Renovierung der Stiftskirche Schlierbach
„Kaum eine Kirche, die so staunen lässt“

Foto: Kiz/Josef Wallner

Acht Etagen muss man auf schmalen Aluminiumtreppen zwischen Gerüststangen hinaufsteigen. Dann steht man unter der Decke der Stiftskirche Schlierbach. Der Kirchenraum ist für eine Renovierung zur Gänze eingerüstet. Alles ist vom Gerüst aus zum Greifen nahe: Stuckgirlanden, Engelfiguren, Fresken.

„Die Stiftskirche ist unser Zentrum. Sämtliche Gottesdienste des Konvents und der Pfarrgemeinde feiern wir hier und im Sommer auch das tägliche Chorgebet“, erklärt der Schlierbacher Abt Nikolaus Thiel. Darum liegt ihm die Renovierung des Gotteshauses so am Herzen. Oft mehrmals täglich steigt er bis unter die Decke hoch, begeistert erklärt er den Fortschritt der Arbeiten. Man hat den Eindruck, dass er inzwischen viele der Stuckengel schon persönlich kennt, ganz sicher aber kennt er wie kaum ein Zweiter die Baugeschichte der Stifts- und der Pfarrkirche von Schlierbach.

Wettstreit um die modernste Kirche

Wie jedes österreichische Stift in der Barockzeit wollte man auch in Schlierbach modern sein. Abt Benedikt Rieger hat daher eine neue Kirche errichtet. Er ist in die Geschichte als Erbauer der Barockkirche eingegangen. Für die Ausschmückung des Raums war schon sein Nachfolger Abt Nivard II. verantwortlich. Am Hochaltarbild findet sich die Jahreszahl 1701. Da dürfte die Kirche fertig gewesen sein.

„Das erste Mal“, wie Abt Nikolaus betont. Denn obwohl der Innenraum reich mit Fresken und mit Stuckelementen wie Engeln und Girlanden verziert war, sodass die Kirche als eine der am reichsten stuckierten Gotteshäuser Österreichs gilt, war das dem Abt damals zu wenig. Knapp zehn Jahre später ließ man an den Wänden zusätzlich hölzerne Verkleidungen mit reichem Schnitzwerk und Blumenbildern anbringen, vor allem wurden die Stuckelemente reichlich vergoldet.

Das goldene Haus

Der Bischof von Passau, der 1726 zur Kirchweihe gekommen war, obwohl die Kirche schon längst genutzt wurde, soll ausgerufen haben: „O welch ein goldenes Haus!“ Im Wettlauf um die prächtigste Kirche wollte der Schlierbacher Abt nicht zurückbleiben. „Das wäre heute unvorstellbar: Nach so kurzer Zeit die Kirche noch einmal um so kostspielige und aufwändige Elemente zu ergänzen“, meint Abt Nikloaus. Heute ist er mit der Sanierung des Bestandes, die aktuell vonstattengeht, schon zur Genüge gefordert. Vor allem werden die Decke und die einzelnen Zierelemente gereinigt, abblätterndes Gold wird gefestigt und sichtbare, schwere Fehlstellen werden ergänzt. Manche der rund 370 Engelsdarstellungen und rund 10.000 Blätter aus Stuck bekommen auch eine „medizinische Behandlung“. Durch Injektionsnadeln und kleine Schläuche wird in die Zierelemente eine Flüssigkeit eingespritzt, die den Stuck festigt. „Aber Gott sei Dank ist der Stuck so qualitätsvoll gearbeitet, dass keine größeren Eingriffe notwendig sind“, betont Abt Nikolaus.

Orientierung an der letzten Fassung

Im Laufe ihres Bestehens wurde die Stiftskirche mehrmals renoviert. Die üppigen Vergoldungen wurden nach und nach weniger. Die letzte Erneuerung der Stiftskirche fand von 1957 bis 1965 statt. Damals war man bemüht, die Kirche heller zu machen. „Auf diese Renovierung bauen die Arbeiten heute auf“, erklärt der Abt. „Wir haben uns nicht auf eine Diskussion über die unterschiedlichen Barockfassungen eingelassen und welche wir der Erneuerung zu Grunde legen. Da ginge eine Tür um die andere auf und vor allem finanziell wäre das ein Fass ohne Boden.“

Arbeiten mit langem Atem

Die Kosten sind ohnedies eine Herausforderung. Das Projekt kostet rund 1,5 Millionen Euro. Die Summe müssen das Stift und die Pfarre Schlierbach mit ihren 1.900 Katholik/innen aufbringen. Unterstützt werden sie dabei von der Diözesanfinanzkammer, die ein Viertel beisteuert, und auch das Land Oberösterreich und das Bundesdenkmalamt werden ihren Beitrag leisten.

Nach Jahren der Planung und der Probearbeiten hat die Sanierung im August 2021 begonnen. Das Weihnachtsfest will Abt Nikolaus mit dem Konvent und der Pfarrgemeinde in der erneuerten Stiftskirche feiern. Abgeschlossen sind die Arbeiten dann aber noch nicht: „Fertig ist ein großes Wort.“ Es muss noch die Sanierung der Seitenkapellen folgen, zum 300-Jahr-Jubiläum der Kirchweihe 2026 soll das Projekt abgeschlossen sein.

Staunen

Abt Nikolaus freut sich, dass Ende April das Gerüst abgebaut werden kann. „Die Kirche wird dann wieder staunen lassen“, beschreibt Abt Nikolaus, was der barocke Raum in ihm selbst bewirkt. „Man geht durch einen schlichten Hof und tritt in einen dunklen Vorraum ein. Öffnet man die Kirchentür, steht man in einem enorm prächtigen, überwältigendem Raum. Kaum eine Kirche, die so ein Staunen auslöst.“ Dieses Staunen wünscht Abt Nikolaus den Kirchenbesucher/innen. 

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Autor:

KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung

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