Im Rhythmus des Lebens

Foto: Walter Hölbling
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Die Free Beat Company ist eine ganz besondere Einrichtung der Musikschule Innsbruck. Hier treffen sich Jugendliche und Erwachsene, die eines verbindet: Sie suchen und finden im gemeinsamen Trommeln ihren eigenen Rhytmus im Lebens.

Es beginnt mit der Stille. Kurz vor dem ersten Trommelschlag sitzen alle im Kreis, die Hände sind bereit. „Wir warten, bis jeder geistig wirklich angekommen ist“, erzählt Gottfried Jaufenthaler, der gemeinsam mit Maria Zeisler seit 15 Jahren die „Free Beat Company" leitet. Und dann geht es los.

Alles ist Rhythmus. Rhythmus ist für die beiden Musiker eine zentrale und zugleich einfache Art des Musizierens. „Die ganze Schöpfung ist auf Rhythmus aufgebaut, alles, was lebt, folgt einem Rhythmus", so Maria Zeisler. Mit den Trommeln wird dieser Rhythmus hörbar und spürbar. Bis zu 40 Menschen sind es, die zu den kostenlosen Trommelabenden in die Free Beat Company kommen.

Ohne Voranmeldung, ohne Verpflichtung. Ein offenes, niederschwelliges Angebot der Musikschule Innsbruck, das seit dem Jahr 2004 Menschen in seinen Bann zieht.Gemeinsamer Pulsschlag. Die Trommlerinnen und Trommler kommen aus allen sozialen Schichten. Sie alle folgen den vier Schritten, die den gemeinsamen Trommelabend ausmachen: Der erste Schritt ist der „gemeinsame Puls", in den sich alle Trommler einfinden. „Das ist gewissermaßen der Takt des Musikstücks“, so Jaufenthaler., ein einfacher Pulsschlag auf die Trommel, immer im selben Tempo. Dann können die Trommler über diesen einfachen Schlag – „aus dem Gefühl heraus, ohne viel zu denken“ – improvisieren. Den dritten Schritt bildet dann die Einladung, weniger zu spielen, die Schläge zu reduzieren und dabei zu entdecken: „Das klingt ja noch besser". „Der vierte Schritt ist der edelste Schritt", so Jaufenthaler. „Wenn man einen Rhythmus findet, den man ständig wiederholen kann, dann entsteht im Trommeln mit allen anderen aus der Improvisation eine gemeinsame Komposition."

Offen für alle. „Von Anfang an war für uns wichtig, dass die Schwelle so niedrig liegt, dass alle mitmachen können“, sagt Maria Zeisler. Und das ist der Takt, den man wie von selbst mitschlägt, wenn man Musik hört. „Da gibt es niemanden, der das nicht tut“, so Zeisler. Denn „richtig“ oder „falsch“, wie man es vom Spielen eines Instrumentes kennt, gibt es bei der Free Beat Company nicht, betont Zeisler: „Bei uns spielen die fortgeschrittenstens Trommler gemeinsam mit denen, die zum ersten Mal dabei sind."

Gemeinschaft erleben. Ebenso wichtig ist bei Free Beat die Gemeinschaft. „Musik verbindet“ ist an den Free Beat-Abenden kein leeres Wort. Free Beat sei eine „Gruppe aus Individuen mit einer starken Gemeinschaft“, sagt Gottfried Jaufenthaler. „Jeder soll sich als Individuum entfalten können und trotzdem ziehen wir an einem gemeinsamen Strang“. In den vergangenen 15 Jahren haben viele in Free Beat eine Gemeinschaft gefunden, die sie aufgefangen und Heimat geboten hat. „Wir haben viele gute Entwicklungen von Menschen miterleben dürfen, bei allen Rückschlägen, die es auch gegeben hat“, erinnert sich Maria Zeisler. Auch Flüchtlinge sind Teil der Free Beat-Gemeinschaft, auch sie finden hier ein soziales Gefüge, das ihnen Halt und Orientierung gibt. Mittlerweile gibt es täglich außer Sonntag eine Trommelsession in der Free Beat Company, Freitag und Samstag ist ganzjährig geöffnet.

Leben ist Musik. Ein Projekt wie die Free Beat Company, das Musik und soziale Aspekte eng miteinander verbindet, sucht seinesgleichen in Österreich. Drei Jahre lang wurde die Company von den Musikern in ihrer Freizeit geleitet. „Es war Bürgermeisterin Hilde Zach, die das große Potential dieses Projektes erkannt hat“, erzählt Maria Zeisler. Sie war es, die die Musiker für dieses Projekt in der Musikschule Innsbruck freigestellt hat. Einzigartig ist bei der Free Beat Company vor allem das Ineinander von Leben und Musik. Und das nicht nur im sozialen Bereich: Denn die Stille, mit dem das gemeinsame Trommeln beginnt und das es zum Schluss wieder mündet, schaffe eine „Atmosphäre der Gegenwart", auf die dann die Begegnung der Trommlerinnen und Trommler aufbaut. Dieses Da-Sein und die Begegnung miteinander sei eine zutiefst spirituelle Erfahrung, so die beiden Musiker.

Information:
Öffnungszeiten: Mo-Do von 17-22 Uhr (zu den Schulzeiten, Trommeln um 20 Uhr), Fr u. Sa von 17-24 Uhr (ganzjährig, Trommeln um 17 und 20 Uhr). Jeden letzten Sonntag im Monat gemeinsames Singen um 20 Uhr. Internet: www.free-beat-company.com

Autor:

Walter Hölbling aus Tirol | TIROLER Sonntag

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