Die kleinste Pfarre Oberösterreichs
„Es kommt auf jeden Einzelnen an“

Kirche am Fluss. 1960 wurde die Kirche erbaut, 2008 bekam sie die goldene Fassade. | Foto: KIZ/PS
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  • Kirche am Fluss. 1960 wurde die Kirche erbaut, 2008 bekam sie die goldene Fassade.
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Die Pfarre Obermühl zählt nur 89 Katholik/innen. Offenheit, Herzlichkeit und eine ausgeprägte Willkommenskultur tragen dazu bei, dass auch viele Menschen von außerhalb hier eine neue pfarrliche Heimat gefunden haben.

Im tief eingeschnittenen Donautal liegt Obermühl, die kleinste Pfarre Oberösterreichs. Eine schmale, gewundene Straße führt von den Hügeln des Mühlviertels hinunter in das malerische Dorf, beliebtes Etappenziel bei Donau-Radtouristen.

Die Redewendung „die Kirche im Dorf lassen“ kommt einem in den Sinn, wenn man Geschichte und Bedeutung der Pfarre betrachtet. Der Bau des nahe gelegenen Donaukraftwerks Aschach im Jahr 1960 war dabei für Gemeinde und Pfarre ein Wendepunkt.

Ein großer Teil von Obermühl verschwand unter dem um neun Meter angehobenen Wasserpegel, viele Menschen zogen weg, die Pfarrbevölkerung schrumpfte rasch von über 800 auf unter 300. 1960 musste auch das alte Gotteshaus aufgrund des Rückstaus des Kraftwerks abgetragen werden.

Dort, wo die Kleine Mühl in die Donau mündet, entstand die neue Kirche. Verbunden war damit das Bekenntnis der Diözese Linz, dass die Gemeinschaft hier weiterhin einen zentralen Platz haben soll.

Was hält Obermühl lebendig?

Heute zählt Obermühl nur noch 89 offizielle Pfarrbewohner/innen und gibt damit Beobachtern von außen zuerst einmal Rätsel auf: Wie kann es zum Beispiel sein, dass die Pfarre immer noch eine aktive Ministrant/innengruppe hat, hier jährlich bis zu zehn Kinder getauft werden oder dass hier die Beteiligung zur Pfarrgemeinderatswahl erst vor wenigen Wochen bei knapp 100 Prozent lag?

Kurzum: Wie schafft es Obermühl, bei dieser kleinen Größe immer noch lebendig und attraktiv zu bleiben?

Im Prinzip lässt sich das Erfolgsgeheimnis auf einen kurzen Nenner bringen, erzählt Nicki Leitenmüller: „Jeder ist bei uns willkommen und wird herzlich aufgenommen. Der Umgang mit den Menschen ist bei uns sehr wertschätzend.“

Nach den Gottesdiensten würden die Leute meistens noch länger am Kirchenplatz stehen bleiben, um miteinander ins Gespräch zu kommen. „Ich habe das Gefühl, dass bei uns wirklich alle aneinander interessiert sind und wissen wollen, wie es einem geht. Wir achten aufeinander“, sagt Leitenmüller.

Bürgermeisterin im Pfarrgemeinderat

Leitenmüller ist in mehrfacher Weise ehrenamtlich in der Pfarre engagiert, sie musiziert hier, leitet Wortgottesfeiern, kümmert sich um die Kinderliturgie und sitzt im Pfarrgemeinderat.

Die Besonderheit: Nicki Leitenmüller ist im Brotberuf nicht nur Referentin bei der Katholischen Jugend, sondern vor allem Bürgermeisterin von Lembach.

Die örtliche Trennung von kirchlichem und politischem Engagement sei dabei von großem Vorteil, meint Leitenmüller. „Kirche und Parteipolitik halte ich strikt auseinander. In Obermühl bin ich für die Leute einfach nur die Nicki und nicht die Frau Bürgermeisterin.“

Großes Einzugsgebiet

Dass sie selbst im sechs Kilometer entfernten Lembach lebt, ist jedenfalls typisch für die Pfarre Obermühl. Neben der eigentlichen Pfarrbevölkerung zieht die kleinste Pfarre viele Menschen aus den umliegenden Orten an.

Das führt zu der hohen Wahlbeteiligung oder dazu, dass zu Ostern etwa 100 Menschen die Kirche füllen. Sie schätzen es, dass der Pfarrer Josef Hofer, Jahrgang 1950, den Ehrenamtlichen die nötigen Freiräume gibt und die Gemeinschaft von einem offenen und toleranten Geist geprägt ist.

„Die Leute halten es aus, wenn Kinder während der Messe einmal lauter sind“, sagt Johanna Pröll. Sie lebt mit ihrem Mann im Pfarrgebiet von Obermühl, beide wirken seit Jahrzehnten in der Pfarre.

Beim Gespräch mit der KirchenZeitung hat sie mehrere Alben und Ordner voller Fotos auf dem Tisch ausgebreitet. Bilder, die zeigen, dass sich in Obermühl immer viel getan hat, Familien mit ihren Kindern hier eine Heimat gefunden haben und sich eigene Traditionen entwickelt haben.

So gibt es jedes Jahr kurz nach Allerheiligen eine eigene Feier, bei der Pfarrangehörige eine Zille mitten in den Fluss steuern, Kränze versenken und damit der in der Donau verstorbenen Menschen gedenken.

Hoffnung für die Zukunft der Pfarre

Zu Recht ist die Pfarre Obermühl außerdem auf die umfassende Kirchenrenovierung aus dem Jahr 2008 stolz. Hell, freundlich und modern ist seither der Innenraum, in leuchtendem Gold glänzt die Außenfassade – wie eine Verheißung auf eine strahlende Zukunft der Pfarre.

So blumig formulieren es die Ehrenamtlichen in der Pfarre zwar nicht, doch für die kommende Zeit sieht man die Pfarre gut gewappnet. „Wir wissen, dass es bei uns auf jeden Einzelnen ankommt“, sagt Nicki Leitenmüller.

Das habe sich auch bei dem tragischen Unfalltod der jungen Ministrantenleiterin Sarah gezeigt. Sehr rasch hat sich der Papa einer Ministrantin bereit erklärt, die „Minigruppe“ zu übernehmen. Leitenmüller: „So lange es engagierte Leute gibt, wird die Pfarre bestehen.“ «

Autor:

KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung

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