20 Jahre 9/11
Als die Kirche zum Lazarett wurde

Wo früher die Türme des World Trade Center standen, erinnert ein Mahnmal an die tragischen Ereignisse des 11. September. | Foto: anderm/shutterstock.com
  • Wo früher die Türme des World Trade Center standen, erinnert ein Mahnmal an die tragischen Ereignisse des 11. September.
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Zwei Jahrzehnte sind seit dem tragischen Terroranschlag auf das World Trade Center vergangen. Seine Erinnerungen an die dunklen Stunden teilt der US-amerikanische Priester Kevin Madigan.

New York. Nur noch selten zieht es Kevin Madigan in die St.-Peter-Kirche, einen Steinwurf von „Ground Zero“ in New York entfernt. Als am 11. September 2001 zwei Flugzeuge in die Türme des World Trade Centers krachten, war er mittendrin im traumatischen Geschehen. „So nah bin ich noch nie dem Tod davongekommen“, sagt der Seelsorger.

Madigan griff an jenem Tag nach dem Öl für die Sterbesakramente, um sie mit einem anderen Priester und Polizisten zu den Opfern zu bringen, die am Hudson River versorgt wurden.

Den Tod vor Augen

Als das Grollen den Kollaps des ersten Wolkenkratzers ankündigte, suchte er Schutz in einem U-Bahn-Schacht. Er sah noch die oberen Etagen des Südturms einsacken. „Ich war darauf eingestellt zu sterben und betete, dass es schnell gehen möge.“

Am Nachmittag kehrte er in die St.-Peter-Kirche zurück, die eine lange Geschichte hat. Am Fuße des Altars lag der Franziskaner Father Mychal aufgebahrt, den nicht nur die Feuerwehrleute wie einen Heiligen verehrten. Er war bei seinem Einsatz als Feuerwehrkaplan im Nordturm ums Leben gekommen.

Weitere 34 Tote lagen auf dem Boden der Kirche, während draußen unter den Säulen im Eingangsbereich Verletzte auf Hilfe warteten. „Die Kirche hatte sich sprichwörtlich in das Feldlazarett verwandelt, von dem Papst Franziskus einmal gesprochen hat“, so Madigan.

Wenn ihn Leute danach fragen, wo Gott am 11. September war, teilt der Priester eine Beobachtung, die seinen Glauben gestärkt habe. Ihm fiel auf, dass keine Nachricht der Verzweifelten in den Zwillingstürmen auf den Anrufbeantwortern ihrer Lieben hasserfüllt war. Kein einziger habe Rache verlangt. „Alle sprachen über ihre Liebe und wie sie geliebt wurden.“

Gemessen an dem letzten Wunsch der Opfer seien viele Dinge falsch gemacht worden. Father Madigan meint den „Wunsch nach Rache“, der die Kriege in Afghanistan und Irak gebracht habe. Er bedauert die tiefen Verwerfungen in der eigenen Gesellschaft 20 Jahre nach dem 11. September. kap

Menschen aus der Erzdiözese erinnern sich

von Michaela Hessenberger

Ich kann mich noch sehr gut an den 11. September 2001 erinnern. Ich war damals bei einem Besuch in Wien. Auf dem Heimweg begegnete ich einem Franziskaner, der mir tief erschüttert von den einstürzenden Türmen erzählte – ich konnte es kaum glauben. So viele Menschen starben an diesem Tag. Einer davon war Mychal Judge, ein Franziskanerpriester und Feuerwehrkaplan, sein Bild ging um die Welt. Er war kurz zuvor noch bei uns in Österreich. Erzbischof Franz Lackner

Auf dem Weg in den Urlaub nach Süditalien wollte ich noch vor Rom einen Kaffee in einer Bar trinken. Dort ist das Radio gelaufen. Ich habe an den Stimmen sofort gemerkt, dass etwas Außergewöhnliches passiert sein muss. Als ich nachgefragt habe, sagte man mir etwas von einem Flugzeugunglück in Amerika. Später im Hotel habe ich den Fernseher eingeschaltet – und da waren die schrecklichen Bilder. Elisabeth Mayer, Präsidentin der Katholischen Aktion in der Erzdiözese

In New Orleans habe ich gerade mein Propädeutikum gemacht. Die erste Information kam per E-Mail und ich habe da aber noch nicht kapiert, dass es um einen Terroranschlag geht. Als ich im Fernsehen sah, was los war, hatte ich unaussprechliche Gefühle. Angst, Trauer, Schock. Als ich später durch die Altstadt von New Orleans mit ihren Hochhäusern fuhr, dachte ich an die Szenen, die ich gesehen habe. Und ich habe mich gefragt, wie ich all das als Christ annehmen? John Reves (geb. US-Amerikaner), Byzantinisches Gebetszentrum Salzburg

Ich war gerade beim Arbeiten im Ordinariat. Was gerade in New York passiert, hat mir jemand erzählt, das muss ein Kollege gewesen sein. Dann habe ich mich bemüht, genauere Informationen zu bekommen. In der „Zeit im Bild“ wurde mir dann das Ausmaß des Schreckens bewusst. Weihbischof Hansjörg Hofer

Ich war im Auto unterwegs, als ich erste Meldungen gehört habe. Ich dachte, das muss eine Fehlmeldung sein. So ein Wahnsinn kann doch nicht stimmen! Am Abend habe ich in den Nachrichten die Bilder gesehen und musste es dann doch glauben. Barbara Schubert, Seelsorgeamt

Ich war beim Übersiedeln aus meiner alten Pfarre Großarl nach Maria Alm. Genau gesagt, bin ich mit meinen Rössern ins Tal gefahren, im Radio haben sie die Sendung für diese schockierenden Nachrichten unterbrochen. Jedes Mal wenn ich seither beim Verladen meiner Rösser bin, denke ich daran. Alois Dürlinger, Salzburger Stadtpfarrer und Flüchtlingsbeauftragter

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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