Lesezeit zum neuen Buch von Bischof Benno Elbs
Werft Eure Zuversicht nicht weg!

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Das zehntausendstel Millimeter kleine Corona-Virus versetzt die Welt in den Ausnahmezustand. Es bringt eingespielte Abläufe und Beziehungen weltweit ins Stocken und zum Stillstand. Und da sind noch viele andere bedrängende Fragen: Gelingt es, die Klimakrise zu bewältigen? Drohen Überalterung, Pflegenotstand und unkontrollierte Migration? Welcher Politik kann man noch vertrauen? Jede Krise eröffnet aber auch neue Chancen, regt zum Innehalten und zur Neuorientierung an. Achtsamkeit und Solidarität können Raum gewinnen, die Natur kann aufatmen. Vertrauen und Zuversicht lassen positive Schritte auf dem Weg in eine gute Zukunft wagen. Dazu lädt Bischof Benno Elbs in seinem neuen Buch „Werft eure Zuversicht nicht weg“ ein. Das KirchenBlatt bringt Auszüge aus dem Buch:

Geschichten des Lebens

Das Leben schreibt viele Geschichten. Sieg und Niederlage liegen oft nahe beisammen. Heute Jubel, morgen Enttäuschung – des einen Freud, des anderen Leid. Auch unser alltägliches Leben produziert Gewinner und Verlierer. Die einen bringen mit großer Freude ein Kind zur Taufe, andere gehen nach einer lebensbedrohlichen Diagnose einen schweren Weg. Die einen freuen sich über eine sinnvolle Arbeit, andere sorgen sich um ihren Arbeitsplatz oder werden ausgegrenzt und gemobbt. Die einen leben in einer Region des Friedens, andere bangen in Situationen des Krieges und des Terrors um das Leben ihrer Kinder und ihrer Familien. Die einen dürfen sagen, „hier bin ich daheim”, andere haben kein Zuhause und sehen in der Flucht die einzige Möglichkeit für ein Überleben. Die einen leben im Wohlstand, andere in Angst und Sorge, wie sie morgen ihre Familie ernähren können. Das Leben schreibt viele Geschichten, in der Welt und auch hier in unserem Land.
(Seite 156 - die Angaben in Klammern beziehen sich im Folgenden auf die Seitenangaben im Buch)

Zuversicht

Zuversicht ist nicht eine leere Hoffnung, sondern meint auf der einen Seite den klaren Blick auf den Ernst der Situation, gleichzeitig aber auch, sich nicht davon lähmen zu lassen und die verbleibenden Spielräume und Möglichkeiten zu nutzen, die manchmal größer und manchmal kleiner sind. Zuversicht heißt also, mit diesem Blick von Hoffnung in die Zukunft zu schauen. (13)
Angst

Von einer heute weit verbreiteten „Ketzerei der Angst“ hat Cesare Zucconi von der Gemeinschaft Sant’Egidio beim Diözesanforum 2019 in Dornbirn gesprochen. Sie lege die Hoffnung in Ketten und lösche den prophetischen Geist aus, der aus dem Evangelium entspringt. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Sie führt zu Reaktionen, die das gute Lebensgefühl und die Zuversicht zerstören. Angst ist aber auch ein Instrument, mit dem Stimmung gemacht werden kann, wenn wir an Diskussionen im Zusammenhang mit der sogenannten Flüchtlingskrise oder an manche Statements während der Corona-Krise denken. (21)

Vertrauen

„Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat“, meint Matthias Claudius (1740–1815). Im zwischenmenschlichen Leben ist das Vertrauen eine der kostbarsten Brücken zum anderen Menschen. Vertrauen bedeutet ein Gefühl von Wahrhaftigkeit, Wertschätzung und Echtheit und ist eine tragende Säule für das Miteinander. Gerade in der Auseinandersetzung mit großen weltpolitischen Themen wie Asyl und Flucht, Wirtschaft oder Klimawandel ist das Vertrauen in die politisch Handelnden entscheidend: Haben die Menschen das Gefühl, dass sie in die Expertise und Kompetenz der führenden Frauen und Männer Vertrauen haben können?
Vertrauen-Können ist ein wichtiges Grundgefühl für das Wohlbefinden eines Menschen. Vertrauen hat positive Auswirkungen auf Gesundheit, Beziehungen und auch auf die Arbeitssituation. Im persönlichen Bereich zeigt sich Vertrauen auch in der Offenheit, sich jemandem gegenüber verletzlich zu zeigen – auch in der Hoffnung, dass ich trotzdem wertgeschätzt werde. „Geliebt wirst du einzig, wo du schwach dich zeigen darfst, ohne Stärke zu provozieren“, meint Theodor W. Adorno. (49-50)

Heilung

Aussichtslos Kranken, die keine Hoffnung auf Heilung haben und dadurch erst recht von der Gemeinschaft ausgeschlossen sind, wendet sich Jesus im Besonderen zu. Besonders in seinen Heilungen wird deutlich, wer Jesus ist und was seine Botschaft und sein Tun auszeichnet. Schon sein Name beinhaltet ein heilsames Programm. „Jesus“ bedeutet: „Gott rettet“. In diese göttliche Rettung sind unterschiedliche Lebensbereiche eingeschlossen: Menschen werden aus Gefangenschaft und Ausbeutung befreit. Völkern wird Friede und Versöhnung verheißen. Ausgestoßene Aussätzige, hilflos Gelähmte, orientierungslos Blinde, von drückenden Lasten oder quälenden Süchten Besessene, Taube und Stumme ohne Kontakt zu ihren Mitmenschen erfahren Heilung von ihren Krankheiten. Sündern wird ihre Schuld nachgelassen. Ja sogar das völlig Unvorstellbare und Unmögliche geschieht: Selbst Tote werden zurück ins Leben geholt.
Dort, wo Jesus auftritt, werden Menschen wieder gesund und in einem Körper und Geist umfassenden Sinn geheilt. (106-107)

