Piglern als Lebensmetapher
Zu Fuß nach Jerusalem

P. Christian Rutishauser bei einer Rast am Marmarameer in der Türkei.  | Foto: Rutishauser
  • P. Christian Rutishauser bei einer Rast am Marmarameer in der Türkei.
  • Foto: Rutishauser
  • hochgeladen von Lydia Kaltenhauser

In sieben Monaten ist der Jesuit Christian Rutishauser zu Fuß nach Jerusalem gepilgert. Pilgern ist für ihn zu einer Lebensmetapher geworden.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, von der Schweiz nach Jersualem zu pilgern?
Christian Rutishauser
: Bis zum Studium kannte ich nur die klassischen Pfarrwallfahrten. Im Theologiestudium wurde mir klar, dass ich an die biblische Tradition des Pilgerns anknüpfen wollte. Und es gab nur ein Ziel für mich: Jerusalem!

Wie ging es dann weiter?
Rutishauser:
Ich habe mehrmals versucht, das Projekt anzugehen. Als Leiter des Lassalle-
Hauses ist es mir dann gelungen, indem ich es in ein Bildungsprogramm eingebettet habe.
Die Vorbereitungen dauerten drei Jahre. 2011 war es dann soweit. Eine Gruppe begleitete uns die ersten zehn, eine andere die letzten fünf Tage – aber den Großteil der Strecke über sieben Monate gingen wir zu viert.
Unterwegs führten wir einen Blog, es folgten zwei Jahre Nachbereitung, in denen wir 150 Vorträge gehalten haben. Ich habe ein Buch geschrieben („Zu Fuß nach Jerusalem“, Patmos Verlag), das Schweizer Fernsehen hat einen Film gedreht...

Ein Mammutprojekt für Sie als Organisator... Wie haben Sie das Pilgern selbst erlebt?
Rutishauser:
Pilgern ist eine Lebensschule, die ganz nah bei sich selbst und der eigenen Körperlichkeit ansetzt und so ins Innere führt. Wer pilgert, ist verletzlich, unbehaust, allem ausgesetzt – dem Verkehr, der Witterung, Hunger und Durst... Man lernt, sich dem Rhythmus der Natur hinzugeben.

Was haben Sie vom Pilgern für das Leben mitgenommen?
Rutishauser:
Die prägendste Erfahrung ist, dass Pilgern nicht mit der Heimkehr aufhört, sondern dass ich die Haltung des Pilgerns im Alltag weiterleben kann: Ich will nicht von Termin zu Termin hetzen, sondern mein Leben bewusst auf das Heilige ausrichten. Die andere Erfahrung ist die, dass es Wunder gibt, dass Gott durch alles hindurch lenkt. Oft wussten wir nicht, wo wir übernachten sollten. Wir sind mitten im Krieg durch Syrien gepilgert. Wenn ich vorher nicht an die Vorsehung Gottes geglaubt hätte, dort hätte ich es gelernt.
Gott führt tatsächlich. Und wir haben gelernt, über die eigene Angst hinauszuwachsen. Ich kann nicht für den Frieden pilgern und mich so leicht abschrecken lassen.Ich möchte das Pilgern aus der Komfortzone herausholen. Nur da geschieht Veränderung!

Welche Parallelen haben Exerzitien und Pilgern?
Rutishauser:
Beides sind geistliche Übungen im Schweigen und Beten, in denen man lernt, auf das Wesentliche zu schauen, das Leben zu überdenken.Mir liegen beim Pilgern auch der interreligiöse Dialog und der friedenspolitische Aspekt sehr am Herzen.

Wie hat eigentlich das Umfeld auf Ihre Pläne reagiert?
Rutishauser:
Ich war damals 46 Jahre alt. Viele fragten mich erstaunt, ob ich eine Midlife Crisis hätte. Meine Antwort war: „Ich weiß nichts davon, aber vielleicht gehe ich ja in sie hinein – oder aus ihr hinaus!“

Auftakt zu den Exerzitien im Alltag: Impulsnachmittag mit
P. Christian Rutishauser. Samstag, 28. Jänner, Haus der Begegnung. Informationen bei Irene Weinold, Tel.: 0512/2230-4102. www.dibk.at/exerzitien

„Mit Ignatius nach Jerusalem pilgern“: Pilgerreise von Jaffo nach Jerusalem mit P. Christian Rutishauser, 14.-21.5.2023. Informationen unter: www.lassalle-haus.org

Autor:

Lydia Kaltenhauser aus Tirol | TIROLER Sonntag

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