Karotten, Zwiebeln und Radieschen
Drei, die sich mögen

Wachsen zusammen: Karotten, Zwiebeln und Radieschen. | Foto: shutterstock

Karotten, Radieschen und Zwiebeln kommen immer gemeinsam ins Beet: Sie mögen sich und helfen sich gegenseitig. Die Zwiebeln vertreiben die Möhrenfliege. Und die Radieschen keimen schnell und schützen so als „Markierungssaat“ die Karotten, die eher frühjahrsmüde sind und länger brauchen, bis sie sich ans Tageslicht kämpfen.Bevor es aber endlich soweit ist, dass Samen und Steckzwiebeln in die Erde können, bereite ich die Beete vor.

Wenn die März-Sonne die letzten Schneeflecken wegschmilzt und den Boden trocknet, geht es los: Ich arbeite vorsichtig die Mulchschicht ein, entferne liegengebliebene Blätter der winterlichen Ernte von Sprossenkohl, Zuckerhut, Chinakohl und Endivien und lockere dann behutsam mit der Grabgabel den Boden.
Ich liebe den Geruch nach Frühling, den die frische Erde verströmt. Und während ich hier arbeite, das erste Unkraut (oder Beikraut) ausreiße und den einen oder anderen Regenwurm in Sicherheit bringe, fühle ich mich im besten Sinn des Wortes „geerdet“. Der Humus bringt mir Bodenhaftung. Und es steckt noch viel mehr in ihm: human und homo – der Mensch. Während ich in der Erde grabe, fällt mir die biblische Erzählung von der Erschaffung des Menschen ein: „Da formte Gott, der Herr, den Menschen, Staub vom Erdboden und blies in seine Nase den Lebensatem.“ (Gen 2,7)

Mensch und Erde. Hier ist die Rede von Adam (der Mensch) und adamah (die Erde). Beide sind schon sprachlich eng miteinander verbunden. Man könnte es einfach übersetzen: „Wir Menschen sind Söhne/Töchter der fruchtbaren Erde. Alles ist mit allem verbunden. Und wir sind ein Teil davon.“ Der heilige Franz von Assisi hat es poetisch ausgedrückt: „Mutter Erde ist unsere Schwester.“ Und Papst Franziskus schließt sich ihm an, wenn er meint: „Die Erde, unser gemeinsames Haus, ist wie eine Schwester, mit der wir das Leben teilen, und wie eine Mutter, die uns in die Arme schließt.“ (Laudato si’)
Während ich die Beete vorbereite und die Wege dazwischen anlege, kommt mir noch die zweite Bedeutung von „humilitas“ in den Sinn: Sie heißt nicht nur Bodenhaftung, sondern auch Demut. Und davon brauchen wir wohl mehr im Umgang mit unserer Erde, wenn wir uns und ihr eine Zukunft geben wollen.

Täglich ein Grund zur Freude. In der Zwischenzeit ist die Sonne hinter unserem Hausberg verschwunden. Die Luft ist kühl, denn in der Höhe liegt noch viel Schnee. Aber ich will unbedingt noch die Samen in den Boden bringen: Der Schal muss her, sonst droht ein Hexenschuss. Und den kann ich nun wirklich nicht gebrauchen.
Ich stecke in aller Ruhe die kleinen Zwiebelchen in den Boden – jedes Jahr wieder ein Genuss. Die Karottensamen sind sehr fein, die Radieschensamen größer und rundlicher: Ich lege sie in weiteren Abständen in die Karottenzeilen und bedecke sie vorsichtig mit Erde. Dann schütze ich das ganze Beet mit einem feinen Vlies gegen Nachtfröste, die sicher noch kommen werden. Schon bald werden die Zwiebeln die ersten grünen Triebe zeigen. Und die Keimblätter der Radieschen aus dem Boden auftauchen. Täglich ein Grund zur Freude. Das Wunder des Lebens beginnt von neuem. Und ich bin ein Teil davon. Nicht mehr und nicht weniger. 

Teil 3 von 3 der Serie "Kopfsalat mit Herz" von Elisabeth Rathgeb (Theologin, stellvertretende Caritas-Direktorin der Diözese Innsbruck, Hobbygärtnerin)

Buch zur Serie:
Elisabeth Rathgeb: Kopfsalat mit Herz. Eine spirituelle Entdeckungsreise durch den Garten. Tyrolia 2021, 112 Seiten, € 15,95.

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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