Tourismusseelsorge:
Eine virtuelle Fastentuch-Reise durch Kärnten

Ein in den Alpenländern einzigartiger Brauch wird in Kärnten während der Fastenzeit in besonderer Weise gepflegt, nämlich das Aufziehen von Fastentüchern, die von Aschermittwoch bis zum Mittwoch der Karwoche, mancherorts auch bis zum Karsamstag, den Hochaltar verdecken. Mit rund 40 in Verwendung befindlichen Fastentüchern aus der Zeit vor 1800 hat Kärnten österreichweit den höchsten Bestand an historischen Fastentüchern.
Das Referat für Tourismusseelsorge der Diözese Gurk lädt in der Fastenzeit coronabedingt zu einer „virtuellen Entdeckungsreise“ zu Kärntner Fastentüchern aus sechs Jahrhunderten ein. Bis Ostern wird auf der Website sowie der Facebook-Seite des Referates für Tourismusseelsorge wöchentlich ein Kärntner Fastentuch in Wort und Bild vorgestellt. „Der Bogen reicht vom ältesten Fastentuch Kärntens aus dem Jahr 1458 in Gurk bis hin zur zeitgenössischen Fastentuch-Installation aus dem Jahr 2021 in der Pfarrkirche Krumpendorf“, so Roland Stadler, Leiter des Referates für Tourismusseelsorge. „Da heuer die beliebten Fastentuch-Fahrten unseres Referates coronabedingt nicht möglich sind, möchten wir die Menschen auf eine virtuelle Besichtigungstour mitnehmen und auch dazu ermuntern, sich im Rahmen der Möglichkeiten eigenständig auf die Spurensuche des Glaubens zu den Kärntner Fastentüchern zu machen“, so Stadler, der gemeinsam mit Monika Suntinger über das Referat für Tourismusseelsorge unter www.kath-kirche-kaernten.at/tourismusseelsorge ein Online-Register mit den Kärntner Fastentüchern inkl. Besichtigungsmöglichkeiten erarbeitet hat. Zu den ältesten Fastentüchern Kärntens zählt neben dem Gurker Fastentuch auch jenes von Haimburg (r. im Bild). Es entstand im Jahr 1504 und zählt aufgrund des ikonografischen Programms und der Qualität der Malerei zu den schönsten Fastentüchern Kärntens. Der nach niederländischem Vorbild gestalteten Landschaft am Fastentuch kommt eine bedeutende Rolle zu. Auf dem rund 4,2 x 3,8 Meter großen Fastentuch sind 36 Bildfelder mit alt- und neutestamentlichen Szenen zu sehen. pgk

Aus dem Jahr 1520 stammt das Fastentuch von Reichenfels, das in der Pfarrkirche St. Leonhard im Lavanttal ganzjährig zu besichtigen ist. Es zeugt von einer deutliche Beeinflussung durch Stichvorlagen aus dem künstlerischen Bereich nördlich der Alpen wie z. B. durch die Passionszyklen von Dürer oder Cranach. Die einzelnen Szenen sind im erzählerischen Nebeneinander aufgereiht, die alttestamentarischen auf die Anzahl sieben reduziert, die neutestamentliche Heilsgeschichte dominiert.
Von großer künstlerischer Bedeutung ist auch das Fastentuch aus Steuerberg (um 1530). Ausgewogene Bildkomposition, effektvoller Einsatz von Farben, Einklang von Form und Ausdruck kennzeichnen dieses beeindruckende Kunstwerk, das sich in der Schatzkammer Gurk befindet.
Das Fastentuch von Baldramsdorf, signiert mit 1555 und mit seinen ca. 29 Quadratmetern und 40 Szenen eines der größten Fastentücher Kärntens, wird derzeit restauriert und ist daher heuer nicht zu besichtigen.
Das Fastentuch von Maria Bichl/Lendorf ist nicht signiert, dürfte jedoch aufgrund der Ähnlichkeit zum Baldramsdorfer Fastentuch ebenfalls in der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts entstanden sein und hängt aktuell in der Christkönigskirche in Klagenfurt.
Das mit ca. 48 Quadratmetern zweitgrößte Fastentuch Kärntens wurde 1593 von Oswalt Kreusel gemalt und hängt in der Stiftskirche Millstatt. Es zeigt auf insgesamt 41 Feldern zwölf Szenen aus dem Alten und 29 Szenen aus dem Neuen Testament. Es imponiert vor allem durch seine einzigartige bewegt erscheinende Fernwirkung.
Das Fastentuch von St. Stefan am Krappfeld aus dem Jahr 1612 ist das älteste Tuch Kärntens im so genannten „Zentraltyp“-Stil. Bei diesem sind um die Kreuzigungsdarstellung Szenen aus der Passion in Form von Medaillons gruppiert. Diese Art der Darstellung findet sich ausschließlich in Kärnten.
Eine Besonderheit weist das Sternberger Fastentuch auf. Es wurde vom Protestanten Hans Khevenhüller, Graf von Frankenburg, 1629 für die katholische Kirche gestiftet, bevor dieser im Zuge der Gegenreformation das Land verlassen musste. Das hochrechteckige 4,30 m x 3,80 m große Fastentuch vom Villacher Maler Jakob Kazner ist eines der wenigen Fastentücher, das noch an seinem ursprünglichen Platz, nämlich im Chorbogen, hängt.

Rückfragen: Roland Stadler, Tel. 0676/8772-2117, und Monika Suntinger, Tel. 0676/8772-2114

Autor:

Gerald Heschl aus Kärnten | Sonntag

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