Mariä Himmelfahrt
„Ein gutes Wort“ für jedes Kraut

P. Johannes Pausch: „Heilkräuter sind Worte Gottes“ | Foto: RB/bam
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Mariä Himmelfahrt mit der Kräuterweihe ist für den Benediktinerpater Johannes Pausch ein ganz besonders wichtiges Fest: Der Prior des Europaklosters Gut Aich in St. Gilgen am Wolfgangsee bezeichnet es gern als „Dreh-und Angelpunkt der Feste im Jahreskreis“. Üppig wachsen in den Gärten rund um das Kloster Heilkräuter gegen viele Leiden. „Wir feiern Mariä Himmelfahrt deswegen, weil wir alle die Hoffnung haben, dass auch uns die Beziehung zwischen Himmel und Erde gelingt“, sagt Pausch.

Wie jedes Jahr tragen Goldhaubenfrauen – heuer aus Seekirchen – die Madonna aus dem Familienbesitz des Priesters während der Prozession. Die Muttergottes bekommt dafür eine Goldhaube und Mantel. Nach dem Gottesdienst lockt ein zünftiger Frühschoppen.

Den „klassischen“ Gut Aicher Kräuterbuschen gibt es übrigens nicht: Ob die Kräutersträuße sieben, neun oder insgesamt gar zwölf Pflanzen enthalten, richtet sich nach Tradition – oder auch nach dem Familienbrauch.

Interview von Monika Hölzl mit P. Johannes Pausch

RB: Verraten Sie uns Ihr Lieblingskraut?
P. Pausch: Ich habe 1.000 Lieblingskräuter! Ich liebe wirklich alle unsere Kräuter hier, jeden Tag finde ich etwas Neues und bin fasziniert von den Pflanzen. Gerade letzte Woche ist mir etwas passiert, das für mich ein Wunder ist: seit Jahren suche ich einen bestimmten Heilpilz, das Judasohr. Er soll wirksam bei Tinnitus sein. Jetzt habe ich ihn auf einem Baum hier beim Kloster gefunden. Er wird nun gehegt und gepflegt.

RB: Ist gegen alles ein Kraut gewachsen?
P. Pausch: Ja und nein. Man muss es kennen. Ohne Wissen kann man über das heilkräftigste Kraut stolpern und es hilft nicht. Es muss geschenkt und offenbart werden, wie die heilige Hildegard von Bingen müssen wir die Signatur der Pflanzen lesen können. Das ist die eigentliche Wissenschaft der Klosterheilkunde. Heilkräuter sind lebendige Worte Gottes, sie sind Teil der Schöpfung, sind unsere Geschwister. Ihre geistige Wirkung wird lebendig durch die Beziehung, die wir zu ihnen haben.

RB: Was lässt sich mit Kräuterheilkunde erreichen, wo liegen die Grenzen?
P. Pausch: Mir ist eines wichtig: Die Schulmedizin darf nicht gegen die Kräuterheilkunde ausgespielt werden. Die Schulmedizin ist wichtig, etwas anderes zu behaupten wäre überheblich. Dennoch steckt in jedem Kraut ein Heilpotenzial, aber man muss damit vertraut sein. Ein Heilkraut ist nicht wie eine Kopfwehtablette, die sofort wirkt. Ich helfe meinen Patienten in Beziehung mit sich selbst zu treten und zu erkunden, welche Pflanze zu ihnen passt.

RB: Sie segnen die Kräuter des Klosters regelmäßig, nicht nur zur Kräuterweihe …
P. Pausch: Ich segne sie täglich! Alle Kräuter bekommen am Morgen, wenn ich durch die Gärten gehe, ein „gutes Wort“. Die Alten haben das immer gemacht, das ging aber verloren. Ich lege auf die spirituelle Ebene der Heilkräuter wert. Spiritualität ist Beziehung. Immer dort wo ich eine Beziehung schaffe, ist eine spirituelle Dimension.

RB: Sie arbeiten im Hildegardzentrum des Klosters mit Heilkräutermandalas. Wo ziehen Sie die Linie zur Esoterik?
P. Pausch: Manche Leute sagen, wenn sie meine Heilkräutermandalas sehen, „der Pater Johannes ist ein Esoteriker“. Ich erwidere mit einem Wort aus dem Evangelium: „Er redete zu ihnen in Bildern und Gleichnissen“. Damit bin ich schon wieder auf biblischem Boden! Auch die alten Ordensleute haben in ihre Bücher Kräuter gemalt, sie haben das Wesen der Pflanze erkannt. Es gibt Heilkräuter, die einen Patienten ansprechen und Heilkraft für ihn haben. Fotos helfen nicht viel, weil die Menschen keine Beziehung zu den Pflanzen mehr haben. Ich wollte daher auch das Wesen der Pflanzen erkennen, habe meditiert und gebetet. Schließlich habe ich ganz einfache Zeichen erkannt und sie als Mandalas gemalt. Psychotherapeuten haben meine Bilder Patienten vorgelegt und die haben sich immer die Mandalas der Pflanzen ausgesucht, die ihnen tatsächlich geholfen haben.

RB: Mariä Himmelfahrt und die Kräuterweihe sind immer ein großes Fest in Gut Aich.
P. Pausch: Mariä Himmelfahrt ist das Fest der „Worte Gottes“, die uns geschenkt werden. Wir feiern, dass Erde und Himmel offen sind. Vielen Kräutern sind Maria oder andere Heilige zugeordnet, denken Sie an die Mariendistel oder das Marienblümlein. Maria ist die Brücke zwischen Himmel und Erde, genauso wie die Heilpflanzen. Für uns mit unseren Kräutergärten hier ist Mariä Himmelfahrt das schönste Fest im ganzen Jahr.

Kräuterweihe in Gut Aich

Das Fest Mariä Himmelfahrt am 15. August wird im Europakloster Gut Aich in St. Gilgen am Wolfgangsee immer groß gefeiert. Um 9 Uhr treffen sich alle Gläubigen beim Kräutergarten vor dem Hildegardzentrum (Parkmöglichkeit). Von dort aus geht die Prozession mit der heiligen Madonna zum Paradieskräutergarten, wo der Gottesdienst mit der Segnung der Kräuter gefeiert wird. Im Anschluss laden die Benediktinermönche zu einem Frühschoppen ein. Covid-Hinweis: Die Einhaltung der 3-G-Regeln wird vor Ort kontrolliert!

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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