Ernährungsberaterin Anna Maria Jamnig
Ausgewogenheit ist wichtiger als Verzicht

Bauernmärkte bieten Anna Maria Jamnig, was ihr beim Kochen wichtig ist: Frische Lebensmittel aus der Region, direkt vom Erzeuger, mit vielen Vitamin- und Mineralstoffen. | Foto: Hölbling
  • Bauernmärkte bieten Anna Maria Jamnig, was ihr beim Kochen wichtig ist: Frische Lebensmittel aus der Region, direkt vom Erzeuger, mit vielen Vitamin- und Mineralstoffen.
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Anna Maria Jamnig berät andere Menschen in Ernährungsfragen. In der Fastenzeit sieht sie nicht nur eine Einladung zum Verzicht, sondern vor allem auch für Veränderung. Im Leben genauso wie bei der Ernährung. Im Interview mit dem Tiroler Sonntag verrät sie, worauf wir alle beim Essen achten können.
Die Fragen stellte Walter Hölbling

In der Fastenzeit wird die Frage der Ernährung für viele Menschen zum Thema. Wie wichtig ist das Essen für uns?
Anna Maria Jamnig: Ernährung spielt eine sehr große Rolle bei der Gesundheit. Meine Klienten sind immer erstaunt, was sich durch die Ernährungsumstellung alles verbessert. Sie schlafen besser, die nachmittägliche Müdigkeit verschwindet, das Aufstehen fällt leichter, Heißhunger oder Appetitlosigkeit werden weniger.

Viele denken beim Fasten an Verzicht. Gibt es für Sie auch andere Wege, die Fastenzeit zu begehen?
Jamnig: Mir wäre viel wichtiger, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Dass es in jeder Mahlzeit eine Proteinquelle und eine Stärkequelle gibt und reichlich Gemüse und Obst dazu. Und als vierte Komponente ein hochwertiges Fett, zum Besipiel kaltgepresse Öle. Meine Erfahrung ist auch, dass durch die Anpassung der Ernährung an die individuelle Verfassung die Portionen kleiner werden. Der Stoffwechsel verwertet die Nahrung besser und man bleibt länger satt. Das spart Zeit und Geld und schont die Umwelt.

Können Sie ein paar Beispiele für Mahlzeiten nennen, die Sie empfehlen?
Jamnig: Gut ist es, drei warme Mahlzeiten am Tag zu essen. Gerne empfehle ich je nach Konstitution zum Beispiel Gerstelsuppe, Tafelspitz, Risotto, Gersten-Bohnen-Suppe oder ein Holzhacker-Frühstück aus Kartoffeln und Ei. In meiner Beratung geht es nicht um das Einteilen in gesund oder ungesund. Es geht darum, etwas mehr von dem und dafür etwas weniger vom anderen zu nehmen. Im Vordergrund steht dabei immer das Wohlbefinden.

Sie kombinieren traditionelle chinesische Medizin mit traditioneller österreichischer Küche. Passt das zusammen?
Jamnig: Die traditionelle chinesische Medizin befasst sich mit der Wirkung der Lebensmittel, so wie es Hildegard von Bingen auch gemacht hat. Vom Klima her ist ein großer Teil von China ähnlich wie Europa und es gibt die selben Lebensmittel. Daher lässt sich dieser Erfahrungsschatz sehr gut nach Europa transportieren. Meine Eltern haben in ihrer Kindheit immer ein warmes, gekochtes Frühstück gegessen. Das entspricht der Lehre des TCM. Sie haben gespürt, das gibt ihnen Kraft.

Wichtig ist ihnen auch, dass mit der Umstellung der Ernährung sich auch im Lebensstil etwas ändert.
Jamnig: Genau. Mir sind zum Beispiel die regionalen Produkte, die bei Bauern eingekauft werden, sehr wichtig. Wenn die Lebensmittel einen kurzen Transportweg haben, sind sie frischer und schmackhafter. Wer das probiert, schmeckt den Unterschied. Der Geschmack der Lebensmittel sagt auch etwas über die Inhaltsstoffe aus, denn Mineralstoffe tragen wesentlich zum Geschmack bei. Mir ist auch wichtig, die Vielfalt an Lebensmitteln zu sehen, die uns zur Verfügung stehen, und diese auch auszukosten.

Wie werden Sie selbst die Fastenzeit verbringen? Worauf wollen Sie achten?
Jamnig: Bei der Ernährung wird sich bei mir nichts ändern. Wichtig ist mir, mit den Einflüssen von außen bewusster umzugehen. Damit meine ich, dass ich Werbung oder Nachrichten weniger an mich heranlasse und mich mehr auf das Wesentliche besinne. Das bedeutet für mich, besinnliche Zeiten zu Hause ganz bewusst zu pflegen. Dazu gehört auch das tägliche Lesen in der Bibel anhand des Buches „Mit der Bibel durch das Jahr“. Besinnung auf das Wesentliche bedeutet für mich auch, meine Beziehung zum Göttlichen zu pflegen genauso wie meine Beziehungen zum Nächsten und zu mir selbst.

Hängen gesunde Ernährung und Glaube für sie zusammen?
Jamnig: Ja, das hat mit Achtsamkeit mir selbst gegenüber zu tun und Achtsamkeit der Schöpfung gegenüber. Der Körper ist ein Geschenk und es ist wichtig, dieses Geschenk gut zu pflegen. Jesus ist für mich ein Vorbild darin, wie man seine persönlichen Werte leben kann. Da ist mir Umweltschutz ganz wichtig, aber auch sozialpolitische Themen, Gerechtigkeit – und Begegnungen von Herz zu Herz, Freundschaften, die ich jetzt vor allem per Telefon pflege.

Anna Maria Jamnig (49) verbindet in ihrer Arbeit traditionelle chinesische Medizin mit dem Erfahrungsschatz der traditionellen österreichischen Küche. Die Innsbruckerin arbeitet als Ernährungsberaterin im „Centrum am Inn“.www.anna-maria-jamnig.at

Autor:

Walter Hölbling aus Tirol | TIROLER Sonntag

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