Sozialinitiativen in der Erzdiözese
Das tägliche Brot darf kein Luxus sein

Frisches Obst und Gemüse, Milch, Käse, Brot, Wurst oder Hygieneartikel gibt es in den Läden der Flachgauer Tafel in Mattsee, Seekirchen und Faistenau. Die Kundinnen und Kunden sind mehr als zufrieden – für symbolische zwei Euro können sie mit einer gut gefüllten Tasche nach Hause gehen.  | Foto: RB/bam
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  • Frisches Obst und Gemüse, Milch, Käse, Brot, Wurst oder Hygieneartikel gibt es in den Läden der Flachgauer Tafel in Mattsee, Seekirchen und Faistenau. Die Kundinnen und Kunden sind mehr als zufrieden – für symbolische zwei Euro können sie mit einer gut gefüllten Tasche nach Hause gehen.
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Das Leben kostet mehr. Für Menschen, die schon vor den aktuellen Teuerungen bei Lebensmitteln und Energie jeden Euro umdrehen mussten, geht es ans Eingemachte. „Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Corona hat mich finanziell gebrochen.“ So beschreibt eine junge Alleinerziehende ihre Lage. Sie hat bei Thomas Neureiter von „ArMut teilen“ in Salzburg-Mülln ihr Herz ausgeschüttet. „Und sie ist kein Einzelfall“, sagt Neureiter. Das bestätigen auch andere Sozialinitiativen, bei denen sich das Rupertusblatt umgehört hat.

von Ingrid Burgstaller, Monika Hölzl

„Liebe Kirche Mülln, ich weiß nicht wie ich anfangen soll, aber ich bin gänzlich überfordert und am Ende. Ich laufe von Amt zu Amt, ich arbeite Teilzeit und versuche das Bestmögliche. Ich weiß einfach nicht mehr weiter.“ Diese Zeilen einer Alleinerzieherin holt Thomas Neureiter hervor, wenn er gefragt wird wie es den Menschen mit dem Kostenanstieg bei Energie, Wohnen und Lebensmittel geht. Der Mutter einer Siebenjährigen wachsen Mietrückstand, Stromnachzahlung und Schulkosten über den Kopf. Sie sieht keinen Ausweg mehr und ist, wie Neureiter berichtet, eine von vielen Betroffenen.

Das caritative Pfarrprojekt hilft wo es nur geht. Im Jahr 2019 waren es rund 1.900 Euro, die es bei „ArMut teilen“ brauchte, um alleine Stromabschaltungen zu verhindern. „Heuer sind wir schon bei 4.600 Euro“, sagt Neureiter, der auch auf Fonds und Unterstützungen verweist, die es gibt. Nur, die reichen nicht aus. „Die Notlagen sind wirklich zu wenig im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit und der Politik. Wir sehen die Verzweiflung und die Tränen der Menschen.“ Mit „Wir“ meint der Sozialexperte die zahlreichen Initiativen und Vereine, die am Netz für Armutsbetroffene knüpfen. Neben finanzieller Unterstützung sind es häufig Lebensmittelausgaben, die dazubeitragen, dass der Kühlschrank wenigstens halbwegs gefüllt ist.

Dienstags sprudelt es in Parsch

Die Pfarrquelle im Salzburger Stadtteil Parsch sprudelt jeden Dienstag. Dann können sich hier Menschen mit kleinem Ein­kommen Lebensmittel abholen. Möglich machen das Freiwillige aus der Pfarre für die Rosi Dürnberger stellvertretend das Wort ergreift: „Wir merken, es kommen mehr Leute. Früher waren es an einem Dienstag durchschnittlich zwölf, jetzt sind wir bei rund 19 Personen.“ Dürnberger und ihre Mitstreiterinnen haben sich in Vierer-Teams organisiert, die sich abwechseln. An einem Einsatztag nehme sie sich nichts anderes vor, schließlich müsse die Ware erst abgeholt werden. „Wir haben da Vereinbarungen mit einigen Supermärk­ten in der Gegend. Die sind glücklich, dass sie Brot oder Obst nicht mehr entsorgen müssen“, spricht Rosi Dürnberger mit dem Reduzieren der Lebensmittelverschwendung einen überaus willkommenen Nebeneffekt an. Um 16 und ab Mai um 17 Uhr öffnet dann die Ausgabestelle – ein Container, der vor zehn Jahren gleich hinter dem Pfarrhaus seinen Platz gefunden hat.

Lange liefen bei Sr. Gerlinde Fuchsbauer die Fäden zusammen, jetzt können sich die Hilfesuchenden auf ihre „Nachfolgerinnen“ verlassen. „Die Menschen betonen immer wieder wie froh sie über unser Angebot sind.“ Das weiß auch Pater Johannes Reiter: „Jeder Euro, den jemand durch die Pfarrquelle spart, bleibt dann für andere notwendige Anschaffungen.“ Dankbar ist der Parscher Pfarrer für den Dienst der Ehrenamtlichen und Spenden – dafür steht in der Kirche ein Gabenkorb bereit. „Mit dem Geld kaufen wir vor allem Haltbares hinzu wie Kaffee, Öl oder Zucker“, berichtet Rosi Dürnberger, die über die Stunden, die sie für andere da ist, sagt: „Ich bin fit, hab als Pensionistin Zeit und es ist einfach schön, wenn ich etwas Gutes tun kann.“

