Serbische Orthodoxie: staatliche Anerkennung

Kardinal Christoph Schönborn (li.) empfing den Belgrader Patriarchen Porfirije (re.).  | Foto: Franz Josef Rupprecht
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122.000 serbische Staatsbürger leben in Österreich. Zusammen mit den eingebürgerten Serben sowie ihren Nachkommen zählt die serbisch-orthodoxe Diözese in unserem Heimatland etwa 350.000 Gläubige.
Vor kurzem besuchte der Patriarch von Belgrad, Porfirije, seine Herde in Wien und in Linz. Metropolit – also Diözesanbischof – der serbisch-orthodoxen Gläubigen in Österreich ist Andrej Ćilerdžić.

Der serbisch-orthodoxe Patriarch Porfirije traf in Wien mit Kultusministerin Susanne Raab und Vertreterinnen und Vertretern des Nationalrats zusammen. Bei diesen politischen Gesprächen kam der Wunsch zur Sprache, dass die serbischorthodoxe Diözese von Österreich staatlich anerkannt werde, wie dies auch bei der griechisch-orthodoxen und russischorthodoxen Kirche im Land der Fall ist. Ćilerdžić sagte gegenüber der Agentur Kathpress mit Verweis auf Signale aus dem Kultusamt, es gehe in dieser Frage auch in die richtige Richtung, noch gebe es allerdings keine endgültige positive Entscheidung. Er würde sich zudem auch noch mehr staatliche Unterstützung für die Menschen in Österreich mit serbischen Wurzeln wünschen, so Bischof Andrej – sei es im kirchlichen Bereich, im Bildungs- oder im Kulturbereich. Freilich wisse er, dass man den Status der Serben im Land nicht mit jener der staatlich anerkannten Volksgruppen vergleichen könne. Trotzdem könne er sich etwa vorstellen, dass man in Wien eine serbische Schule eröffnet, in der die Kinder auch zum Teil in Serbisch unterrichtet werden und zusätzlich ihre eigenen Kulturen und Traditionen vermittelt bekommen. Beheimatung und Integration in Österreich und zugleich die Bewahrung und Vertiefung der serbischen – kulturellen wie kirchlichen – Traditionen seien kein Widerspruch, zeigte sich der Bischof überzeugt.

SCHMERZLICHE WUNDE
Bischof Andrej nahm im Gespräch auch zu den innerorthodoxen Konflikten Stellung, die im weitgehenden Abbruch der Gemeinschaft zwischen dem Patriarchat von Moskau und dem Patriarchat von Konstantinopel gipfelten. Das sei eine schmerzliche Wunde, so der Bischof, die schnellstmöglich geheilt werden müsse. Die serbischorthodoxe Kirche habe stets die Position vertreten, dass man die Verleihung der Unabhängigkeit an die Orthodoxe Kirche der Ukraine durch Patriarch Bartholomaios nicht gutheißen könne. Den innerukrainischen Kirchenkonflikt hätte man anders lösen müssen. Zugleich habe man aber auch nicht den Schritt Moskaus mitvollzogen, die eucharistische Gemeinschaft mit Konstantinopel aufzukündigen. Er hoffe sehr, so Bischof Andrej, dass es Patriarch Porfirije gelingen werde, zwischen Moskau und Konstantinopel zu vermitteln. Andrej Ćilerdžić ist bis heute der einzige serbisch-orthodoxe Bischof, der sich dezidiert gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgesprochen und diesen verurteilt hat. Freilich verurteile er beispielsweise genauso die Angriffe der NATO auf Serbien im Jahr 1999, so der Bischof.

SORGE WEGEN KOSOVO
Die Kirchen dürften Konflikte jedenfalls nicht befeuern und sich auch nicht für gewalttätige Ziele instrumentalisieren lassen. Sie müssten sich stets für Frieden und Versöhnung einsetzen. Das gelte auch für den Kosovo, hielt der Bischof weiter fest. Die aktuelle Situation, wo es wieder zu heftigen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Serben und Kosovo-Albanern im Nordkosovo gekommen war, bereiteten dem Bischof große Sorgen. Die Schuld für die jüngsten Ausschreitungen sah Ćilerdžić allerdings bei der aktuellen Regierung von Ministerpräsident Albin Kurti. Für die serbische Minderheit im „sogenannten“ Kosovo, wie es der Bischof wörtlich formulierte, werde die Lage immer schwieriger, um zu ihren Rechten zu kommen. Der Kosovo sei die Wiege des serbischen Volkes, betonte der Bischof. Zugleich hege er auch Hochachtung vor dem albanischen Volk. Er verwies auf entsprechende Botschaften von Patriarch Porfirije, wonach im Kosovo Platz für Serben und Albaner sein müsse.

