Jugendnotschlafstelle Klagenfurt
Ein sozialer Halt für junge Menschen

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Jedes Jahr verlieren Kinder und Jugendliche von einem Tag auf den anderen ihr Zuhause. Gerade in Zeiten der Corona-Lockdowns verbucht die Jugendnotschlafstelle JUNO in Klagenfurt einen großen Zuwachs an jungen Hilfesuchenden.
von Katja Schöffmann

Während es im Pandemie-Alltag oftmals vorrangig ums Testen und Impfen geht, bleiben die Pro-bleme einer Generation oftmals verborgen: Jugendliche und junge Erwachsene leiden zunehmend an psychischen Belastungen und Erkrankungen. Der ideale Zeitpunkt, eine besondere Institution vor den Vorhang zu holen: die JUNO, die Jugendnotschlafstelle Klagenfurt.
Eine liebevolle Heimat geben
Die JUNO wurde im Jahr 2006 gegründet. Hinter ihr steht mit JUST (Jugendsozialarbeit Today) ein privater, ehrenamtlicher Verein. Wolfgang Schmölzer, langjährig in der Behindertenhilfe tätig, hat seit 2014 in der JUNO in Klagenfurt seinen Arbeitsplatz als Sozialarbeiter gefunden.
Er informiert: „Die JUNO ist aus einem Fachhochschulprojekt von Prof. Hubert Höllmüller von der FH Feldkirchen hervorgegangen. Gemeinsam mit Studierenden wurde ein Versuch einer Jugendnotschlafstelle gestartet.“ Die Grundidee war es, Jugendliche ohne Wohnversorgung bzw. solche, die von der Kinder- und Jugendhilfe nicht mehr betreut werden können, aufzufangen. Ziel ist der Weg zurück in Alltag, Familie, Schule oder Beruf. Schmölzer resümiert: „Nach der Bedarfserhebung haben wir gesehen, dass es viele Jugendliche gibt, die eine JUNO nützen können.“
Seit Juni 2017 findet sich die JUNO in einem Neubau in der Karawankenzeile 33a. Das Haus wurde offiziell von Landeshauptmann Peter Kaiser eröffnet: „Es ist gut zu wissen, dass wir einen Zeitgeist haben, der Menschen dazu bewegt, jenen unter die Arme zu greifen, die es notwendig haben. Ihr in der JUNO gebt den Jugendlichen für einen Zeitraum Heimat.“
„Die Anfragen steigen“
Zur Zielgruppe zählen obdachlose Jugendliche zwischen dem vollendeten 12. und 21. Lebensjahr. Die Betreuungsdauer in der JUNO umfasst bis zu drei Monate. Schmölzer informiert: „Die Anfragen steigen. 2018 hatten wir ca. 1.200 Anfragen.Als Corona kam, waren es schon ca. 2.150 junge Menschen, die uns kontaktierten.“ Der Großteil ist über 16 Jahre alt, die meisten zwischen 18 und 21. Mit der Volljährigkeit enden viele Betreuungsangebote. Egal ob akute Wohnungslosigkeit, extreme emotionale Konflikte zu Hause oder in Betreuungseinrichtungen, keine passende Ausbildung, Verlust des Arbeitsplatzes und damit Perspektivenlosigkeit, Gewalt und Missbrauch zu Hause, Straffälligkeit, Drogenabhängigkeit sowie andere Süchte – die Palette der Probleme ist lang. Die JUNO arbeitet eng mit dem AMS und anderen Einrichtungen zusammen.
Der Neubau wurde zum Großteil mit Hilfe von Spenden engangierter Bürger, Organisationen und Unternehmen finanziert. Die JUNO-Bewohner halfen bei der Neugestaltung fleißig mit. Schmölzer freut sich: „Es ist schön zu sehen, wie es den Jugendlichen Spaß macht und sie froh sind, etwas geleistet zu haben.“ Es gibt zehn Betreuungsplätze und zwei Notfallplätze. Vereinsobmann der JUNO, Günther Pöschl, managte die Finanzierung. Edgar Sorgo sorgte für die künstlerische Gestaltung der Außenfassade.
Die Tagesstruktur gibt Sicherheit
Laut Schmölzer ist es kein Pro-blem, wenn jemand die JUNO länger braucht: „Wir werden vom Land finanziert und stehen unter dessen Aufsicht. Nach einem Schreiben ans Land kann das Angebot nochmals verlängert werden.“ Schmölzer erzählt: „Einige kommen nur kurz für ein, zwei Nächte, dann geht es zurück nach Hause oder in eine Einrichtung. Andere bleiben drei Monate.“ Früher war die JUNO nur abends und nachts geöffnet. Schmölzer: „Wir haben erkannt, dass auch eine Betreuung am Nachmittag wichtig ist.“ Die Kontaktaufnahme mit der JUNO ist verschieden: „Teilweise rufen die Jugendlichen selbstständig an, oft auch die Eltern oder Betreuer. Manche stehen auch einfach bei uns vor der Türe“, weiß Schmölzer. Die Bevölkerung unterstützt die JUNO regelmäßig mit Spenden finanzieller Art, aber auch „Lebensmittel, Kleidung und Hygieneartikel sind ein großer Beitrag der Bevölkerung“, freut sich Schmölzer.
„Jeder Tag ist anders“
Für die gemeinsame Zeit in der JUNO, die auch eng mit der Jugendnotschlafstelle in Villach zusammenarbeitet, gibt es eine freie Tagesstruktur. Schmölzer berichtet: „Wir unterstützen im Alltag. Nach einem gemeinsamen Frühstück haben viele Kurse oder gehen in die Arbeit. Von 17 bis 23 Uhr ist am meisten los. Es wird mit den jungen Leuten gemeinsam gekocht oder ein gemütlicher Abend gestaltet. Von uns sieben Betreuern ist ab 23 Uhr immer jemand vor Ort.“
Die JUNO hilft nicht nur bei Wohnversorgung, sondern bietet auch Beratung in Krisen und Lebensfragen sowie gemeinsames Suchen nach Wohnung und Arbeit.
Von den JUNO-Bewohnern kommen sehr positive Rückmeldungen. Von „eine coole Partie, es ist so lustig“, über „grundsätzlich okay“ bis zu „es gibt eine angenehme Atmosphäre und gute Hilfestellungen“ reicht die Palette. Schmölzer weiß: „Manche werden aber durch das Leben gezwungen, in der JUNO zu sein. Dann ist es eine Notlösung.“ Schmölzer hat viel Freude an seiner Arbeit: „Jeder Tag ist anders. Was mich am meisten bereichert, ist die Flexibilität. Man merkt, dass die Arbeit Früchte trägt, dass ich die Jugendlichen unterstützen und ihnen eine Perspektive für die Zukunft geben kann. Man merkt, dass das eigene Leben nicht selbstverständlich ist.“

Autor:

Gerald Heschl aus Kärnten | Sonntag

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