Was hilft?
Strategien gegen die Angst

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Pandemie, Krieg, Atomwaffen – vieles macht uns derzeit Angst. Johannes Wancata, Professor für Sozialpsychiatrie in Wien, kennt Strategien, die im Alltag gegen solche Ängste helfen können.

Angst ist eine Emotion, bei der auch rationale Aspekte eine Rolle spielen. Diese kann man beeinflussen, sagt Johannes Wancata, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ÖGPP): „Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, er ist seinen Emotionen nicht einfach ausgeliefert. Mit bestimmten Strategien kann es gelingen, aus negativen Gedankenspiralen wieder herauszukommen.“ 

Ein Weg ist, das Eintreffen der Befürchtungen auf ihre Wahrscheinlichkeit zu prüfen: „Sprechen Sie mit jemand anderem darüber und machen Sie sich gemeinsam Gedanken, wie realistisch zum Beispiel ein Angriff mit Atomwaffen ist. Atomwaffen gibt es seit mehr als 70 Jahren, und letztlich waren seit dem Zweiten Weltkrieg alle Seiten so vernünftig, sie nicht einzusetzen, weil es ihnen jeweils selbst massiv schaden würde.“ Und auch wenn die Ukraine wesentlich näher liegt als Syrien, Afghanistan oder der Irak, seien dies trotzdem mehr als tausend Kilometer, die zwischen uns liegen. „Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass der Krieg zu uns kommt. Miteinander kann man diese Dinge logisch durchdenken“, sagt Wancata. 

Sorgen aufschreiben

Eine andere Methode ist, die Sorgen im Kopf auf Papier zu bringen: „Das Aufschreiben hilft auch, wenn man schwere Entscheidungen bezüglich Job oder Beziehung treffen muss. Schreiben Sie Ihre Frage oder Sorge nieder und versuchen Sie, dabei möglichst klar zu formulieren. Teilen Sie das Blatt gegebenenfalls in eine Für- und eine Wider-Spalte und füllen Sie diese aus. Meistens gelingt es durch das Verschriftlichen, der Angst das Bedrohliche zu nehmen oder sie zumindest zu reduzieren.“ 

Medienkonsum einschränken

Alle fünf Minuten aufs Handy zu schauen oder den Fernseher einzuschalten, um zu sehen, ob es neue Nachrichten über den Krieg gibt, sei nicht sinnvoll, sagt Wancata: „Zum einen gibt es nicht ständig etwas Neues, zum anderen kann ich hier nichts steuern oder beeinflussen. Ich verstehe dadurch nicht besser, warum das alles passiert.“ Man solle daher versuchen, wieder zu dem Maß an täglichem Medienkonsum zurückzukehren, das man vor dem Ukraine-Krieg hatte. So sei man auch nicht ständig mit dem angstmachenden Thema konfrontiert.

Aktiv werden, Routinen pflegen

Kleidung oder Lebensmittel spenden, Quartiere für Flüchtlinge anbieten, an einer Demonstration oder Mahnwache teilnehmen – aktiv etwas zu tun, mindert das Gefühl der Machtlosigkeit: „Wenn es mir gelingt, ins Tun zu kommen, gestalte ich mein Leben wieder selbst und gehe mit meiner Angst konstruktiv um. Außerdem merke ich, ich bin nicht alleine mit der Situation.“

Nicht zu unterschätzen seien zudem Alltagsroutinen: „Die normalen täglichen Abläufe mit Familie, Arbeit und Hobbys können Halt geben. Aber es ist auch zulässig, etwas nur für sich selbst zu tun, denn nur wenn es mir gut geht, kann ich auch für andere da sein.“

Professionelle Hilfe

Nimmt die Angst überhand und man weiß nicht mehr weiter, sollte man sich an ein Kriseninterventionszentrum (das es in jedem Bundesland gibt), Rat auf Draht oder die Telefonseelsorge wenden, sagt Wancata: „Das kann ich nur immer wieder empfehlen, denn dort gibt es ausgebildete Berater/innen, die nicht nur bei Sorgen wegen des Krieges helfen.“«

Autor:

KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung

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