Mission
„Die Welt muss umkehren“

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„Diese Krise holte alle ins gleiche Boot“, sagt Sr. Katharina Fuchs. Sie ist eine von 20 Missionarinnen und Missio-naren aus der Erzdiözese, die in Afrika, Asien und Südamerika wirken. Über die Päpstlichen Missionswerke (Missio) halten sie Kontakt in ihre Heimatdiözese. „Wie geht es unseren Missionaren? Wie hat Corona ihren Alltag verändert?“, wollten Diözesandirektor Pfarrer Virgil Zach und Referentin Therese Mayrhofer wissen. Sie schrieben Briefe und bekamen berührende Antworten – das Rupertusblatt veröffentlicht Auszüge. 

Nazareth/Israel. „In Nazareth beruhigt sich die Stimmung“, schreibt Schwester Kathrin Fuchs, die in einem Spital wirkt, „in dem wir Menschen von der Geburt bis zum Lebensende betreuen“. Es gelten strenge Auflagen. „Jeder verdächtige Fall brachte Aufregung. Einmal kam eine positiv getestete Frau zur Entbindung. Sofort wurden alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet. Die Geburt verlief normal. Ein erneuter Test zeigte: Es war eine Fehldiagnose. Mutter und Kind konnten nach Hause geschickt werden.“ Der Schwesterngemeinschaft gehe es gut. „Wir hatten das Glück, die heilige Messe in unserer Hauskapelle feiern zu können. Die tapferen Franziskaner ließen es sich nicht nehmen, auf einem Seitengässchen zu uns zu kommen. Zwei alte Schwestern feierten mit Papst Franziskus im Fernsehen“, schildert Sr. Kathrin. Sie selber nutze manchmal den Livestream mit Missio-Nationaldirektor Pater Karl Wallner. „Gut, dass es diese Möglichkeiten gibt, die Botschaft Christi zu verkündigen. Die Menschen brauchen sie in dieser Zeit so notwendig.“

Sr. Katharina (Kathrin) Fuchs ist 1943 in Hopfgarten geboren, Barmherzige Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul (TchrL), Ausreise 1971, 17 Jahre Libanon, seit 31 Jahren in Israel

Medellín/Kolumbien. Seit Mitte März gilt in Kolumbien eine strenge Ausgangssperre. „Einige Fabriken beginnen nun langsam wieder mit ihrer Arbeit“, berichtet die Salzburger Missionarin Margaretha Moises, die für das Land drei große Herausforderungen ausmacht: 1. Das Gesundheitssystem ist sehr schwach. 2. Ein Großteil der Bevölkerung lebt schon jetzt in Armut.  3. Corona und die vielen venezolanischen Flüchtlinge verstärken das Elend. Die positive Nachricht: Sie nehme im Allgemeinen eine große Solidarität mit den Ärmsten wahr. Die Coronakrise ist für sie ein „Zeichen der Zeit“: „Unsere Welt ist krank, nicht nur durch die Pandemie. Die große Ungleichheit schreit nach einer Änderung. Nach der Krise kann nichts mehr gleich wie vorher bleiben.“
Margaretha Moises ist 1932 in Bad Hofgastein geboren, 1950 Eintritt bei den Franziskaner Missionsschwestern, seit 1953 in Kolumbien, derzeit in Medellín

Mondombe/DR Kongo. Mondombe ist eine der 15 Pfarren in Salzburgs Partnerdiözese Bokungu-Ikela im Kongo. Am Tshuapa-Fluss gelegen, der nach 700 km in den Kongo-Strom mündet, lebt und wirkt der Herz-Jesu-Missionar P. Peter Laschan. Er beschreibt in einem Brief, wie Corona Mitte März die Hauptstadt Kinshasa erreichte: „Niemand war darauf vorbereitet. Trotz Quarantäne breitete sich das Virus in der Millionenstadt rasch aus. Bis heute sind offiziell 450 Infizierte registriert, 25 Todesfälle.“ Die Regierung setzt alles daran, dass sich die Krankheit im Land nicht ausbreitet. „Von den 24 Provinzen sind bisher fünf betroffen (Ende April). Alle Fälle kommen von Reisenden.“ Deshalb dürfe niemand die Hauptstadt verlassen, um ins Inland zu fahren. „Unser Bischof war Anfang März bei einer Konferenz. Seither darf er nicht mehr zurück, er könnte ja, ohne es zu wissen, das Virus einschleppen“, so P. Laschan, der auch erzählt, dass der Alltag in seiner Region weitergeht. „Jeder bearbeitet seine Felder, hat seine Tiere und lebt wie sonst.“ Für viele sei der Aufruf, sich vor dem Virus zu schützen, unverständlich. „Sie sagen: Gott ist da, uns passiert nichts.“ Als Pfarrer betreffe ihn die Schließung der Kirchen besonders. „Die ,spirituelle Armut‘ tut weh. Nur an Ostern durfte die hl. Messe in der Pfarrkirche gefeiert werden, ohne Gläubige, sonst in einer Kapelle. Bei euch gibt es Angebote, die hl. Messe am Fernseher oder im Internet mitzufeiern. Das ist hier nicht möglich.“

