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Flüchtlinge sind „keine Invasoren“

Papst Franziskus hinterlässt in Marseille herausfordernde Botschaften. 
 | Foto: Daniel Cole/AP/picturedesk.com
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Auch in Frankreich hat die katholische Kirche an Kraft verloren. Papst Franziskus nutzte seine Reise nach Marseille für ermutigende Worte. Das Hauptthema seines Besuchs war aber die Migration.

MIGRATIONSKRISE
Mit einer großen Freiluftmesse im Fußballstadion von Marseille ist am Samstagnachmittag die Reise von Papst Franziskus nach Südfrankreich zu Ende gegangen. Rund 50.000 Menschen waren versammelt. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ließ es sich nicht nehmen, dabei zu sein – trotz kritischer Stimmen.

Wie schon beim Treffen mit Seelsorgern am Vortag beschwor der Papst in seiner Predigt die in einer schweren Krise dümpelnde katholische Kirche des Landes, sich auf ihren Kern im Glauben zu besinnen – ohne in Selbstbezogenheit zu verfallen. Beinahe poetisch formulierte er: „Wir wollen Christen sein, die Gott im Gebet und ihren Brüdern und Schwestern in Liebe begegnen; Christen, die Freudensprünge machen, die beben, die das Feuer des Geistes aufnehmen und sich dann von den Fragen von heute verzehren lassen, von den Herausforderungen des Mittelmeerraums, vom Schrei der Armen, von den ‚heiligen Utopien‘ der Geschwisterlichkeit und des Friedens.“

Damit streifte er ein letztes Mal das andere wichtige Thema seines knapp zweitägigen Besuchs in der Hafenmetropole: die Migration. Durch die Zuspitzung der Lage auf der Insel Lampedusa und an der italienischfranzösischen Grenze war die Aufmerksamkeit für seine Worte besonders groß. Franziskus nutzte das für aufrüttelnde Botschaften, die sich über Marseille hinaus an ganz Frankreich und an Europa richteten. In zwei seiner vier Reden war die Migration das zentrale Thema. Beim „Mittelmeer-Treffen“ am Samstagvormittag hütete sich der Papst davor, ein verklärtes Bild von der sozialen Wirklichkeit zu zeichnen. „Natürlich sind die Schwierigkeiten bei der Aufnahme, dem Schutz, der Förderung und der Integration (...) nicht zu übersehen, aber das Hauptkriterium kann nicht der Erhalt des eigenen Wohlstandes sein, sondern vielmehr die Wahrung der Menschenwürde.“

Wie schon am Freitag beim Gedenken an die ertrunkenen Migranten vor der Basilika No-tre-Dame de la Garde warnte der Papst bei dem Treffen vor einem drohenden „Schiffbruch der Zivilisation“. Die Zukunft liege nicht in der Abschottung, „sondern – den jeweiligen Möglichkeiten entsprechend – in der Sicherstellung einer Vielzahl von legalen und regulären Einreisemöglichkeiten, die dank einer ausgewogenen Aufnahme in Europa in Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern möglich sind“. Und weiter: „Künftige Generationen werden uns danken, wenn es uns gelungen ist, die Bedingungen für eine unvermeidliche Integration zu schaffen.“ Zwei Worte, so der Papst, waren immer wieder zu hören und schürten die Ängste der Menschen: „‚Invasion‘ und ‚Notstand‘. Aber diejenigen, die ihr Leben auf dem Meer riskieren, sind keine Invasoren, sie suchen Aufnahme.“ Das Migrationsphänomen sei „nicht so sehr eine momentane Notlage, die immer gerne für panikmachende Propaganda herhalten muss, sondern eine Gegebenheit unserer Zeit, ein Prozess, der drei Kontinente rund um das Mittelmeer betrifft und der mit kluger Weitsicht gestaltet werden muss“. Bei seiner kurzen Reise nach Marseille hat der Papst sich und seine Kirche in der Migrationsdebatte nicht nur moralisch, sondern auch politisch einmal mehr klar positioniert.

LUDWIG RING-EIFEL/KATHPRESS

Autor:

martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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