Das Schauspiel „Plastik" im Tiroler Landestheater
Aus den Fugen

Foto: Tiroler Landestheater

Ulrike und Michael sind seit Jahren miteinander verheiratet und beruflich erfolgreich. Er als Arzt, sie als Assistentin eines berühmten Künstlers. Aber der Erfolg hat Risse. Sie können nicht mehr miteinander reden, schreien sich nur noch an. Und dann ist da noch Vincent, ihr gemeinsamer Sohn, der Probleme macht – nicht nur in der Schule. Ulrike und Michael kommen auf eine rettende Idee: Sie heuern eine Putzfrau an, damit mehr Zeit bleibt für das Miteinander. Doch die Rettung bleibt aus, ja es scheint alles nur noch schlimmer zu werden. Denn langsam erweitert sich der Verantwortungsbereich der Putzfrau: Allmählich sind nicht mehr nur Böden zu reinigen sondern auch Seelen.
Für Wirbel sorgt auch Serge, jener Künstler, der sein Leben und seine Beziehungen als Kunstwerk definiert – also auch jene zu Michael und zu Michaels Ehefrau, seiner Assistentin. Ehe und Familie dienen als Projektionsfläche für seine künstlerischen Ambitionen. Bald bleibt kein Stein mehr auf dem anderen in dieser kleinbürgerlich-kapitalistischen Welt, die sich unkonventionell und frei gebärdet. Das Schauspiel von Marius von Mayenburg zelebriert Umgangsformen, hinter denen sich Abgründe an Seelenlosigkeit und Leere auftun.
Was „Plastik“ so sehenswert macht, ist, dass nicht die Lust am Zerstörerischen das letzte Wort hat. In allen Irrungen und Verwirrungen tritt immer wieder eine Sehnsucht nach Bleibendem hervor. Quälend steigt die Sinnfrage auf. Doch alle Antworten scheinen sich zu verflüchtigen, ehe sie sich im Leben zu verankern vermögen. Dass das Stück nicht zur Moralanstalt verkommt, dafür sorgen der Sprachwitz und die grotesken Handlungsstränge. Eindrucksvoll aufspielend die DarstellerInnen – allen voran Jan-Hinnerk Arnke in der Rolle des Künstlers.
Dass dieses Stück in den Kammerspielen als Österreichische Erstaufführung zu sehen ist, beweist die gute Hand des Teams von Schauspieldirektor Thomas Krauß bei der Programmgestaltung.

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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