Sr. Elfriede Ettl
„Das Entsetzen war zuweilen groß“

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„Zeitreise“ nennt sich eine Schau über das Schaffen der Ordensfrau Sr. Elfriede Ettl in der Rathaus-Galerie in Eisenstadt. Die Kunststudentin Lucia Reisner hat die Ausstellung kuratiert – im martinus schildert sie ihre Erkenntnisse. Die malende Klosterschwester prägte die burgenländische Kunstszene und war (entgegen ihres Rufs) durchaus wandelbar – nicht immer zur Freude ihrer Fans.
 
GERALD GOSSMANN

Wer an die malende Klosterschwester Elfriede Ettl (1914 – 2003) denkt, sieht sofort farbenprächtige Aquarelle burgenländischer Landschaften und Menschen. Doch die Ordensfrau war wandelbarer als ihr Ruf. Über ihr breites Schaffen hat die Eisenstädter Kunststudentin Lucia Reisner (Kuratorin der Ausstellung) eine Masterarbeit geschrieben. Im martinus-Gespräch erzählt sie von der Hinwendung der Klosterfrau zum Fotorealismus, zu Akten und abstrakten Bildern.

Als 19-jähriges Mädchen trat Elfriede Ettl dem Orden der Schwestern vom Göttlichen Erlöser bei. Die gebürtige Frauenkirchnerin unterrichtete später als Lehrerin im Theresianum Eisenstadt. Als während der NS-Zeit Ordensschulen schließen mussten, wurde ihr zugleich ihr Herzenswunsch unterersagt: ein Kunststudium in Wien. Später konnte sie dieses in Budapest nachholen. Ettl betrachtete in ihrer Malerei die Schönheiten des Burgenlandes. Dieser Zugang machte sie vor allem in ihrer Heimat populär. Vieles mag auf den ersten Blick bieder und brav erscheinen – doch die ehrgeizige Frau bildete sich weiter und nahm an den Sommerakademien des berühmten Malers Oskar Kokoschka teil. Ihre Aquarelle seien danach schwungvoller geworden, heißt es.

Entsetzen.
Die Ausstellung in der Rathaus-Galerie zeigt nun ihr breites Schaffen, von den ersten Werken bishin zu ihren Experimenten der 1970er-Jahre, als sie den Fotorealismus für sich entdeckte und den Makel der Perfektion vorzog. „Wir haben versucht, ihre Stil-Entwicklung zu zeigen“, berichtet Kuratorin Reisner. „Ihre frühen Bilder haben wenig mit ihren späteren Werken gemein.“ Einmal sei Sr. Ettl in Eisenstadt herumspaziert und habe dabei das heruntergefallene Ziffernblatt der Turmuhr von Kleinhöflein entdeckt. „Sie wollte das so wirklichkeitsgetreu wie möglich malen. Dieses verrostete, verbogene Ziffernblatt mit seinen Macken und Kanten.“ Ein zerbrochenes Fenster folgte oder ein durchgetanzter Ballett-Schuh. Auch ihren Glauben ließ sie zuweilen stark einfließen. „Sie hatte irdische Zyklen, in denen sie die Architektur in den Vordergrund stellte. Dann aber malte sie auch sehr glaubensorientiert. Bei ihren Spaziergängen hat sie Ausschau gehalten, wo ihr der Glaube im Alltag begegnet“, erzählt Reisner. „Sie versuchte eine Mischung zwischen dem irdischen und dem überirdischen zu zeigen.“ Einmal widmete sie sich im Zyklus „Sonnengesang“ Texten von Franz von Assisi. „Das ist ein sehr glaubensorientierter und abstrakter Zyklus, der viel Interpretation benötigt.“ Doch ihre Fans schätzten zu komplizierte Zugänge oder den Fokus aufs Unperfekte nicht. „Das Entsetzen war zuweilen groß“, berichtet Reisner, „viele konnten damit nicht umgehen.“ Zwar sei Sr. Elfriede Ettl oft dem Vorwurf ausgesetzt gewesen, sich in ihren pittoresken Aquarellen zu wiederholen, doch ihre Anhänger forderten diesen Zugang vehement ein. „Sie war in dieser Art zu malen einzigartig im Burgenland“, beschreibt Reisner. „Sr. Elfriede hat Landschaften und Menschengruppen festgehalten, die für diese Zeit typisch waren aber heute vom Aussterben bedroht sind.“ Die große österreichweite Bekanntheit blieb der Ordensfrau verwehrt. „Sie war hauptberuflich Ordensschwester und Kunstpädagoin – Sr. Elfriede hätte sich nur auf ihre Kunst konzentrieren müssen, um das zu schaffen“, erklärt Reisner. „Sie hat sich dann oft auf schnelle Arbeiten konzentriert.“ Was der Ordensfrau gelungen ist: Sie zählt noch heute, beinahe zwanzig Jahre nach ihrem Tod, zu den bekanntesten Künstlerinnen des Burgenlandes.

„Zeitreise“. Die Rathaus-Galerie in Eisenstadt (Hauptstraße 35) zeigt die Werkschau der Ordensfrau Sr. Elfriede Ettl noch bis 3. Juni zu den Öffnungszeiten, Eintritt: frei.

Autor:

Martina Mihaljević aus Burgenland | martinus

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