GEIST_REICH
Allerheiligster Familientratsch

Karl-Richard Essmann (Mitte) und Pfarrer Michael Wolfgang Brien im Kreis der Fans und Zuhörer. | Foto: Barbara Buchinger
  • Karl-Richard Essmann (Mitte) und Pfarrer Michael Wolfgang Brien im Kreis der Fans und Zuhörer.
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Gerüchte und Wahrheiten über die Familie Jesu.

Der Theologe und Volksbildner Karl-Richard Essmann hielt in Piringsdorf einen Vortrag. Martinus_ dokumentiert die Gedanken des beliebten Redners.

Die Person Jesu fasziniert die Menschheit schon seit 2000 Jahren, und Fragen nach seinem historischen Leben kommen nicht zur Ruhe. Alles, was wir von Jesus und über ihn wissen, wissen wir aus dem Neuen Testament. Aber auf so manche Fragen gibt es keine scheinbar ausreichende Antwort. Fragen, ob Jesus verheiratet war, ob er Brüder und Schwestern hatte – und: Wie stand Maria Magdalena wirklich zu ihm?

Oft wird gleich die Antwort mitgeliefert: Jesus war verheiratet, Maria Magdalena war seine Geliebte und spätere Ehefrau und Kinder hatten sie auch …

Wie soll Kirche, wie soll Theologie auf solche Aussagen reagieren? Vielleicht gilt hier das Wort aus dem 2. Timotheusbrief, „denn es wird die Zeit kommen, wo man die gesunde Lehre nicht erträgt ….und man wird der Wahrheit nicht mehr Gehör schenken, sondern sich den Fabeleien zuwenden.“

Solch eine Fabelei ist die Erzählung, Jesus sei verheiratet gewesen. In allen Texten des Neuen Testaments kommt nicht an einer einzigen Stelle die Erwähnung einer Ehefrau von Jesus vor. Mehr Informationen über den historischen Jesus haben wir nicht. Aber die unüberbietbare Bedeutung Jesu für den christlichen Glauben liegt ja nicht darin, dass er unverheiratet war, sondern dass er uns durch seine Auferstehung ein Leben in Ewigkeit ermöglicht hat. Ob Jesus verheiratet oder unverheiratet war, spielt für den Glauben keine Rolle.

KEINE VERPFLICHTUNG ZUR EHE
In der Geschichte des Judentums wird die Ehe grundsätzlich positiv bewertet. Es war damals wesentlich verständlicher, verheiratet zu sein, als unverheiratet. Aber eine Verpflichtung zur Ehe gab es nicht. Schon die Propheten Elia und Jeremia galten als unverheiratet. Die meisten Apostel waren verheiratet, Apostel Paulus war es nicht. Es wurde ihm weder zum Vorteil noch zum Nachteil. Wenn Jesus nicht als verheiratet geschildert wird, dann deshalb, weil er es nicht war. Dass man versucht, Maria Magdalena ein eheliches Verhältnis mit Jesus nachzusagen, ist vielleicht deshalb naheliegend, weil Maria Magdalena eine bedeutende Rolle in der Urgemeinde hatte. Und sie war unverheiratet. Umso eindeutiger ist aber dann der Bericht zu verstehen, dass sie am ersten Morgen nach dem Tode Jesu zum Grab eilte, um dort ihren Meister (Rabbi) würdig zu begraben und nicht ihren Mann.

„Die apokryphen Schriften sind eine religiöse Erbauungs- und Unterhaltungsliteratur.“

KARL-RICHARD ESSMANN

FANTASIEVOLLER LÜCKENSCHLUSS
Eine Vermutung, wie man zu dieser Annahme kommen kann, liegt in Texten, die ab dem 2. Jahrhundert nach Christus geschrieben worden sind. Da die Evangelien ja manche Fragen unbeantwortet ließen, hat man durch spätere Erzählungen versucht, einige Lücken zu schließen. Diese Texte nennt man „apokryphe“ (verborgene, geheime) Schriften. Sie sind im Wesentlichen eine religiöse Erbauungs- und Unterhaltungsliteratur zur Stärkung des Glaubens. Viele Maler ab dem Mittelalter haben häufig aus dieser Literatur geschöpft.

So sind zum Beispiel Ochs und Esel bei der Krippe nicht biblisch, aber trotzdem in allen Krippen zu finden. Auch die Erzählung der Befreiung Adams und Evas aus der Hölle nach der Auferstehung Jesu hat viele Künstler inspiriert. In der Bibel gibt es diese Erzählung nicht.

In den apokryphen Texten findet sich auch eine größere Nähe Maria Magdalenas zu Jesus. Aber historisch ist das nicht belegt. Was den christlichen Glauben prägt, ist in der Sammlung, dem „Kanon“ der 27 Bücher des Neuen Testaments niedergeschrieben. Dass dabei manche später aufkommende Fragen unbeantwortet bleiben, mag schmerzen. Sie können zwar die Fantasie anregen, aber sie werden nie zu Glaubensinhalten.

Es hat sich einmal ein „Gläubiger“ mit einem „Ungläubigen“ unterhalten.

Und der eine hat den anderen gefragt:

Ungläubiger: Also du glaubst an diesen Jesus von Nazareth?
Gläubiger: Ja, an den glaube ich.
Ungläubiger: Dann sag mir, wann ist dieser Jesus genau geboren?
Gläubiger: Das weiß ich nicht.
Ungläubiger: Und wie viele Geschwister hatte Jesus?
Gläubiger: Das weiß ich nicht.
Ungläubiger: Und war Jesus verheiratet?
Gläubiger: Das weiß ich nicht.
Ungläubiger: Und hatte er Kinder gehabt?
Gläubiger: Das weiß ich nicht.
Ungläubiger: Du weißt ja sehr wenig von einem, von dem du sagst, dass du an ihn glaubst.
Gläubiger: Du hast recht, ich weiß längst nicht alles über ihn. Das ist schade. Aber eines weiß ich. Dass ich ihn liebe. Er hat meinem Leben einen Sinn gegeben, einen Halt, eine Tiefe. Er hat meinem Leben seine Banalität genommen. Ohne ihn wäre mein Leben unendlich ärmer. Für die Welt ist er vielleicht irgendwer, für mich ist er die ganze Welt. Das alles weiß ich von diesem Jesus aus Nazareth. Und deshalb liebe ich ihn.

Autor:

martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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