Fünf Verben der Nähe

Papst Franziskus hat davon gesprochen, dass Jesus in seinem Verhältnis zu den Menschen fünf Wörter auszeichneten: sehen, rufen, sprechen, berühren und heilen. Verben, so lernen wir in der Volksschule, sind Tun-Wörter, d. h. Wörter, die nicht nur gesagt werden, sondern auch in die Tat umgesetzt werden müssen. Diese fünf Tun-Wörter, die der Papst aufzählt, lassen sich in vielen Heilungsgeschichten finden. (108)
Jesus, der Arzt

Jesus stellt sich als „Therapeut“ und Heiler nie selber ins Zentrum, sondern immer den Menschen, der gerade Hilfe braucht. Die Überwindung aller Kräfte, die das Leben der Menschen in Fesseln legen und eine freie Entfaltung in Glaube, Hoffnung und Liebe hemmen, ist wesentliches Kennzeichen des Wirkens Jesu sowie des anbrechend-angebrochenen Reiches Gottes. Dieser Grundzug der Botschaft Jesu bleibt jedoch nicht auf seine Lebenszeit beschränkt, sondern setzt sich fort im Wirken seiner Jüngerinnen und Jünger. (112)

Dankbarkeit

Dankbarkeit ist eine der Hauptstraßen, auf der wir Gott begegnen können, wie viele Mystiker sagen. Wenn ich mit Dankbarkeit auf mein Leben schaue, dann entdecke ich so viele Brücken der Liebe und der Zärtlichkeit, die Gott zu mir gebaut hat: durch eine Umarmung, durch ein tröstendes Wort, durch einen wertschätzenden Blick, durch jemanden, der mich aufrichtet, mich in die Arme nimmt. Dankbarkeit lässt uns die Spuren Gottes in unserem Leben wahrnehmen: Ich bin beschenkt.
Bei Exerzitien lade ich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerne dazu ein, eine „Dankbarkeitsliste“ zu erstellen, wo sie jene Dinge nennen können, für die sie dankbar sind: … Familie und Freunde, Essen und Trinken, Berge und Wälder, Blumen und Wiesen, Schule, Arbeit und Feste, Sonne und Regen, Lachen und Weinen … Eine Dankbarkeitsliste ist eine heilsame Hilfe gegen Traurigkeit, Depressionen und Melancholie. (167-168)

Zuwendung

Wenn man Leute fragt – egal ob Jung oder Alt –, was denn das wichtigste „Lebensmittel“ für sie ist, dann bekommt man fast immer zur Antwort: die Zuwendung der Mitmenschen. [...]
Wir brauchen das Gefühl, dass wir getragen sind, gerade wenn wir Angst haben, wenn wir verunsichert und bedroht sind. Dann brauchen wir Beziehungen, die uns weiterhelfen und uns in eine gute und hoffnungsvolle Spur unseres Lebens bringen. Die Güte des Herzens, wenn Menschen einander mit Respekt auf Augenhöhe begegnen, ist etwas, das die Welt im Innersten zusammenhält. (178)

Zehn Wegweiser für einen Weg der Zuversicht

Die Haltung der Zuversicht ist ein Ziel und gleichzeitig ein Weg. Zusammenfassend möchte ich darum noch ein paar nützliche Hinweisschilder für einen Weg der Zuversicht aufstellen, die man wie eine Checkliste als Grundorientierungen für seinen Lebensweg hernehmen kann:

  1. Versuche zu verstehen. [...]
  2. Akzeptiere das Leben. [...]
  3. Pflege deine Beziehungen. [...]
  4. Folge deinem Herzen, deinem Sinnorgan, deinem Gewissen. [...]
  5. Achte auf deine Energie. [...]
  6. Schenke Wertschätzung. [...]
  7. Schau auf das Gute, das Gesunde, Schöne und Kraftvolle. [...]
  8. Vertraue auf Gott, vertraue dem Leben. [...]
  9. Höre auf Gottes Wort in den Erfahrungen der heiligen Schriften. [...]
  10. Erlebe das Kirchenjahr. [...]

Und als Reserve oder auch als Joker ein letztes Hinweisschild, das auf allen diesen Wegen sehr wirksam eingesetzt werden kann: Pflege Gelassenheit und Humor. (184-187)

Zum Buch

Benno Elbs: Werft eure Zuversicht nicht weg.
Tyrolia Verlag 2020, 192 Seiten, gebunden, € 19,95.

Das Buch ist erhältlich im Buchhandel sowie in der Medienstelle der Katholischen Kirche Vorarlberg, T 05522 3485-208, E medienstelle@kath-kirche-vorarlberg.at

Gewinnen Sie das neue Buch von Bischof Benno! Wir verlosen 5 handsignierte Ausgaben. Schreiben Sie eine E-Mail oder eine Postkarte mit dem Kennwort „Zuversicht“ bis zum 16. Oktober 2020 an das Vorarlberger KirchenBlatt, Bahnhofstraße 13, 6800 Feldkirch, E petra.baur@kath-kirche-vorarlberg.at

(Aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 41 vom 8. Oktober 2020)

Autor:

KirchenBlatt Redaktion aus Vorarlberg | KirchenBlatt

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