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Kirche als Brücke zu zeitgenössischer Kunst und Kultur

Die prachtvolle „Fischerkanzel“ der ehemaligen Kloster- und nunmehrigen Pfarrkirche Traunkirchen.
 | Foto: Thomas Ledl / Wikipedia Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Austria
  • Die prachtvolle „Fischerkanzel“ der ehemaligen Kloster- und nunmehrigen Pfarrkirche Traunkirchen.
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Der Stadtpfarrer von Bad Ischl, Christian Oehler, sieht Verkündigungspotential in den Begegnungen der kürzlich eröffneten Kulturhauptstadt.

Dass die katholische Kirche im Programm der Europäischen Kulturhauptstadtregion präsent ist, war dem Pfarrer seit dem Beginn der Planungen ein Anliegen. „Für mich ist eigentlich selbstverständlich, dass die Kirche, die jahrhundertelang der Kulturträger war, auch eine Brücke schlagen muss zur zeitgenössischen Kultur, weil gerade zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler aus einer großen Wahrhaftigkeit heraus arbeiten“, so der Pfarrer.

Beispielhaft verwies er auf ein „Leuchtturmprojekt“ der Europäischen Kulturhauptstadt, die Audioskulptur des Mühlviertler Künstlers Christoph Viscorsum, die von dessen Badezimmer ausgehend über einen Kirchenraum hinauf ins Tote Gebirge führt und verschiedenste Menschen befragt – etwa einen Almbauern, Kirchbesucherinnen, aber auch eine Bergsteigerin oder den Benediktiner und Buchautor Bruder David Steindl-Rast. Wer dieser Tonspur folge, auf den Berg hinauf oder unten im Tal, komme „in eine ganz eigene Beziehung wieder zur Schöpfung, zur Natur“, so Oehler.

Alles in allem bescheinigt Pfarrer Oehler dem Projekt Europäische Kulturhauptstadt ein gewisses Evangelisierungpotenzial, „das sich aus den menschlichen Begegnungen ergibt“. So habe ihm die Intendantin Elisabeth Schweeger, die sich von der Kirche entfernt habe, anvertraut, dass religiöse Fragen sie nun wieder beschäftigten und sie deshalb Formate schaffen möchte, wo das zur Sprache kommt. „Da sage ich, da ist Evangelisierung in diesem Sinn als Dialog gelungen“, so Oehler.

Auch Spannungen blieben nicht aus. So erntete Pfarrer Oehler Kritik, weil er die Eröffnungsfeier zur Europäischen Kulturhauptstadt live auf eine Leinwand in seiner Kirche übertragen ließ und bei einer dabei gezeigten Kunst-Performance nackte Menschen zu sehen waren. Oehler erinnerte in diesem Zusammenhang an die Propheten der christlichen Tradition. „Das waren immer auch Menschen, die provoziert haben, das heißt, die etwas hervorgerufen haben, eben provoziert haben, das im Untergrund gebrodelt hat und das sie sichtbar gemacht haben“, so der Geistliche.

„Wenn wir uns weiterentwickeln wollen, sowohl menschlich als auch gesellschaftlich oder kirchlich, dann braucht es diese Ehrlichkeit“, zeigte sich Oehler überzeugt. „Und wenn es dann Spannungen gibt, dann gibt es Spannungen, die – wie in der Elektrizität – eine Kraft entwickeln.“ Im Gegensatz dazu stünden destruktive Spannungen. „Von denen halte ich nichts. Und da gehe ich auch nicht darauf ein“, so der Pfarrer.

Sakralbauten ziehen im Salzkammergut in den Bann

Hier also war es. Hier saß er auf der Empore der Nikolauskirche in Bad Ischl und spielte als Hoforganist bei festlichen Anlässen des Kaiserhauses die Orgel. Gemeint ist Anton Bruckner (1824 – 1896).

Sein 200. Geburtstag deckt sich mit den Feierlichkeiten der „Europäischen Kulturhauptstadt 2024“. 23 Gemeinden der Alpenregion Bad Ischl-Salzkammergut präsentieren sich – trotz aller Unterschiede – als kulturelle Einheit.

