Autist/innen lernen anders

Bei autistischen Kindern  können konventionelle Erziehungsmethoden meist nicht angewandt werden, weil sie anders lernen als ihre Alterskolleg/innen. | Foto: ©Pixel-Shot - stock.adobe.com
  • Bei autistischen Kindern können konventionelle Erziehungsmethoden meist nicht angewandt werden, weil sie anders lernen als ihre Alterskolleg/innen.
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Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung nehmen die Welt anders wahr als andere. Die Autistenhilfe OÖ geht mit dem neuen „Like-Programm“, einem sozio-emotionalen Kompetenztraining, speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ein.

Der Alltag ist momentan aus bekannten Gründen für alle eine Herausforderung. Für Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) ist der Wegfall einer Tagesstruktur besonders belastend: „Die Routine, der Alltag fällt weg und das ist für viele ein sehr markantes Problem. Vor allem aber auch, dass sie sich selbst organisieren müssen, stellt für viele ein wahrhaftes Problem dar“, sagt Petra Ipsits-Lindner, Klinische und Gesundheitspsychologin mit Praxis in Niederösterreich. Gleichzeititig mache die Pandemie das Leben für manche von Autismus Betroffene einfacher, „weil sie zuhause bleiben können und soziale Kontakte vermieden werden können. Vor allem der Druck der Schule, der Lärm sind momentan nicht gegeben und das fällt einigen sehr leicht“.

Individuelle Betreuung

Auch wenn jemand die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung bekommt, wirkt sich das nicht auf jede Person gleich aus, sagt Ipsits-Lindner: „Jedes Kind ist so verschieden, deswegen kann ich keine allgemeinen Tipps geben.“ Das bestätigt auch Helga Mayer von der Autismushilfe OÖ: „Jeder Betroffene ist ein Individuum.“ Dementsprechend sei man bei der Autismushilfe bemüht, bei den in Gruppen stattfindenden Programmen „ähnliche Charaktere“ zusammenzubringen. Das gilt auch für die neuen Sozialkompetenztrainings, dem sogenannten „LIKE-Programm“: „Like-Kiko“ für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren und „Like.com“ für junge Erwachsene. Helga Mayer erklärt, worum es jeweils dabei geht: „Beim Kinderprogramm geht es darum, eine Sprache für Gefühle wie Wut, Ärger oder Traurigkeit zu finden, mit der Gruppe sozial zu interagieren, seine eigenen Grenzen kennenzulernen, Freundschaften zu schließen. Erreichen wollen wir das über den Plüschhund Kiko, einem kleinen Berner Sennenhund, der auch viele Probleme zu bewältigen hat und in der Gruppe seine Geschichte erzählt. Von den Trainerinnen bekommt er dann Hilfe und Vorschläge.“ Die Trainings finden an zehn Terminen im Abstand von ein bis drei Wochen statt und starten im Herbst.

Diskussionsgruppe für Jugendliche

Die Jugendgruppe „Like.com“ ist für Autist/innen zwischen 16 und 24 Jahren konzipiert und setzt sich bei jedem Termin mit jenem Thema auseinander, das die jungen Menschen gerade beschäftigt: „Beziehungen, Unabhängigkeit von den Eltern, Vorbereitung auf eine berufliche Karriere, aber auch wie sehe ich mich selbst und wie empfinden es andere, wie gehe ich mit meinen Gefühlen um“, nennt Mayer einige Diskussionsthemen. Die Jugendgruppe ist auch für Quereinsteiger/innen offen und kombiniert Elemente aus Forschung und Erfahrung. Die Termine finden 14-tägig und je nach Corona-Situation virtuell oder direkt bei der Autistenhilfe OÖ in Linz statt.

Wertschätzende Umgebung

Im Vorfeld und auch zum Abschluss des Kompetenztrainings finden Elternrunden statt, außerdem gibt es eine Selbsthilfegruppe für Eltern. „Eltern bekommen oft gutgemeinte Ratschläge, die meistens jedoch verunsichern. Herkömmliche Erziehungsmethoden funktionieren bei autistischen Kindern nicht, sie nehmen die Welt anders wahr als andere Kinder und lernen nicht wie diese am Modell“, erklärt Mayer. Wichtig für die Entwicklung sei eine wertschätzende Umgebung – nicht nur innerhalb der Familie oder in der Schule, sondern auch in der Gesellschaft. Dem stimmt auch Ipsits-Lindner zu: „Es herrscht leider immer noch ein weitverbreiteter Irrglaube, was eine Autismus-Spektrum-Störung wirklich ist, sowohl in Schule, Kindergarten und in der Gesellschaft allgemein. Eine lückenlose Aufklärung und auch das Eingehen auf Kinder mit einer ASS-Diagnose ist von Vorteil.“
Mehr Infos zum Like-Programm sowie zur Autistenhilfe in den Bundesländern: www.autistenhilfe-ooe.at oder 0732 657195, www.autismus-burgenland.at, www.autistenhilfe-tirol.at, www.behinderung-vorarlberg.at

Autor:

KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung

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