in der Stadt Salzburg belegt waren, mussten etliche Roma die Nacht im Freien verbringen. Von dieser Not berührt, entwickelten Herbert Müller und Günther Jäger, Mitarbeiter der Erzdiözese, spontan ein Konzept, um Notreisenden eine überdachte Unterkunft (ein Biwak eben) zur Verfügung zu stellen. Dank vieler Ehrenamtlicher und unterstützender Kräfte gibt es dieses Angebot in den kalten Monaten bis heute. „Wobei wir stets in Kontakt mit der Caritas und dem Haus Franziskus sind“, sagt Jäger. Für heuer geplant ist, dass der Pfarrsaal in der Elisabethvorstadt noch bis Ostern jeden Abend seine Tür für die BIWAK-Gäste öffnet.

Tipp: Unterstützen Sie das Engagement für Notreisende. IBAN: AT89 3500 0000 2667 0703

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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