Die Region lohnt jederzeit auch wegen ihrer vielen Kirchen einen Besuch. Da ist die mit Fresken ausdekorierte Stadtpfarrkirche Sankt Nikolaus in Bad Ischl nur eines von vielen Beispielen. Dort erstrahlt die restaurierte Orgel – ein zwölf Meter hoher Gigant mit 4.511 Pfeifen – in neuem Glanz. Zum Gemeindeverbund der Kulturhauptstadtregion zählt auch Hallstadt. An manchen Tagen besuchen 10.000 Gäste, vor allem aus Asien, den 750-Ein-wohner-Ort am Hallstättersee. Gassen, blumengeschmückte Holzhäuser und der Marktplatz mit der Dreifaltigkeitssäule setzen sich zu idyllischen Bildern zusammen.

Die katholische Pfarrkirche empfängt mit einer Kreuzigungsgruppe, wo Christus in den Gesichtszügen asketische Strenge trägt. Das Werk stammt von Leonhart Astl, der zudem den spätgotischen Flügelaltar zu Ehren Mariens schuf. Glücklichen Umständen ist es zu verdanken, dass der Altar hier erhalten blieb. In der Barockzeit wollte man ihn durch einen neuen ersetzen, doch niemand war bereit, die Kosten der Abtragung des alten zu übernehmen.

BEKRÄNZTE SCHÄDEL

Ebenfalls sehenswert sind ein zweiter Flügelaltar und der angrenzende Friedhof mit seinen Holzschnitzarbeiten. Ein Zugang führt von dort ins Beinhaus, wo etwa die Hälfte der 1.200 Totenschädel symbolisch mit Blumenkränzen bemalt ist. „Als Zeichen der Liebe“, wie es auf einem Infoblatt heißt. Die Tradition begann um 1720.

Oberhalb von Hallstatt trägt die Salzbergbahn Gäste ins Gebirge, wo sich das „Salzwelten“-Bergwerk für Besucher öffnet. Seit 7.000 Jahren floriert in der Gegend der Salzabbau. Auf dem Fußweg hinauf zum Stollenlabyrinth erinnert eine Kapelle an die heilige Barbara, die Patronin der Bergleute. Dargestellt ist sie in einem leuchtroten Gewand.

500 VERANSTALTUNGEN

Die Kulturhauptstadtregion erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 110 mal 50 Kilometern. Über das Jahr verteilt wird es dort rund 500 Veranstaltungen in den Gemeinden geben, darunter in Bad Goisern, wo sich das Handwerkhaus mit Workshops und Ateliertagen öffnet. In der Nähe liegt die Martinskirche mit sehenswerten Buntglasfenstern und einer Schmerzensmutter. Die Fassade der örtlichen Seifensiederei ziert ein Gemälde, das die Verkündigung Mariens zeigt. Dort erklärt Seifenmacherin Karina Wimmer die historische Manufaktur. Sie selber stellt in ihrer Werkstatt hautschonende Soleseifen her.

Die Fahrt durch die Region führt weiter an den Traunsee, wo im neuen Kunstquartier Stadtgarten der Keramikstadt Gmunden zwischen April und November drei Keramikkunst-Ausstellungen steigen. Wer am See nach Sakralbauten Ausschau hält, darf Traunkirchen nicht verpassen.

Hoch über den Ufern thront die Johannesbergkapelle. Doch der eigentliche Höhepunkt ist die Pfarrkirche, um die sich ein Friedhof mit schmiedeeisernen Grabkreuzen zieht.

Sein heutiges Erscheinungsbild verdankt das Gotteshaus den Jesuiten, das sie im 17. Jahrhundert nach verheerenden Feuersbrünsten als dreischiffige Säulenhalle errichten ließen. Einzigartig im Innern ist die spätbarocke „Fischerkanzel“, 1753 von einem anonym gebliebenen Künstler geschnitzt. Sie stellt das Wunder des reichen Fischfangs dar. Jakobus und sein Bruder Johannes ziehen das prall gefüllte Netz ins Boot. Darüber empfängt Petrus den Auftrag des Heilands, Menschenfischer zu werden. Allein das Meisterwerk der „Fischerkanzel“ ist schon ein guter Grund für eine Reise ins Salzkammergut.

KAP / RED

Autor:

martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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