Predigt von Bischof Hermann zum Gedenktag des Diözesanpatrons
Mit Petrus Canisius Netze wieder auswerfen

Der heilige Petrus Canisius (1521-1597) ist Patron der Diözese Innsbruck.    | Foto: Tiroler Sonntag
  • Der heilige Petrus Canisius (1521-1597) ist Patron der Diözese Innsbruck.
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Wir hängen viel im Netz. Wir sind vernetzt und vernetzen. Soziale Netzwerke sind die ganz selbstverständliche Form rascher Kommunikation. Das Johannesevangelium (Kap. 21) berichtet von den Netzwerkern aus Galiläa. Ihre Erfahrung sind leere und volle Netze. Ähnliches hat Petrus Canisius erlebt. Er wurde am 8. Mai 1521 in Nijmegen geboren und schloss sich 1543 der Gesellschaft Jesu an. Der besondere Netzwerker der Frohen Botschaft wurde 1964 Patron unserer Diözese. Seinen 500. Geburtstag werden wir im nächsten Jahr mit vielen kleinen „Herzfeuern“, also missionarischen und sozialen Initiativen feiern.

In der Enttäuschung Gott begegnen. „Ich gehe fischen.“ Ein resignierter Petrus kehrt in sein ursprüngliches Geschäft zurück. Einige ebenso frustrierte Kollegen ziehen mit. Sie waren Fischer und kehrten in ihre „alte“ Normalität zurück. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. Am Morgen nur leere Netze – alles „für die Fisch“. Wer kennt diese tristen Momente nicht? In der aktuellen Krise bedrängend für alle, die etwas aufgebaut haben und jetzt nur noch leere Netze sehen. Viel Einsatz umsonst. In dieser Situation steht plötzlich Jesus am Ufer, aber sie erkennen ihn nicht.
Er fragt sie: „Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen?“ Auch andere Kunden werden bald zum Ufer kommen, um Fische zu kaufen. Ehrlich genug antworten sie: „Nein, nichts.“ Natürlich hat Jesus gesehen, dass die Netze leer sind. Er fragt, damit wir unsere Enttäuschung benennen, sie nicht verdrängen. Er selbst ist einfach da – ohne Vorwurf. Nur sein Dasein, Hinschauen und Nachfragen machen schon Mut, anzunehmen was ist. Gott hält uns aus – auch dann, wenn wir nichts zu bieten haben.

Unser Diözesanpatron kannte beides – Erfolg und Enttäuschung. Ab 1552 predigte Petrus Canisius in Wien, anfangs vor ein paar alten Frauen, aber mit der Zeit ganz erfolgreich am kaiserlichen Hof, später auch in Prag und ab 1571 in Innsbruck. Trotzdem erlitt er viele Rückschläge und Verleumdungen. Durch seinen Nachfolger als Provinzial, der ihn überall anschwärzte, wurde er von den Orten seines Erfolgs (Höfe, Universitäten) abberufen und nach Fribourg, an den Rand der oberdeutschen Provinz versetzt. Enttäuscht alles hingeworfen? Nein, genau dort hat er die längst notwendige Reform der katholischen Kirche mitgestaltet. Petrus Canisius war von einer tiefen Jesus-Beziehung geprägt. Sie ist in den Momenten von Enttäuschung noch gewachsen. Es war eine Herzens-Verbundenheit. Er war überzeugt, dass man in jedem Moment, vor allem im Scheitern und in der Enttäuschung Gott begegnen kann.

Sich aus der Krise „herausinvestieren“. Der immer noch Unbekannte fordert die Jünger auf: „Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden.“ Eine fast freche Zumutung, denn bei Tag zu fischen ist ein Unsinn. Doch die Profis des Fischfangs ließen sich auf das Wort des Fremden ein. So beginnt der Glaube. Es ist ein Wagnis, ein Risiko, der Versuch einer Antwort auf einen leisen, aber oft nicht weniger deutlichen Anruf Gottes: Komm, fahr wieder hinaus! Steh auf! Hab Mut!
Unlängst habe ich in einer politischen Debatte den Ausdruck „herausinvestieren“ gehört. Ja, in Phasen wirtschaftlicher Stagnation braucht es neue Investitionsimpulse. Für das Menschsein gilt Ähnliches: In Phasen innerer Trockenheit und Trostlosigkeit ist es notwendig, kleine Schritte des Vertrauens zu setzen. Sonst bleibt nur die traurige Alternative – sich gehen zu lassen oder für das eigene Unglück Schuldige zu suchen. Durch ein solidarisches Vernetzen haben sich in letzter Zeit viele aus dem Kreisen um ihre eigene Befindlichkeit „herausinvestiert“.
Ignatius von Loyola hat Petrus Canisius 1549 nach Deutschland geschickt. Das war eine massive Zumutung in eine Krise hinein. Das katholische Deutschland war völlig am Ende. Oftmals wird Petrus Canisius gemeint haben, es sei alles sinnlos. Doch er wurde zum „zweiten Apostel Deutschlands“, zum Geburtshelfer einer neuen lebendigen Kirche - völlig unerwartet. 

Glaube wächst in Gemeinschaft. In der Erzählung vom geheimnisvollen Fischfang sagte Johannes zu Petrus: „Es ist der Herr!“ Allein hätte er es nicht begriffen, dass Gott seine Hände im Spiel hatte. Wir müssen einander oft zusagen: Schau, da wirkt doch Gott in deinem Leben! Die Jünger mussten einander ebenso helfen, den vollen Fang von 153 Fischen einzubringen. Eine geheimnisvolle Zahl, die für alle damals bekannten Völker steht. Sie ermutigt uns, großzügig den Schatz des Glaubens mit allen zu teilen. Netzwerker im Auftrag Jesu schließen niemanden aus.
Petrus Canisius hat immer wieder die Netze des Evangeliums ausgeworfen – mit neuen Kollegien, neuen Schulen, neuen Kontakten – obwohl er eher ein in sich versunkener Charakter war. Er brauchte den Impuls von außen, von seinen Vorgesetzten und vielen anderen. Damit traute er sich aber praktisch alles zu: Verfasste theologische Abhandlungen, investierte in den Predigtdienst, hielt Unterricht, schrieb mehrere Katechismen, reiste durch Europa und war mit unzähligen Menschen im Briefkontakt. Ein echter Netze-Auswerfer! Versuchen wir es auch – auf das Wort Jesu hin!

Bischof Hermann Glettler

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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