Kunst im Martinsdom
„Ich bin gespannt auf die Reaktion der Leute“

"Corona rising" im Martinsdom | Foto: Mari Otberg

Ab Februar ist das Werk „Corona rising“ der Künstlerin Mari Otberg im St. Martinsdom in Eisenstadt zu sehen. Bischof Ägidius J. Zsifkovics sprach eine Einladung an alle aus, einander zu unterstützen und ein stilles Gebet gegen die Nöte der Pandemie zu sprechen.

Nora Demattio

Die Diözese Eisenstadt hat die international bekannte Künstlerin Mari Otberg dazu eingeladen, ihr Werk „Corona rising“ im Martinsdom in Eisenstadt auszustellen – ab Februar ist es dort zu besichtigen. Das Kunstwerk lädt ein zu Reflexion und zu stillem Gebet gegen die Nöte der Pandemie. Durch eine Spendenbox können Besucher Menschen unterstützen, die aufgrund der Covid-Situation in Not gerieten. Der Erlös geht an den von Bischof Ägidius J. Zsifkovics initiierten Corona-Notfallsfonds der Diözese.

„Ich kann nur malen, was mich berührt.“ Im Interview erzählte Mari Otberg von der Entstehung des Kunstwerks und ihrem Schaffensprozess: „Am Anfang des Lockdowns kam ich von Mexiko wieder, von den Maya-
ruinen und Fledermaushöhlen im Regenwald und dem Karibikstrand mit Palmen.“ Zum ersten Mal sah sie die furchtbaren Bilder der Fledermäuse auf den Märkten in China. Eine Freundin fragte sie, ob sie denn wüsste, dass es auch eine heilige Corona gebe. Otberg begann zu recherchieren und erkannte aufgrund der Legende der Heiligen sowie deren Patronatszuschreibungen: „Die passt genau in unsere Zeit!“. In ihrem Werk „Corona rising“ verarbeitete die Künstlerin (deren Faszination für Heiligendarstellungen und Ikonographie sie seit ihrer Kindheit begleitet und in ihren Arbeiten Ausdruck findet) die Legende der jungen Märtyrerin mit Einflüssen ihrer Reise und eigenen Erfahrungen. „Es ist eine Mischung aus ganz Persönlichem, das mich beschäftigt“ und der Pandemie, erklärt Otberg. „Über die Märtyrerin, die heilige Corona, gibt es keine Biographie“, betont P. Achim Bayer. Die Legende verorte sie zumeist in Damaskus, Syrien oder in Antiochia (Türkei). Ihr Sterbedatum wird um 177 oder 303 vermutet. Die Legende besagt, dass sie zwischen zwei Palmen gespannt zerrissen worden wäre. Das Ökumenische Heiligenlexikon erzählt über das Leben und den Tod der Märtyrerin verschiedene Versionen. Eine davon besagt, dass sie nach dem Märtyrertod ihres Ehemannes, dem Soldaten Victor, zur Zeit der Christenverfolgung hingerichtet wurde, da auch sie ihrem Glauben nicht abschwören wollte. Die heilige Corona ist Patronin der Schatzgräber und Metzger. Gläubige wenden sich an sie um gegen Seuchen oder Unwetter zu beten. Sie steht für Standhaftigkeit im Glauben, man bittet bei Geldangelegenheiten sowie beim Glückspiel um ihren Schutz und Unterstützung. Auch bei Missernten. Attribute in ihren Darstellungen sind Palmen, eine Krone sowie Goldstücke oder Schatzkisten.

Eine Legende bekommt Aktualität. Die Künstlerin stellt die Thematik der heiligen Corona in ihrem Werk „Corona rising“ mit in der christlichen Kunst bekannten Attributen dar, verwebt in ihrer Bildsprache jedoch auch Eindrücke ihrer Mexikoreise sowie aktuelle Bezüge zum Corona-Virus. „Ich habe meine Interpretation der heiligen Corona während des ersten Lockdowns gemalt, nachdem ich von meinem Mexico-Trip zurückkehrte. Die Palme, das Symbol der heiligen Corona ist auch ein Verweis auf diese Reise, da ich die letzten Tage vor meinem Abflug am Karibikstrand in Tulum unter Palmen verbracht habe und in diesem paradiesischen Ambiente die Horrormeldungen aus Europa verfolgte“, erzählt die Künstlerin. In Mexico, im Biosphärenreservat Calakmul, lernte sie den Fledermausforscher Rodrigo Medellin („Bat Man of Mexico“) kennen, der ihr diese faszinierenden Tiere näherbrachte und mit Otberg den „Vulcan de los Murciélagos“ (Fledermausvulkan) besuchte. „Aus dieser Höhle im Urwald strömen jeden Abend drei Millionen Fledermäuse zu den umliegenden Feldern, um sich von Insekten zu ernähren. Wären die Fledermäuse nicht, würden die Felder von Ungeziefer vernichtet werden. Auch dafür steht die Heilige Corona: Missernte. Der Raubbau an der Natur, wiederholt sich immer wieder in der Geschichte“, so Otberg.

