Forschungsprojekt zur Inklusion
Mehr Selbständigkeit für Autisten

Seit Herbst 2019 nimmt Inklusion Kärnten als Partner im INTERREG Italia-Österreich Projekt „SENSHOME – sensing special needs“ teil. Menschen mit Autismus soll mit technischen Hilfsmitteln ein möglichst selbstständiges Leben ermöglicht werden. Der „Sonntag“ hat das Projektteam an der Fachhochschule Kärnten besucht.
von Katja Schöffmann

Am 18. Juni ist „Autistic Pride Day“. Neben dem Welt-Autismus-Tag am 2. April ein weiteres Datum, das auf die besondere, oft nicht einfache Lebenssituation von Menschen im Autismus-Spektrum (ASS) aufmerksam machen will.
Ein Schritt hin zu mehr Freiheit
Seit Herbst 2019 nimmt Inklusion Kärnten als assoziierter Partner am INTERREG Italia-Österreich Projekt „Senshome – sensing special needs“ teil. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen der Fachhochschule (FH) Kärnten, der Universität Bozen/Bolzano, der Universität Triest und einigen anderen Partnern aus Italien und Österreich.
Andreas Mühlberger, Klinischer und Gesundheitspsychologe bei Inklusion Kärnten, erzählt: „Beim SENSHOME-Projekt geht es darum, Menschen im autistischen Spektrum mittels technischer Hilfsmittel ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Diese sollen im Rahmen eines Forschungsprojektes getestet und erprobt werden.“ Sandra Lisa Lattacher, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FH Kärnten, erläutert das Projekt: „2018 ist die Uni Bozen mit einer Projektidee auf uns als Fachhochschule zugekommen. Es ging um die Idee, gemeinsam mit der Universität Bozen ein SmartHome für Menschen im Autismusspektrum einzureichen. Wir fanden das total interessant.“
Bei SENSHOME geht es um nützliche Wohnelemente für Menschen mit Autismus. Beispiele wären Lichtsignale, die unnötigen Lärm, wie sie von einer Türklingel kommen, verhindern können. Auch eine Dämpfung von Licht, Messung von Temperatur und Luftqualität sowie
der Abruf eines Tagesplans oder Aufgaben, die zu erledigen sind, sind möglich. Im Zuge der Recherche stieß die Forschungsgruppe dann auf Inklusion Kärnten. Lattacher erinnert sich: „Wir haben uns gegenseitig ausgetauscht. Eine Basis wurde schnell gefunden, und Inklusion Kärnten konnte als assoziierter, also inhaltlich involvierter Partner am Projekt teilnehmen.“
Lattacher betont, dass „wir intensiven Kontakt zu unseren Endnutzern brauchen. Also Autisten und deren Betreuungspersonen bzw. natürlich deren Eltern.“
Verschiedene Wohn(t)räume
SENSHOME-Elemente für den Wohnbereich sollen möglichst modular einsetzbar sein. Lattacher erklärt: „Das kann in der privaten Wohnung sein oder im Zimmer im betreuten Wohnbereich oder im elterlichen Wohnhaus.“ So sind technische Hilfsmittel u. a. für folgende Räumlichkeiten geplant: Badezimmer, Küche, Essbereich, Wohn- und Schlafzimmer.
In den ersten Monaten konzen-trierte sich das Team in Kärnten auf die Anforderungen von Menschen mit ASS. Die Forschungsgruppe in Kärnten hat stets ihr oberstes Ziel vor Augen: Lösungen entwickeln, „die dem Nutzer am Ende wirklich etwas bringen. Wir haben Workshops und Gespräche mit Autisten durchgeführt. Was wäre wichtig, um langfristig alleine in einer eigenen Wohnung leben zu können?“, bringt es Lattacher auf den Punkt.
„Bedürfnisse sichtbar machen“
In den kommenden zehn Monaten sollen alle bisherigen Erkenntnisse in die Laborumgebung – in die SENSHOME-Modellwohnung in Bozen – integriert werden. „Momentan arbeiten wir an der Entwicklung einer Nutzeroberfläche am Tablet zum Bedienen der SENSHOME-Elemente in der Wohnung. An der FH steht auch eine Demo-Wohnung“, beschreibt Lattacher die bunten Schaltflächen auf dem vor ihr liegenden Tablet.
Inklusion Kärnten hat einerseits die „Fachmeinung eingebracht und andererseits, was besonders wichtig ist, die Eindrücke und Meinungen von Personen mit ASS bzw. deren Familien“, berichtet Mühlberger. Wichtig ist, was gebraucht, was als hilfreich empfunden wird, wo es Schwierigkeiten geben könnte.
„Unser Beitrag besteht darin, die Bedürfnisse von Menschen im autistischen Spektrum in Bezug auf Wohnen sichtbar zu machen, um die Entwicklung technischer Lösungen so maßgeschneidert wie möglich zu gestalten. Wir vernetzen Angehörige und Betroffene mit der FH Kärnten“, beschreibt Mühlberger die Rolle von Inklusion Kärnten bei SENSHOME.
Interviews und Gespräche helfen beim „Einschätzen möglicher künftiger Nutzer. Wir Berater bringen auch unsere Sichtweisen in das Projekt ein“, so Mühlberger. Er resümiert: „Wir freuen uns, ein Teil dieses innovativen Projektes sein zu dürfen.“
„Mehr Bewusstsein schaffen“
Lattacher bereitet das Forschungsprojekt SENSHOME viel Freude, besonders freut es sie persönlich, „mehr über das Bild des Autismus zu lernen“. Sei es bei einem Dreh der FH mit dem ORF für die Sendung „Servus Srečno Ciao“ oder bei anderen Veranstaltungen. „Ich denke, dass man insbesondere bei uns in Kärnten noch mehr Bewusstsein für Menschen mit Autismus schaffen kann“, ist sie überzeugt.

Autor:

Gerald Heschl aus Kärnten | Sonntag

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