Schlusspunkt von Józef Niewiadomski
Auf dem Berge Sinai

Wie im sprichwörtlichen siebten Himmel: so fühlte er sich. Dort oben auf dem Berg Sinai. Sein Kopf war voll von Zukunftsplänen, sein Geist strotzte geradezu vor Energie. Nachdem er fast vom „Angesicht zu Angesicht“ mit Gott geredet und die Gesetzestafeln in Empfang genommen hatte, stieg Mose den Berg hinunter. Und wurde prompt mit der Realität des Alltags konfrontiert. Seine Landleute taten das, was die Menschen meistens zu tun pflegen. Sie tanzten um das sprichwörtliche goldene Kalb, jammerten und kritisierten alles. Mose stutzte. Bis zu diesem Augenblick spürte er die Last nicht. Die schweren Steine in seinen Händen waren ihm keine Steine. Es waren ja die „Tafeln des Bundes“. Und er selbst? Der Auserwählte Gottes. „Hat es einen Sinn, sich für diese Menschen abzurackern?“ Mit voller Wucht durchbohrte der Zweifel sein Bewusstsein. Und siehe da: Die Buchstaben auf den Steinen richteten sich auf und flogen zurück zu ihrem göttlichen Ursprung. Nun waren die Steine das, was sie halt waren: bloß eine schwere Last. So ließ Mose die Tafeln fallen. Sie zerbrachen in tausend Stücke.
Eine alte rabbinische Geschichte mit einer ganz aktuellen Botschaft. Wir können die schwerste Last tragen, wenn wir einen Sinn dahinter sehen. Ohne diesen Glauben wird die leichteste Bürde zu schwer.

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TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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