Zwei Lehrer berichten
Schule auf Abstand

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Ein veränderter Alltag prägt die Schulen. Nach wochenlangem Distance-Learning wird seit Kurzem wieder in den Schulen unterrichtet. In kleinen Gruppen. Auf Abstand.

Anna Pirchmoser aus Thiersee und Matthias Seidel aus Vomp unterrichten an der Tiroler Fachberufsschule für Wirtschaft und Technik Kufstein-Rotholz. Mitte März hieß es, den Schulbetrieb aufgrund des Corona-Virus auf Home-Schooling umzustellen.

„Der Start war schwierig. Er erforderte ein schnelles Einarbeiten in die neuen Medien und ein gutes Vorbereiten der Schülerinnen und Schüler auf diese außergewöhnliche Situation. Über verschiedene Plattformen und Kanäle sollten wir diese erreichen. Aber nicht alle haben E-Mail-Adressen und es gab Hardware- bzw. Internetprobleme auf Lehrer- und Schülerseite. Manche Lernenden waren einfach ‚nicht greifbar‘“, berichtet Matthias Seidel. Dazu kam, dass die Aufgabenstellung selbsterklärend sein musste, weil kein Nachfragen oder Erklären möglich war.

„Der Zeitaufwand war enorm. Es braucht Zeit, gutes Feedback zu geben. Ich war ständig erreichbar für die Schülerinnen und Schüler, musste Familie und Beruf ganz neu unter einen Hut bringen“, beschreibt Anna Pirchmoser einige Herausforderungen. Auf der anderen Seite fiel den beiden auf, dass „gerade Schülerinnen und Schüler, die in der Klasse zurückhaltender sind, sehr gut ‚abgeliefert‘ haben. Alle Schülerinnen und Schüler waren angehalten, selbstständig zu arbeiten und pünktlich abzugeben. Sie hatten mehr Freiraum durch flexible Zeiteinteilung, konnten ihr eigenes Lerntempo wählen und waren nicht an die 50-Minuten-Stundenplanregel gebunden. Auch die wöchentlichen Klassen-Videokonferenzen sind wertvoll, weil sich alle austauschen können“, gibt sie Beispiele.Digitaler Religionsunterricht.

„Beim Distance-Learning setzten sich meine Schülerinnen und Schüler mit der Fasten- und Osterzeit und den damit verbundenen Themen besonders auseinander, mit ihren ganz persönlichen Freuden und Hoffnungen, mit Trauer und Ängsten“, sagt der Berufsschul-Religionslehrer. Seine Erfahrung: „Mir wurde bewusst, wie sehr die Schülerinnen und Schüler Feedback brauchen und dieses wertschätzen. Oft meine ich, dass gerade die Altersgruppe meiner Schülerinnen und Schüler besonders weit von der Kirche, vom Glauben weg ist. Das ist aber gar nicht so. Sie sind jedenfalls auf der Suche.“

Extremsituation für Lehrlinge. Das Umfeld klaffte bei den Berufsschülerinnen und -schülern total auseinander. „Einige – gerade jene aus dem Lebensmittelsektor – waren vollbeschäftigt, andere in Kurzarbeit, einige verloren nach der Kurzarbeit ihren Job, weil die Firma insolvent war. Es herrschte eine große Unsicherheit, zum Beispiel über Urlaub oder das Lehrlingseinkommen“, berichtet Anna Pirchmoser.

Persönliche Gespräche. Durch die sozialen Medien sind die Lehrenden quasi rund um die Uhr erreichbar. Es kommt nicht selten vor, dass sich Schülerinnen und Schüler abends melden oder – gerade solche, die sich in der Klasse nie gemeldet hätten – etwas im persönlichen Chat schreiben. „Es ist und war für die Schülerinnen und Schüler wichtig, zu wissen, dass wir da sind. Eine Schülerin hatte zum Beispiel einen Todesfall in der Familie. Auch da war wichtig, dass ich als Religionslehrer erreichbar war – online und später in der Schule zum persönlichen Gespräch“, fügt Matthias Seidel hinzu.

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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