„Kümmerer und Kummerer“ beim 18. Vorarlberger Hospiz- und Palliativtag
„Jetzt musst du kämpfen“

Mit sechs Vorträgen näherte man sich beim 18. Hospiz- und Palliativtag online dem Thema „Kümmerer und Kummerer“. Die Langversion des Artikels finden Sie online unter www.kirchenblatt.at
 | Foto: Matheus Ferrero / unsplash.com
  • Mit sechs Vorträgen näherte man sich beim 18. Hospiz- und Palliativtag online dem Thema „Kümmerer und Kummerer“. Die Langversion des Artikels finden Sie online unter www.kirchenblatt.at
  • Foto: Matheus Ferrero / unsplash.com
  • hochgeladen von KirchenBlatt Redaktion

Wenn Menschen schwer erkranken, sind nicht nur sie, sondern auch ihre Angehörigen mitbetroffen. Und deshalb widmete sich der Hospiz- und Palliativtag auch „Kümmerern und Kummerern“ - den Angehörigen in der Palliative Care.

Simone Rinner

Erstarren, Wut, Unsicherheit, der Drang wegzulaufen und natürlich Angst. Die Diagnose einer schweren Erkrankung löst viele Emotionen aus - und zwar nicht nur beim Erkrankten, sondern v.a. auch bei den Angehörigen. Die reflexhafteste Antwort der allermeisten Angehörigen auf Krebs sei aber „Jetzt musst du kämpfen“, erzählt Pfarrerin Karin Kaspers-Elekes. Seit 20 Jahren zählt die spirituelle Begleitung schwersterkrankter und sterbender Menschen sowie ihrer Angehörigen zu ihren Kernaufgaben. Und die braucht es eigentlich nicht erst in der „Terminalphase“, sondern vor allem auch bei der Diagnose, der ersten Entlassung nach Hause und dem Fortschreiten der Krankheit, zeigt sie einen Kurvenverlauf.

Trauer - von Anfang an

Fakt ist nämlich, dass Trauer nicht an das Sterben gebunden ist, sondern mit Verlusterfahrung zu tun hat, betont Kaspers-Elekes. Und da mit der Diagnose die „Normalität des Lebens“ verloren geht, beginnt auch mit ihr der Trauerweg. Der des Erkrankten und jener der Angehörigen. Deshalb könne für die nächsten Bezugspersonen ein eigener seelsorglich wirkender Suchraum wichtig sein, in dem sie ihre Fragen stellen können, sie nicht stark sein müssen, sie mit ihren eigenen Bedürfnissen wahr- und ernstgenommen werden, sie Sicherheit erfahren und jemand fragt: Wie geht es DIR? Ganz ohne Schuldgefühle. „Hier können alle Begleitenden unterstützen, wenn sie aus ihrer Haltung heraus bereit sind, spirituelle Bedürfnisse wahrzunehmen und ihnen Raum zu geben“, sieht Kaspers-Elekes dieses Angebot nicht an eine Profession gebunden. Schreiben, malen, Musik, Gebete und Meditation, (Trauer)rituale sind dabei kreative Ausdrucksformen, denn „es muss nicht immer ein Gespräch sein“.

Schau auf dich

Ein Wort, das in allen Vorträgen immer wieder Thema war, ist „Self-Care“, also Selbstfürsorge. Angehörige und ihre Ängste, Sorgen, Hoffnungen und Bedürfnisse müssen „an-ge-hört“ werden, betonte etwa Hilde Kössler. Egal ob es um pflegerische oder psychosoziale Sorgen wie etwa Geldeinbußen gehe. Und: (Pflegende) Angehörige haben auch das Recht, sich ohne Scham und Schuldgefühle auf die Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse zu freuen: Ein Konzert, einen Urlaub oder eine Zukunft mit einem eigenen Leben, mit einem eigenen Rhythmus etwa. „Das ist nicht zynisch, sondern menschlich verständlich.“ Auch Auszeit und Regeneration sei für Angehörige wichtig - und nicht erst dann, wenn man schon erschöpft sei, warnt die Palliativ­expertin. Denn: „Gute Pflege ist nicht immer nur die ganz persönliche Pflege, wo die Angehörigen immer da sein müssen.“

Vorsorge!

Schwierig wird es auch, wenn Erkrankte sich und ihre Wünsche nicht mehr artikulieren können, bringt die Oberärztin Barbara Friesenecker Themen wie Übertherapie, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ins Spiel. Fast 40 Prozent der Patient/innen erhalten kurz vor ihrem Tod noch Therapien, die medizinisch gesehen keinen Nutzen bringen, dafür aber oft mit Leid und hohen Kosten verbunden sind. Eine Belastung für Erkrankte und Angehörige, der man mit einer Patientenverfügung und klärenden Gesprächen begegnen könnte, wird Friesenecker nicht müde zu betonen.

Gedichte

Wie es ist, einen lieben Menschen gehen lassen zu müssen, hat der Schriftsteller Christoph Janacs in seinem Gedichtband „mein Schatten, den ich nicht werfe“ festgehalten, aus dem er an diesem Tag rezitiert: „im Wort geborgen: so - ein alter Dichtertraum - überleben wir.“

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 24 vom 17. Juni 2021)

Autor:

KirchenBlatt Redaktion aus Vorarlberg | KirchenBlatt

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