„Streben nach Erkenntnis.“ Nachdem die grauenhaften Bilder von Wildtiermärkten im Netz kursierten, wurde für sie die Fledermaus umso schützenswerter und Symbol dafür, dass der Mensch seine Misswirtschaft auf die Spitze treibt und damit sein eigenes Dasein gefährdet.
Im Werk der Künstlerin ist die junge Märtyrerin an zwei Palmen festgebunden, ein goldener Nimbus umgibt ihr Haupt. Der Blick der Corona ist nach oben gerichtet. Die Himmelsboten, die ihre Krone tragen, sind zwei Fledermäuse. Im Herzen Jesu, das sich über ihrem Haupt und den zwei Fledermäusen mit einer Krone befindet, lodert das Feuer. Letztendlich siegt die Liebe. „Meine Corona steht inmitten materieller Schätze: Um sie sind Goldbarren, Diamanten, Perlen und Münzen. Ihr Blick ist jedoch nach oben gerichtet. Das bedeutet: Sie überwindet die Materialität und strebt nach Erkenntnis. Der wahre Reichtum liegt im Übersinnlichen, im Geist“, beschreibt Mari Otberg ihre Darstellung. Die Abholzung der Regenwälder wird durch die Baumstümpfe thematisiert. Jedes Element hat eine Bedeutung. „Das blaue Band steht für Treue, Reinheit, geistige Überlegenheit, Rückzug ins Innere und für Unendlichkeit. Auch die vielen Blumen haben eine Aussage: Die Narzisse steht für Tod, Auferstehung und Wiedergeburt, ist Symbol des ewigen Lebens. Die Lilie steht für Reinheit des Herzens und Überwindung von allem Irdischen. Die Akelei ist ein Zeichen für den Sieg des Lebens über den Tod, sie ist Symbol des Heiligen Geistes und Hinweis auf die kommende Erlösung. Die Schwertlilie symbolisiert göttliche Botschaft und die damit verbundenen Schmerzen, die wie ein Schwert die Seele durchdringen. Die Pfingstrose steht für die Liebe zu Gott.“

„Meine Eltern waren nie in der Kirche.“ „Die Standhaftigkeit im Glauben, für welche die heilige Corona auch verehrt wird“ sei „essenziell im Leben eines Künstlers“, betont Otberg. „Ohne den Glauben an das eigene Werk, wider aller Kritik und äußerlichen Umstände, ist ein Künstlerdasein nicht möglich. Wenn du an etwas glaubst, nur dann passiert etwas.“ Sie weiß wovon sie spricht. Mari Otberg wuchs atheistisch auf. „Meine Eltern und ich waren nie in der Kirche. Weihnachten, Ostern, das gab es bei uns gar nicht. Ich war aber als Kind schon ganz fasziniert von der Religion, Geschichte, von den Bildern dort“, erzählt sie. Die Künstlerin sieht sich als gläubigen Menschen. Und sie freut sich sehr, dass das Bild jetzt im Martinsdom gezeigt wird. Sie erkennt darin eine neue Offenheit. P. Achim Bayer erfuhr von Diözesansprecher Dominik Orieschnig von dem Bild. Nachdem er das Werk gesehen hatte, stieg die Neugier auf die Erklärung durch die Künstlerin. „Als Betrachter waren mir Elemente der Bildsprache verschlüsselt.“ Doch er zeigte sich von der Idee begeistert. „Viele Menschen kommen in den Dom um zu beten. Es ist wichtig, das Bild dort zu platzieren, sodass Menschen sich durch das Gebet und das Werk an die Heilige Corona wenden können.“ „Auch wenn man solche Bilder in der Kirche nicht gewohnt ist – ich bin gespannt auf die Reaktion der Leute!“

Nicht nur in der Diözese Eisenstadt, auch im Vatikan
wird der Wert der Kunst auch aufgrund der gegenwärtigen Situation wiederentdeckt. „Selbst in der Orientierungslosigkeit, die die Pandemie verursacht, kann ihre Kreativität Licht erzeugen“, sagte Papst Franziskus zuletzt über Kunstschaffende. Er dankte den KünstlerInnen aller Genres für ihr Schaffen und sprach ihre hohe Berufung an. „Wahrheit und Schönheit zu vermitteln“ brächten Freude in die Herzen der Menschen und seien eine „kostbare Frucht, die der Abnutzung der Zeit widersteht, die Generationen verbindet und sie in Bewunderung zusammenführt“, zitierte der Papst aus dem „Brief an die Künstler“ von Papst Paul VI.

ZUR PERSON:

Mari OtbergMari Otberg, 1969 in Stuttgart geboren, wuchs in einer Kleinstadt im deutschen Sauerland auf. Ihre Laufbahn begann mit einer Schneiderlehre. Während dieser Zeit besuchte sie die Malschule von Bernhard Matthes und studierte anschließend erst in Bremen, dann in Hamburg Modedesign und Illustration. 1997 zog sie nach London, arbeitete für Vivienne Westwood und gründete ihre eigene Modemarke „justMariOt“. Zu ihren KundInnen zählten Galeristen, Sammler, die Schauspielerin Susan Sarandon. Aufgrund eines Markenrechtsstreits mit Marriott Hotels stellte Otberg 2008, das Label ein, zog nach Österreich und widmete sich der freien Kunst. Als Künstlerin passt Mari Otberg in kein Raster. Sie schuf in relativ kurzer Zeit ihren eigenwilligen Kosmos aus Zeichnungen, Wandteppichen, Stickerei und Malerei. Ihr unverkennbarer Stil kommt einem Pop-poetischen Realismus gleich. In Wien erlernte sie die Kunst des Polimentvergoldens. In altmeisterlicher Technik, Eitempera auf Kreidegrund / Holz malt sie zeitgenössische Ikonen. Auch wenn ihre Bilder teils tragische Inhalte haben, bezeichnet sich die Künstlerin als Hoffnungsträger. Ihre Werke wurden u.a. in der Jacobikirche in Hamburg gezeigt sowie in der Marienkirche in Berlin. Mari Otberg lebt und arbeitet seit 2012 in Wien.

Autor:

Redaktion martinus aus Burgenland | martinus

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