Andrej Ćilerdžić, Bischof der serbisch-orthodoxen Kirche.  | Foto: kathpress / Paul Wuthe
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UMFANGREICHES BESUCHSPROGRAMM
Patriarch Porfirije konnte bei seinem Besuch mit der serbischen Kirchengemeinde von Wien zusammentreffen. Nach den politischen Gesprächen wurde der Patriarch zu einer privaten Unterredung mit Kardinal Christoph Schönborn im Erzbischöflichen Palais erwartet. Im Anschluss fand im Palais ein Empfang durch die Stiftung Pro Oriente und die Erzdiözese Wien statt, bei der Patriarch Porfirije in einem ausführlichen Grußwort zur Lage der serbischorthodoxen Kirche Stellung bezog. In seinem Vortrag kam der Patriarch auch auf die serbisch-orthodoxe Gedenkkapelle auf dem Soldatenfriedhof in Mauthausen zu sprechen, die er am folgenden Tag einweihen wollte. Diese Kapelle sei ein „Symbol des Friedens“, sagte der Patriarch. Er wolle in diesem Zusammenhang auch seine Dankbarkeit für die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der römisch-katholischen Kirche und der serbisch-orthodoxen Kirche in Österreich zum Ausdruck bringen. „Freundlichkeit und Herzlichkeit sind sowohl unter den Bischöfen und Klerikern als auch auf der Ebene der kirchlichen Gemeinschaften spürbar.“ Sein Besuch und die Begegnungen böten eine einzigartige Gelegenheit, „die Beziehungen und die Zusammenarbeit der beiden Kirchen in Österreich weiter zu festigen“.

FELDMESSE UND HÖCHSTER ORDEN
Der Eucharistiefeier auf dem Soldatenfriedhof von Mauthausen zur Einweihung der neuen serbisch-orthodoxen Kapelle standen der Patriarch und mehr als zehn orthodoxe Bischöfe vor. Am letzten Tag seines Besuches (Sonntag, 11. Juni) stand schließlich ein festlicher Gottesdienst in Wien auf dem Programm. Aus Platzgründen wurde die Liturgie nicht in der neuen serbisch-orthodoxen Kirche „Am Schöpfwerk“ im zwölften Bezirk gefeiert, sondern vor der Kirche im Freien. Am Sonntagabend fand ein festlicher Empfang im Belvedere statt, bei dem Patriarch Porfirije Kardinal Schönborn mit dem höchsten Orden der serbisch-orthodoxen Kirche auszeichnete: mit dem „Orden des Hl. Sava 1. Ranges“.

GRÖSSTE ORTHODOXE KIRCHE IM LAND
Die serbisch-orthodoxe Kirche ist die zahlenmäßig größte orthodoxe Kirche in Österreich. Ihr gehören bis zu 350.000 Gläubige an. Die Zahl kann nicht genauer gefasst werden, weil es in den orthodoxen Kirchen – im Gegensatz zur katholischen – keine Aufzeichnung der Mitglieder in Matrikenbüchern gibt. Die rund 25 Pfarrgemeinden verteilen sich über das ganze Land. Bischof Andrej Ćilerdžić ist seit 2014 im Amt. Er ist 1961 in Osnabrück geboren. Ihm stehen für die Seelsorge in Österreich 30 Priester zur Verfügung. Bischof Andrej hat seinen Amtssitz in Wien. Zu seinem Kirchensprengel gehören allerdings auch die Schweiz, Italien und Malta.

FJR

Kardinal Christoph Schönborn (li.) empfing den Belgrader Patriarchen Porfirije (re.).  | Foto: Franz Josef Rupprecht
Andrej Ćilerdžić, Bischof der serbisch-orthodoxen Kirche.  | Foto: kathpress / Paul Wuthe
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martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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