Martin und der entlarvte Teufel
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Eine Legende vom heiligen Martin zum Weiterschreiben
Der heilige Martin mit dem Mantel auf dem Pferd und der Bettler von Amiens, der Heilige und die geschmorten Gänse, der Martiniwein und das Martiniloben, das Martinskipferl und der Laternenumzug der Kinder, das alles gehört zu seinem Fest, aber es ist bei weitem nicht alles.
Vieles erinnert an den großen Heiligen der frühen Kirche, die Erzählungen und Legenden von und über ihn, sein Beruf als Soldat, seine Taufe, sein Mönchsein, sein Bischofssein, sein Widerstand, seine Unangepasstheit und sein Mut, sein Eintreten für die Menschen und sein Auftreten gegen die Mächtigen, seine Gelehrsamkeit und seine Weisheit, sein Wunderwirken über den Tod hinaus. Diese Erzählungen beschreiben auch die Grundvollzüge des Christlichen und sie bleiben Fundamente für das christliche Leben: Teilen mit den Armen, miteinander Mahl halten und das Brot füreinander brechen, das Leben lieben, den Glauben feiern, Gott suchen und ihn finden im Gebet, die Frohbotschaft des Evangeliums verkünden, die Welt gestalten, sich dem Leben stellen, mit dem Licht des Glaubens die Finsternis der Verzweiflung und des Todes verjagen und Christus den Platz geben, den nur er einnehmen kann.
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EIN JESUS IM KÖNIGSMANTEL?
Über den heiligen Martin gibt es viele Legenden und Erzählungen, von ihm gibt es viele Darstellungen und Bilder, seinen Namen tragen Kirchen, Bildstöcke und Wege, Frauen und Männer, er ist ein Beliebter und Geliebter, ein eingewurzelter und nachahmenswerter Heiliger, einer, dessen Botschaft alle trifft, Bischöfe, Kinder und Erwachsene, Alte und Junge, Arme und Reiche, Träumer und Realisten, Mönche und Gottsucher, auch die Frauen, obwohl er ein Mann war. Über ihn berichtet in der Vita Martins der junge römische Schriftsteller Sulpicius Severus, der dem Heiligen wahrscheinlich um das Jahr 392 erstmals begegnet ist. Der lateinisch schreibende Literat ist der Biograf des heiligen Martin, des ersten Nicht-Märtyrers, der in den großen Heiligenkalender der Kirche aufgenommen wurde.
So erzählt Sulpicius Severus vom „entlarvten Teufel“, eine Legende, die selten weitererzählt wird: Eines Tages stand der Teufel vor Martin in seiner Mönchszelle, während er betete. Purpur umstrahlte den Teufel, ein Königsmantel umwallte ihn, ein Diadem trug er auf seinem Haupt, seine Schuhe waren golddurchwirkt, seine Miene war freundlich und gewinnend, sodass man alles andere als in ihm den Teufel vermuten konnte. Beide schwiegen eine Zeit lang. Dann ermutigte der Teufel: „Erkenne, wen du vor dir siehst. Ich bin Christus.“ Martin schwieg. Der Teufel aber: „Martin, warum zweifelst du? Glaube doch, ich bin Christus!“ Und Martin: „Jesus, der Herr ist nicht im Purpur und im Glanz einer Krone gekommen, sondern mit den Wundmalen seines Kreuzes.“ Bei diesen Worten verschwand der Widerliche aus der Zelle des Mönchs.
DER EWIGE WIDERSACHER
Die Begegnungen mit dem Teufel, mit dem „Diabolos“, dem „Durcheinanderbringer“ ereigneten sich oft mals im Leben des heiligen Martin, auch im Leben vieler Heiligen und auch im Leben der Christen. Zeitweise trieb die Kirche überzogen und unkontrolliert ihr Geschäft mit dem Dämonischen und mit Exorzismen, ein dunkles Kapitel. Manche Theologen wiederum versuchten den Teufel abzuschaff en und als nichtig zu erklären. Gutmenschen wurden von ihm in die Falle gelockt, das Teufl ische geleugnet und bestritten, vom Leben ausgeklammert. Den Schmeicheleien des Teufels ist auch nie zu trauen, diesen sind die Menschen erlegen, andere haben sie geschürt, um Angst zu wecken und ihre krummen Geschäft e zu machen. Wer das Böse leugnet, erkennt das Gute nicht und wer Gott verdrängt, liefert sich dem Zugriff des Bösen aus. Das gilt für die Kirche, für die politischen Aktionäre, für die Wirtschaft er, für die Staaten, für Forscher und für die Wissenschaft , für Philosophen und Handanleger, besonders für alle Unterdrücker, Lebensvernichter und alle fi nsteren Gestalten. Das Böse in der Welt ist nie außer Reichweite und der Böse, der die Menschen narrt, kommt meist in einer neuen Maske, denn er ist erfinderisch .
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WAS LEGENDEN UNS LEHREN
Deshalb dürfen solche und ähnliche Legenden weiterzählt werden und sie müssen mit unseren eigenen Lebenseinsichten und Lebenserfahrungen ergänzt und aktualisiert werden. Dreht sich doch alles um die bleibende Herausforderung: Warum ist das Gute nicht stärker als das Böse, warum ist das Böse so greifbar nahe und das Gute so unerreichbar fern, warum bleibt der Teufel mit seinem Handwerk so verlockend und Gott mit seiner Zuwendung so verborgen?
Die vielen Martinslegenden sind kein frommes Märchen, sie sind verdichtete, erlebte und erlittene Momente im Leben aller, die Fragende, Suchende und Nachdenkliche bleiben, ihre eigene Armut und Gebrochenheit eingestehen, die Augen trotzdem off enhalten und die Hände ausstrecken, nicht festgefahren sind, das Leben wagen und riskieren.
Weitere Martinslegenden: Der geteilte Mantel; der dramatische Abschied vom Soldatendienst; unter die Räuber gefallen; der erweckte Taufschüler; die Wahl zum Bischof; die gefällte Kiefer; das geheilte Mädchen; die vertriebenen Dämonen; die einsame Entscheidung; Martins Tod auf bloßem Boden.
P. KARL SCHAUER OSB
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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