P. Peter Laschan ist 1944 in Kitzbühel geboren, Herz-Jesu-Missionare (MSC), seit 1970 in der Demokratischen Republik Kongo

Arusha/Tansania. „Die Schulen sind geschlossen, die Kirchen – noch – nicht. Wir können zur hl. Messe. Natürlich heißt es überall aufpassen und Abstand halten“, berichtet Sr. Monika Schoner aus Arusha. Sie verweist auf die existenziellen Probleme, die der Zusammenbruch des Tourismus in den Gebieten rund um den Kilimandscharo und die Nationalparks verursacht. „Persönlich erleben wir diese Not hautnah, weil immer mehr Menschen an unsere Türe klopfen.“ An die „drastischen Fälle“ verteilen die Schwestern Lebensmittel. Die Vorbereitungsarbeiten zum Bau eines Ausbildungshauses schaffe zudem Arbeit. „Aber allein gestern mussten wir zehn Männer und einige Frauen wegschicken. Als Trost gab es für sie Brennholz, Maismehl und Gemüse aus unserem Garten.“ Die Missionarin Christi be-tont: „Wenn jede und jeder von dem gibt, was er und sie hat, können wir über die schlimmste Krise kommen.“ Sie erinnert an die Worte von Papst Franziskus, der in seiner Enzyklika Laudato si‘ schreibt: „Viele Dinge müssen ihren Lauf neu orientieren, vor allem aber muss die Menschheit sich ändern. Es fehlt das Bewusstsein des gemeinsamen Ursprungs, einer wechselseitigen Zugehörigkeit und einer von allen geteilten Zukunft. So zeichnet sich eine große kulturelle, spirituelle und erzieherische Herausforderung ab, die langwierige Regenerationsprozesse beinhalten wird.“ Diese prophetischen Worte, ist Sr. Monika Schoner überzeugt, zeigten der Welt den nächsten Schritt an.
Sr. Monika Schoner, 1951 geboren, kommt aus Auffach, die Missionarin Christi (MC) reiste 1986 in das damalige Zaire (D. R. Kongo) aus, seit 2017 in Tansania

Goiânia/Brasilien. Sr. Gertrud Fokter unterstreicht in ihrem Brief: „Die Ärmsten trifft es am stärksten.“ Die Straßenhändler, Reinigungskräfte, Hausangestellten und Arbeiterinnen in Nähwerkstätten haben keine Rücklagen und stehen ohne Einkommen da. Die Missionarinnen Christi starteten deshalb die Solidaritätsaktion „Hoffnung für Brasilien“. Sr. Gertrud berichtet vom Verteilen von Lebensmittelpaketen und Kochgas. Un-terstützung bekommt sie von Gemeindemitgliedern und ihrer Jugendgruppe. Der Kontakt laufe über WhatsApp. „In jeder Familie ist die Situation etwas anders, aber eines haben sie gemeinsam: Die Coronakrise hat sie voll getroffen und sie brauchen schnell und unbürokratisch Hilfe.“ Schwester Gertrud verweist auf ein Beispiel unter vielen: Der Vater verlor seine Arbeit und auch die Mutter kann wegen der Ausgangssperre ihren Maniküre-Job nicht ausüben. Sie haben vier Kinder. „In ihrer Not gab die Mutter den Kleinen Zuckerwasser, da sie nichts mehr zu essen hatten.“ Die Missionarin Christi reagierte rasch. Noch am selben Nachmittag bekam die Familie ein Lebensmittelpaket und Milch.
Sr. Gertrud Fokter aus Lamprechtshausen, geboren 1966, seit dem Jahr 2000 ist die Missionarin Christi (MC) in Brasilien, derzeit in Aparecida de Goiânia

