Welttag der Armen
Umverteilung: Sie reichen die Hände

In Salzburg-Mülln treffen Thomas Neureiter und Anne Marie Gomez Neumann die letzten Vorbereitungen für den Umverteilungstag. | Foto: RB/ibu
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  • In Salzburg-Mülln treffen Thomas Neureiter und Anne Marie Gomez Neumann die letzten Vorbereitungen für den Umverteilungstag.
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Die Botschaft für den heurigen „Welttag der Armen“ geht vom Buch Jesus Sirach im Alten Testament aus: „Streck dem Armen deine Hand entgegen.“ (Sir 7, 32). Genau das tun Thomas Neureiter und all seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter bei „ArMut teilen“. Jetzt mehr denn je. Was es heißt, in Zeiten einer Pandemie armutsgefährdet zu sein, hört Neureiter täglich.

Das Telefon von Thomas Neureiter stand schon vor Corona nie lange still. Die Covid-19-Krise und ihre Folgen brachten eine Steigerung bei den Anfragen, die sich so vor einem Jahr niemand ausmalen konnte. Da ist eine Alleinerzieherin aus Taxham der Verzweiflung nahe, weil der Strom und die Fernwärme seit drei Tagen abgeschaltet sind. Eine Aushilfskraft aus Mülln erzählt, dass sie ihren Job verloren hat und sie ihrem Sohn nicht einmal Winterstiefel kaufen kann. „Das sind nur zwei Beispiele eines Tages. Früher meldeten sich 25 bis 35 Haushalte pro Woche: weil kein Geld mehr für den Einkauf, Medikamente und Windeln da war oder anderer Notlagen wie Stromabschaltungen sowie Delogierungen. Jetzt sind es 40 bis 55 pro Woche, Tendenz steigend und das alleine hier in Mülln“, berichtet Neureiter. Der Sozialexperte ist Leiter von „ArMut teilen“ in der Stadtpfarre und Koordinator des Umverteilungstags, der heuer zum 15. Mal über die Bühne geht.

Sechs Salzburger Stadtpfarren sind dabei

„Wer kann, der gibt – wer an der Armutsgrenze lebt, bekommt.“ Dieses Motto gilt bei „ArMut teilen“ das ganze Jahr. Ein spezielles Datum ist jedoch seit der Gründung der Umverteilungstag – heuer am Samstag, 14. November – außer in Itzling, dort am 15. November. Aufgrund der Coronaregeln ist eine Voranmeldung und Einzelterminzuweisung unbedingt notwendig. Am Tag selbst können Hilfesuchende im vertraulichen Gespräch ihre Nöte schildern (an manchen Standorten dieses Mal nur telefonisch). Vorkehrungen zur Einhaltung der Abstands- und Hygienemaßnahmen sind getroffen. Ein Komitee entscheidet dann über die Unterstützung. Ebenso willkommen sind Spenderinnen und Spender. Helfen geht aber auch von daheim aus: sicher und bequem per Überweisung. Vor allem Familien, Alleinerziehende sowie Pensionistinnen und Pensionisten müssen den Gürtel immer enger schnallen. Der normale Supermarkteinkauf ist manchmal nicht mehr zu stemmen. Deshalb startete unmittelbar nach Beginn des ersten Lockdowns im Frühjahr unter dem Dach von „ArMut teilen“ eine Lebensmittelausgabe. In Zusammenarbeit mit Vinzi-Tisch Salzburg und der Caritas konnten an verschiedenen Standorten rund 8.000 Packerl geschnürt und verteilt werden.

Hinter jeder Zahl steht ein Gesicht

Beim Lebensmittelverteilen haben Freiwillige wie die 23-jährige Anne Marie Gomez Neumann mitangepackt. „Als Studentin habe ich selbst wenig Geld. Was ich verschenken kann, ist meine Zeit“, sagt die junge Frau. „Früher hörte ich die Armutszahlen und dachte: Ja, eh arg. Aber es waren halt ,nur‘ Zahlen. Jetzt kenne ich die Gesichter und Geschichten. Es war berührend zu sehen, wie sich jemand über eine Packung Nudeln oder Kinder über eine Tafel Schokolade freuen. Ich dachte nicht, dass es in einer reichen Stadt wie Salzburg so viele Menschen gibt, die an oder unter der Armutsgrenze leben.“

