Peter Habelers Nahtoderlebnis
„Es war ein unglaublich starkes Licht“

Peter Habeler auf dem Gipfel des Nangat Parbat (8.125 Meter Seehöhe). | Foto: Archiv Peter Habeler
  • Peter Habeler auf dem Gipfel des Nangat Parbat (8.125 Meter Seehöhe).
  • Foto: Archiv Peter Habeler
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Habeler, 1942 in Mayrhofen geboren, entdeckte schon in jungen Jahren seine Begeisterung fürs Bergsteigen. Er erklomm die Berge rund um sein Heimatdorf, bereits im Alter von nur 23 Jahren war er ausgebildeter Berg- und Skiführer. Darauf folgte eine schier unglaubliche Serie an Expeditionen und Erstbegehungen. Was wenige wissen: Zu dieser Zeit schloss Peter Habeler auch eine Ausbildung als Glasmaler in der Glasmalerei Kramsach ab. Als Künstler gefühlt habe er sich jedoch nie, meint er.

Am Wochenende in der Wand. Schon als Jugendlicher war der heute 80-Jährige von der Kletterei besessen. Die Wochenenden nützte er, um mit seinen Schulkolleg/innen die Kletterwände der Umgebung zu erkunden. Je älter Peter wurde, desto schwerer wurden seine Touren. Allmählich kletterte Habeler mit seinen Seilpartnern in allen Schwierigkeitsstufen. Schnell ging es in der Karriere des Ausnahmesportlers bergauf – auch beruflich. So leitete er zwischen 1972 und 1978 die österreichische Bergführerausbildung.

Mount Everest. 1975 gelang Habeler zusammen mit Reinhold Messner erstmals die Besteigung eines Achttausenders im Alpinstil – ohne Fremdhilfe, ohne Sauerstoff, ohne vorher präparierte Route, erreichten sie den Hidden Peak (8080m). Was schon damals kaum machbar schien, sollte nun auch am höchsten Berg der Erde, dem Mount Everest, gelingen. Im April 1978 war es soweit. Peter Habeler und Reinhold Messner starteten vom Basislager ins Lager 1, um den Gipfelsturm zu versuchen. Was folgte, waren viele eiskalte Nächte und wiederholtes Auf- und Absteigen. Sogar die Sardinen in der Dose waren gefroren.
Am 8. Mai ging es vom Südsattel auf 7900 Metern hinauf auf das Dach der Welt. „Ich schaltete völlig ab und dachte nur noch an die nächsten fünf Meter vor mir,“ erinnert sich Peter Habeler.
Viele Bergsteiger und Alpinisten warnten, hielten eine Besteigung ohne zusätzlichen Sauerstoff für zu riskant. Schäden im Gehirn könnten entstehen, da der Sauerstoffdruck so niedrig sei. „Die Luft wurde knapper und knapper. Ich war nahe am Ersticken.“ Dieser Satz von Peter Habeler verdeutlicht den unbeugsamen Willen, der notwendig ist, um eine Expedition wie diese durchzuführen.

Körperlich am Ende. Körperlich am Ende, erreichten Reinhold Messner und Peter
Habeler als erste Menschen ohne künstlichen Sauerstoff den Gipfel. Nach kurzem Aufenthalt ging es wieder nach unten. Peter Habeler rutschte auf dem Hosenboden und war nach nur einer Stunde wieder am Südsattel angekommen. Reinhold Messner erlitt durch mehrfaches Abnehmen seiner Schutzbrille eine Bindehautentzündung. Trotz allem kehrten die beiden am 9. Mai wohlbehalten ins Basislager zurück. Die folgenden Jahre konzentrierte sich Habeler auf seine Familie und den Auf- und Ausbau seiner
Alpin- und Skischule.

Dem Tod ins Auge gesehen. „Da war ich sicher schon ein bisserl drüben“, sagt Peter Habeler über seine Nahtod-Erfahrung am 8167 Meter hohen Dhaulagiri. Mit einer starken Lungenentzündung lag Peter Habeler mit seinem Partner Michl Dacher auf 4400 Metern Höhe. Abends, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, entschied sich Habeler, in das Basislager abzusteigen, um medizinische Betreuung in Anspruch nehmen zu können. Die falsche Entscheidung. Während des Abstiegs ging die Stirnlampe Habelers kaputt. Im strömenden Regen setzte sich Peter Habeler unter einen kleinen Felsvorsprung. Ein paar Stunden später fing es an zu schneien, nun begannen der durchnässte Schlafsack und die Kleidung zu frieren. So auch Peter Habeler. „Ich muss eingeschlafen sein, denn plötzlich sah ich den Tunnel vor mir. Diesen dunklen Tunnel mit einem wunderschönen, hell erleuchteten, strahlenden Ausgang. Mir war warm und angenehm, ich fühlte mich unglaublich wohl.“
Peter Habeler wachte wieder auf. Am nächsten Morgen konnte er ins Basislager einer tschechischen Expedition absteigen. Dort erwarteten ihn Ärzte und Medikamente.
Habeler war gerettet.

David Rosenkranz

Nahtod-Erfahrung
Sie hatten eine Nahtod-Erfahrung am Dhaulagiri, wie blicken Sie heute darauf zurück?
Peter Habeler: Die Nah-Tod-Erfahrung war ungemein warm und vor allem sehr hell. Ich fühlte mich einfach geborgen. Es war ein unglaublich starkes Licht, das ich wahrgenommen habe. Ich bin aber dann sofort wieder erwacht und in das Lager der Tschechen abgestiegen.
In Ihrer Autobiografie schreiben Sie von großer Angst am Mount Everest. Warum war für Sie diese Situation derart prägend?
Habeler: Bei der Expedition 1978 war ich öfters eher ängstlich – auch zaghaft. Wenn Reinhold Messner mich nicht motiviert hätte, wäre ich sicher nicht zum Gipfel gekommen.
Im Übrigen habe ich mich bei großen Expeditionen eher unwohl gefühlt, meine stärksten Momente erlebte ich immer in kleinen Teams – am besten mit nur einem Partner. Zum Beispiel am Nanga Parbat mit Michl Dacher oder am Kangchendzönga mit Martin Zabaleta und Carlos Bühler.
In kleinen Teams ist es immer einfacher sich zu fokussieren….
Warum gehen Menschen so ein hohes Risiko ein, um einen Berg zu besteigen?
Habeler: Ich habe bereits als Zehnähriger mit dem Bergsteigen begonnen und hatte ganz tolle Lehrer. Dazu kam ungemein viel Freude an den Bergen. Mir schien das Risiko eher gering zu sein. Zudem war ich noch mit Reinhold
Messner unterwegs, mit ihm gab es kein „unmöglich“.
Sie sind inzwischen 80 Jahre alt. Was heißt Altwerden für Sie?
Habeler: Ich freue mich mit 80 Jahren noch über meine, glaube ich zumindest, sehr gute Kondition. Ich klettere auch noch sehr viel, bin öfters auch mit jungen Leuten unterwegs und im Übrigen kümmert mich das Älterwerden eigentlich gar nicht.
Interview: David Rosenkranz

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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