Zu Allerheiligen und Allerseelen
Hoffnung aus heilsamer Erfahrung

Foto: Romolo Tavani/Adobe Stock

Der christliche Glaube hat eine einzigartige Verbindung zu Tod, Trauer und Hoffnung. Der Theologe Stefan Schlager erklärt den Zusammenhang. 

Im Glaubensbekenntnis beten Christ/innen „Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben“. Was ist damit gemeint?

Stefan Schlager: Mit diesem Bekenntnis wird das Vertrauen ausgedrückt, dass trotz allen Leids, aller Ungerechtigkeit und Brutalität in der Welt Gott das letzte Wort behält: jener Gott, der am brennenden Dornbusch einst ein Versprechen gegeben hat, eine verbindliche Zusage – nämlich da zu sein für die Seinen, gerade dann, wenn es brennt und dornig ist. Nicht der Tod und nicht die Vernichtung werden sich also letztlich durchsetzen, sondern Gott und sein befreiendes „Ich-bin-da“, das bis in den Tod hinein zu reichen vermag: kreativ, belebend, heilend.

Wo liegen die biblischen Wurzeln dieses Bekenntnisses?

Schlager: Die Wurzeln dieses Bekenntnisses liegen in der Geschichte des Volkes Israel. Immer wieder hat Israel die Erfahrung gemacht, dass gegen alle Erwartung Gott an seiner Seite ist. So wie bei der Befreiung aus der Fronarbeit in Ägypten (im 13. Jahrhundert v. Chr.) oder bei der Heimkehr aus dem fast 50-jährigen babylonischen Exil (im 6. Jahrhundert v. Chr.). Gott hat sich dabei stets aufs Neue als treuer Gott in den Auf und Abs der Geschichte erwiesen. Dieses über die Jahrhunderte langsam angewachsene Vertrauen in die Treue Jahwes verdichtete sich dann im 2. Jahrhundert vor Christus (in der sogenannten Makkabäer-Zeit) zu einem Auferstehungsglauben bzw. zu der Hoffnung, dass dieser Gott einer ist, der von den Toten auferweckt.

Diese Hoffnung teilte Jesus als gläubiger Jude?

Schlager: Ja, und er hat sie auch mit Blick auf seinen bevorstehenden Tod „aufblitzen“ lassen, zum Beispiel während des letzten Abendmahls in dem Hinweis, dass er zum letzten Mal nun hier vom Weinbecher trinken werde, das nächste Mal aber im Reich Gottes. Und auch die ersten Osterzeuginnen und Osterzeugen konnten nur mithilfe des jüdischen Auferstehungsglaubens überhaupt verstehen, was sich damals „am dritten Tag“ in Jerusalem ereignet hat.

Was passiert in christlicher Vorstellung nach dem Tod?

Schlager: Wir dürfen darauf vertrauen, dass sich im Tod das ereignen wird, was Menschen einst mit Jesus schon erlebt haben: nämlich eine Begegnung, die aufrichtet, wieder herrichtet, zurechtrichtet. Eine Begegnung, die nicht klein macht, sondern groß. Eine Begegnung, die zugleich heilsam umdenken lässt und einen neuen, viel weiteren Blick eröffnet – auf sich selbst und die anderen. Eine Begegnung, die letztlich auch aus unheilvollen Mustern und Zwängen herauszulösen vermag. Im Zentrum der christlichen Zukunftserwartung stehen daher nicht irgendwelche Orte, sondern Gott selbst – und sein Auferweckter. Aussagen über die letzten Dinge – was uns einmal erwartet – sind folglich nicht „Jenseits-Reportagen“, sondern Folgerungen aus der heilsamen Erfahrung der Menschen mit Gott und Jesus Christus.

Dieser christlichen Hoffnung wird von Kritiker/innen entgegengehalten, dass das nur fromme Wünsche ohne wissenschaftliche Beweisbarkeit sind. Was sagen Sie diesen?

Schlager: Die Frage, was nach dem Tod kommt, ist mithilfe der Naturwissenschaften eigentlich nicht zu beantworten. Denn diese beschränken sich auf das Vorfindliche in Raum und Zeit. Alles, was jenseits von Raum und Zeit ist (und dazu gehört der Bereich des Todes), liegt deshalb außerhalb des Geltungsbereiches dieser Wissenschaft. Während es den Naturwissenschaften also um ein „be-greif-bares“ Wissen geht (und deshalb Wirklichkeit auf diese Dimension des Mess- und Sichtbaren reduziert), fragt Religion weiter, tiefer, viel grund-legender. Religion fragt nach einem letzten Sinn, nach einem letzten Halt und Ziel. Und macht Mut dabei, Vertrauen zu wagen, „nicht um diese Welt zu erklären, sondern um ihr standzuhalten“ (Eugen Drewermann). Vertrauen, Liebe, Treue – all das geht jedoch über das Messbare hinaus. So gesehen kann der Glaube an die Auferstehung nicht „bewiesen“ werden, aber gut begründet sein: durch ein über Jahrhunderte gewachsenes Vertrauen in ein göttliches Versprechen (Ich werde da sein für euch), das sich immer wieder als verlässlich erwiesen hat. Bis in unsere Zeit hinein. «

Langfassung: www.kirchenzeitung.at

Stefan Schlager ist Leiter des Referates Theologische Erwachsenenbildung und Weltreligionen der Diözese Linz. Im Verlag am Rande veröffentlichte er den Lyrikband „A woarms Goid. Übas Sterbm und übas Lebm“.

Autor:

KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung

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