In 15 Jahren 900.000 Euro umverteilt

Der „Welttag der Armen“ findet immer am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres statt. Papst Franziskus führte den Gedenktag 2017 ein, um den Fokus stärker auf Menschen am Rand der Gesellschaft zu rücken und sie in die Mitte zu nehmen. In Österreich fällt er mit dem Elisabeth-Sonntag der Caritas zusammen, der schon lange etabliert ist. Vor 15 Jahren kam eine neue Tradition dazu. Der erste Umverteilungstag fand am 13. November 2005 statt. Seither konnte mit mehr als 900.000 Euro Menschen in Notlagen geholfen werden. 2020 soll mit der Solidarität der Salzburgerinnen und Salzburger dieses einst von Max Luger gegründete pfarrcaritative Projekt „erfolgreich“ weitergehen. Der Bedarf ist so groß wie nie.

Diese Standorte machen beim Umverteilungstag am 14. November mit:

☛ „ArMut teilen Mülln“ (Lehen, Taxham, Maxglan): 0662/8047-80 66 16; IBAN: AT11 5500 0002 0410 1022
☛ „ArMut teilen Salzburg Süd/Mitte“ (Morzg, Nonntal, Gneis, Herrnau): 0676/ 8746-5034; IBAN: AT71 3500 0000 9113 2571
☛ „ArMut teilen – Parscher für Parscher“: 0676/8746-7057; IBAN: AT43 3500 0000 2601 4647
☛ „ArMut teilen Itzling/ABZ“ – am Sonntag, 15. 11.: 0662/8047-80 57 16; IBAN: AT93 2040 4000 0364 5777
☛ „Lieferinger für Lieferinger“, St. Martin: 0676/8746-6999; IBAN: AT71 3503 4000 0008 8104
☛ „Lieferinger für Lieferinger“, Peter und Paul: 0676/8746-5013; IBAN: AT71 3503 4000 0008 8104

Weitere Infos: www.armut-teilen.at

Gottesdienst am 15. November mit Weihbischof Hansjörg Hofer

Der Welttag der Armen findet immer am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres statt. Papst Franziskus führte den weltkirchlichen Gedenktag 2017 ein, um den Fokus stärker auf Menschen am Rand der Gesellschaft zu rücken und sie in die Mitte zu nehmen. Am 15. November findet im Salzburger Dom um 10 Uhr ein Gottesdienst statt, bei dem auch Armutsinitiativen aus Salzburg geehrt werden. Weihbischof Hans-Jörg Hofer und Caritas-Direktor Johannes Dines rufen zu Solidarität und Zusammenhalt auf. 

Weihbischof Hansjörg Hofer: „Weil jeder Mensch auf die Hilfe anderer angewiesen ist, sollen auch wir als Zeichen unserer Dankbarkeit den Armen und Hilfesuchenden unsere helfenden Hände entgegenstrecken!“

Johannes Dines, Direktor der Caritas Salzburg: „Nach der leichten Entspannung über den Sommer spitzt sich die Situation armutsbetroffener Menschen jetzt wieder drastisch zu. Hinzu kommt, dass Aktionen teils aufgrund der Corona-Regelungen nicht stattfinden konnten. Gerade deshalb ist die Gabenkorbaktion am 15. November so wichtig. Wir bitten die Bevölkerung um Spenden. Halten wir zusammen!“

In Salzburg sind in den letzten Jahrzehnten viele gute Werke entstanden, wie der Vinzi-Bus, der Vinzi-Tisch, ArMut teilen, bewährte Einrichtungen wie die Pfarrsozialkreise oder die Lebensmittelausgabe der Barmherzigen Schwestern in der Vinzenzstube. Die Erzdiözese Salzburg will an diesem Welttag der Armen dieses soziale Handeln in den Mittelpunkt stellen.

Der inklusive Festgottesdienst im Dom (mit Gebärdendolmetscherin) kann unter Einhaltung von strengen Corona-Regelungen besucht werden. Ein Live-Stream ermöglicht es einer unbegrenzten Anzahl von Menschen, an diesem Gottesdienst teilzunehmen: www.salzburger-dom.at/home/

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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