Eine Einsiedelei in Innsbruck
Ein schlichtes Prunkstück

Manfred Massani –  Archivar, Bibliothekar und leidenschaftlicher Koch – in seinem LIeblingsraum der Einsiedelei: Die mit Schieferplatten ausgekleidete Küche. Rußspuren im Kamin zeugen davon, dass hier tatsächlich gekocht wurde.
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  • Manfred Massani – Archivar, Bibliothekar und leidenschaftlicher Koch – in seinem LIeblingsraum der Einsiedelei: Die mit Schieferplatten ausgekleidete Küche. Rußspuren im Kamin zeugen davon, dass hier tatsächlich gekocht wurde.
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Wie in einer Höhle aus Tuffstein und Schiefer fühlt man sich in der Eremitage des Kapuzinerklosters in Innsbruck. Das einzigartige Ensemble von 11 Räumen hat sich Erzherzog Maximilian III. um 1615 als Rückzugsort erbauen lassen. Ein Lokalaugenschein mit Manfred Massani, der als Bibliothekar und Archivar des Klosters auch Führungen im ältesten Kapuzinerkloster Österreichs anbietet.

Der Weg zur Einsiedelei führt nördlich der Kapuzinerkirche über eine enge Treppe hinauf. „Bis in die 60er-Jahre war die Einsiedelei nur über eine Leiter erreichbar“, weiß Manfred Massani. Ganz anders im Jahre 1595: Denn die Gründerin des Kapuzinerklosters, Erzherzogin Anna Katharina von Gonzaga-Mantua, ließ sich einen hölzernen Übgergang von der Hofburg ins Kapuzinerkloster bauen, wo sie sich eine eigene Betkammer eingerichtet hatte. Das war 20 Jahre vor der Errichtung der Einsiedelei, die östlich an die Betkammer anschließt und nach Plänen von Erzherzog Maximilian III, dem Deutschmeister, gebaut wurde. „Maximilian wollte einen stillen Ort für sich schaffen, in den er sich bei seinen Aufenthalten in Innsbruck zurückziehen konnte“, so Massani. Viel hatte Maximilian nicht von seiner Eremitage, der bereits drei Jahre nach der Errichtung der Eremitage starb. Aber seine Einsiedelei zählt zum Eigentümlichsten, was das Kloster der Kapuziner in Innsbruck zu bieten hat.

Kachelofen und Holz

Da sich der Erzherzog offenbar nicht ganz von seinen Verpflichtungen befreien konnte, ist der erste Raum der Einsiedelei ein Empfangszimmer, ausgestattet mit der Original-Täfelung und einem Renaissancetisch, den das Volkskunstmuseum zur Verfügung stellt. Markant ist der Kachelofen, der vor rund 40 Jahren rekonstruiert wurde und mit Kacheln aus dem Volkskunstmuseum bestückt ist. Weiter geht es in ein ebenfalls getäfeltes Arbeitszimmer. Die Einrichtungsgegenstände – ein Tisch, ein zusammenklappbarer Stuhl, auf dem Tisch Hammer, Aspergill und Tintenfässer – wurden von Maximilian selbst gedrechselt.

Tuffstein und Schiefer

Alle weiteren Räume machen dann klar, was die Einsiedelei so besonders macht. „Hier hat man den Eindruck, in einer Höhle zu sein“, meint Manfred Massani und weist auf die vollständige Auskleidung der Räume mit Schiefer und Tuffstein hin, abgebaut in der Umgebung von Innsbruck. Ein Betzimmer, eine Küche, ein Schlafzimmer und ein Raum mit Sichtfenster zum Gebetschor des Klosters. „Hier konnte Maximilien an den Gebetsfeiern teilnehmen“, erklärt Massani. Von der Einsiedelei führte früher eine Tür hinaus in den sogenannten „Maximilian-Garten“, wo der Adelige Blumen und Kräuter pflegen konnte.

Sehenswürdigkeit

Dafür, dass die Einsiedelei mehr als 400 Jahre alt ist, wurde sie insgesamt nur selten benutzt, weiß Manfred Massani. Denn vom Bau der Einsiedelei bis zu seinem Tod hielt sich Maximilian nur sieben Monate in Innsbruck auf. Später haben Kaiser Leopold I. und Kaiserin Maria Theresia die Eremitage zwar besucht, aber nicht bewohnt. Trotzdem verbreitete sich sehr rasch die Kunde von der einzigartigen Sehenswürdigkeit im Innsbrucker Kapuzinerkloster, die auch die Aufhebung durch Josef II. und die beiden Weltkriege unbeschadet überstanden hat. Führungen. Vor kurzem wurde die Einsiedelei von den Sicherungsmaßnahmen befreit, die aufgrund einer angrenzenden Baustelle nötig waren. Somit bietet sich wieder die einmalige Möglichkeit, sich von Manfred Massani durch die Einsiedelei, aber auch durch die Bibliothek des Kapuzinerklosters führen zu lassen.

Einblick ins Kloster der Kapuziner

Erzherzogin Anna Katharina (Bild links) war treibende Kraft hinter der
Errichtung des Innsbrucker Kapuzinerklosters 1593/94. Die Betkammer war für sie ein Rückzugsort, den sie unerkannt über den Holzsteg erreichen konnte. Heute setzen Guardian Br. Joly und Bibliothekar Manfred Massani auf Öffnung und gewähren Einblick in die Kostbarkeiten des Klosters. Dazu zählen neben der Einsiedelei vor allem die Bibliothek mit kostbaren Inkunabeln aus dem Mittelalter und das Kapuzinermuseum. Führungen – vorzugsweise in kleinen Gruppen – sind jederzeit möglich.
Kontakt: Manfred Massani, Tel. 0512/584914-27; manfred.massani@kapuziner.at

Autor:

Walter Hölbling aus Tirol | TIROLER Sonntag

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