Drei Tafelläden im Flachgau

Dank eines ausgeklügelten Farb- und Zeitsystems gibt es bei der Ausgabestelle der Flachgauer Tafel in Seekirchen keine langen Warteschlangen. „Alle unsere Kundinnen und Kunden habe fixe Einkaufszeiten, zu denen sie für zwei Euro soviel nehmen können, wie sie brauchen“, ist Ausgabestellenleiterin Inge Krbacek stolz. Im „Radl“ wechseln die Zeitfenster, so ist jede und jeder einmal zu Beginn der Verkaufszeit, in der Mitte oder am Ende dran. „Das ist sehr gerecht und verhindert, dass alle auf einmal herein wollen. Seit April sperrte der Tafelladen speziell für Seniorinnen und Senioren mittwochs eine Stunde vor der allgemeinen Öffnungszeit auf. Was zunächst als Versuch startete, bleibt. „Die Leute kennen sich, sind quietschfidel und haben Gesprächsstoff“, freut sich Krbacek wieder über eine Lösung für ein Problem. Denn gerade ältere Menschen würden sich oft nicht gern zeigen oder hätten gar Angst, jemandem etwas wegzunehmen.

Rund 200 Ehrenamtliche ar-beiten in den drei Ausgabestellen der Flachgauer Tafel in Mattsee, Seekirchen und Faistenau. Die Teuerungswelle ist bei der Anzahl der Kundinnen und Kunden schon deutlich zu spüren. Stromnachzahlungen, Heizkos­tenabrechnungen oder einfach der nächste fällige Auto­tank sind für viele nicht mehr zu stemmen. „Die Mischung, die da zusammenkommt, ist brisant“, sagt die Geschäftsführerin der Flachgauer Tafel, Sandra Wendlinger. Zur Teuerungswelle komme vielfach noch Kurzarbeit aus den vergangenen beiden Pandemiejahren. „Wir merken, dass immer mehr Menschen bei der Flachgauer Tafel einkaufen möchten, aber das, was wir von den Handelsketten bekommen, wird langsam weniger“, blickt Wendlinger in die Zukunft.

Haltbares ist willkommen

Mit „Rette-mich“-Boxen oder mit „too-good-to-go“-Sackerln würden Händler verstärkt versuchen übrige Lebensmittel noch billig zu verkaufen. Gleichzeitig gibt es immer mehr Sozialinitiativen, die mit günstigen Lebensmitteln bedürftigen Menschen helfen wollen. Wendlinger freut sich jedenfalls über alle Spenden an die Flachgauer Tafel, egal in welcher Form. „Auch wenn zuhause etwas übrig ist – verpackt und noch haltbar – bringen sie es zu uns, wir verteilen es fair an Menschen, die es dringend brauchen.“

Versorgen statt entsorgen

Eine „Tankstelle menschlicher Wärme“ ist der VinziTisch Salzburg Land mit Sitz in Wals-Siezenheim. Das Team hat mit der Lieferung von Bananenschachteln voller geretteter Lebensmittel direkt an einzelne Haushalte gute Erfahrungen gemacht. Gerade in der Coronazeit seien einige dazugekommen. „Der persönliche Kontakt ist wesentlich, so findet man Menschen, die Hilfe brauchen“, vertraut Diakon Alfred Thalmeiner auf sein Gespür als Caritas-Haussammler mit jahrzehntelanger Erfahrung. Mit dem Satz „Wir wollen dir etwas gönnen“ haben er und sein Team schon vielen alleinerziehenden Müttern, Familien und Menschen mit kleinem monatlichen Einkommen geholfen. Rund 180 Haushalte beliefern die Ehrenamtlichen alle 14 Tage in Wals, Siezenheim, Walserfeld, St. Vitalis, Großgmain und Unken.

„Grob ausgerechnet haben wir im vergangenen Jahr 145 Tonnen Lebensmittel gerettet, das ist eine unglaubliche Menge“, so Thalmeiner. Bewältigt wird das alles mit einem in die Jahre gekommenen Mercedes Sprinter und seit wenigen Monaten mit einem nagelneuen Ford Transit Trend. Prälat Johann Reißmeier hat das Fahrzeug im vergangenen Winter gesegnet und auf den Weg geschickt.

Erste Hilfe in finanziellen Notlagen bekommen Sie in allen Caritas-Anlaufstellen in der ganzen Erzdiözese. Rufen Sie einfach unter 05/1760-0 an und das Team der Caritas Salzburg vermittelt Sie an die richtige Stelle. Infos auch unter www.caritas-salzburg.at

  • In der Stadt Salzburg versorgen etwa der VinziTisch in Maxglan (Maximiliangasse 2) oder der SOMA in der Plainstraße 2 Menschen mit Lebensmitteln. 
  • Bei „ArMut teilen“ in den Pfarren Mülln, Morzg, Parsch, der Dompfarre, Itzling und im Pfarrverband Salzburg-Mitte, sowie beim Verein Lieferinger für Lieferinger gibt es unbürokratisch finanzielle Hilfe. 
  • „In diesem Container können Sie Geld abgeben, wenn Sie mehr haben, als Sie brauchen. Wenn Sie in großer Not sind, können Sie Geld bekommen“. In zwei einfachen Sätzen erklärt Max Luger, was es mit seinem FairShare Container am Salzburger Mirabellplatz auf sich hat. 
  • In Kufstein, Wörgl und Kramsach warten die Ehrenamtlichen der Rot-Kreuz-Tafeln jeden Samstag mit besten Lebensmitteln auf Kundschaft.
Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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