San José de Mariquina/Chile. Der em. Bischof Sixtus Parzinger beschreibt das Glaubensleben in Coronazeiten: „Die hl. Messe mit unserem Bischof  wird durch ein gut ausgebautes Internet verbreitet. Die Gläubigen können so mitfeiern.“ Die ewige Anbetung hat für Parzinger „größte Bedeutung für die Erneuerung des Glaubens und für neue Priesterberufe“. In der Pfarre San José de Mariquina gehe sie trotz  Ausganssperre  weiter: „Da sich die Anbeter in der Nacht nicht ablösen können, wird das Allerheiligste zu ihnen gebracht. So ist die ewige Anbetung  nicht unterbrochen.“
em. Bischof Sixtus Parzinger, 1931 in St. Johann/T. geboren 1931, der Kapuziner (OFMCap) ist seit 1965 in Chile

Salzburg. In der Erzdiözese finden ab dem 15. Mai unter Auflagen wieder öffentliche Gottesdienste statt. Wie ist die Situa-tion in den Partnerdiözesen? Weltkirche-Referenten Markus Roßkopf erreichten Nachrichten aus Bokungu-Ikela, Daegu und San Ignacio de Velasco.

Bokungu-Ikela/Kongo. „Lasst uns in unseren Gebeten verbunden bleiben“, betont Bischof Toussaint Iluku Bolumbu. Er schreibt aus der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa, die von den anderen Provinzen abgeriegelt ist. Salzburgs Partnerbischof ist davon direkt betroffen. Er sitzt seit einer Konferenz fest. Nach mehren Wochen Abwarten hat er nun bei der Behörde um eine Sondergenehmigung amgesucht: „So Gott will, kann ich in den nächsten Wochen reisen.“ In der Diözese selbst sei alles ruhig. „Alle öffentlichen Messfeiern sind verboten. Die Schulen sind geschlossen.“ Täglich habe er Kontakt zu seinem Kanzler und seiner Sekretärin und er rufe Priester in den Pfarren an, um sie zu ermutigen. Seine Sorge gelte auch der Zukunft: „Wie wird die Stiua-tion in unserem Land nach der Covid-19-Pandemie sein?“
Toussaint Iluko Bolumbu ist seit Juli 2019 Bischof in der Partnerdiözese Bokungu-Ikela in der Dem. Republik Kongo

Daegu/Südkorea. „Die Gläubigen freuen sich, dass sie seit dem 7. Mai wieder gemeinsam Messe feiern dürfen. Das war seit 6. Februar verboten“, sagt Priester Johannes Sung won Shin. In Daegu gebe es keine Neuinfizierten mehr. Trotzdem müssten die Menschen weiter Abstand halten. „Vor der Kirche desinfizieren sich die Gläubigen ihre Hände. Drinnen müssen alle einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Vor der Kommunion spricht der Priester ,Der Leib Christi‘ und die Gläubigen sprechen zusammen ,Amen‘. Und wenn es zu wenig Platz für die Gläubigen gibt, feiert der Pfarrer mehrere Messen pro Tag.“
Johannes Sung son Shin, Vertreter der Partnerdiözese Daegu in Südkorea, studiert in Salzburg

San Ignacio de Velasco/Bolivien. „Obwohl es gelungen ist, die Pandemie zu bremsen – es gibt 1.886 bestätigte Fälle – wird die Situation wohl noch schlimmer“, befürchtet Robert Herman Flock Bever. Er verweist dabei auch auf die prekäre Lage vieler Menschen während der landesweiten Quarantäne. Die Diözese San Ignacio greift deshalb mit Hilfe von Adveniat (deutsches Hilfswerk) 1.250 Familien mit Solidaritätskörben unter die Arme. Die Verteilung bewerkstelligen die Pfarrer, die gleichzeitig Aufklärung leisten und die Leute informieren, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen. Öffentliche Gottesdienste sind bis Ende Mai verboten. Die Bischofskonferenz habe gebeten, das je nach Risikogebiet flexibel zu gestalten. „Es gab jedoch noch keine Antwort.“
Robert Herman Flock Bever ist seit 2016 Bischof in der Partnerdiözese San Ignacio, Bolivien

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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