Erinnerung an Alois Mock (1934-2017)
Hartnäckig für Europa

Hier wurde Geschichte geschrieben.  
Alois Mock und sein damaliger ungarischer Amtskollege Gyula Horn durchschneiden am 27. Juni 1989 den Eisernen Vorhang am Grenzübergang Klingenbach. | Foto: Robert Jäger / APA-Archiv / picturedesk.com
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  • Hier wurde Geschichte geschrieben.
    Alois Mock und sein damaliger ungarischer Amtskollege Gyula Horn durchschneiden am 27. Juni 1989 den Eisernen Vorhang am Grenzübergang Klingenbach.
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Alois Mock steht wie kein Politiker der Zweiten Republik für das Friedensprojekt eines geeinten Europa. Helmut Wohnout hat das Wirken des früheren Außenministers gemeinsam mit Martin Eichtinger in einer Biografie aufgearbeitet.

In einer digitalen Talkrunde des Europäischen Kartellverbandes (EKV) hat der Historiker einen Blick auf den leidenschaftlichen „Mister Europa“ und überzeugten Christdemokraten geworfen.

  • Wie ist es Alois Mock gelungen, 1989 der Weltpolitik in die Speichen zu greifen?

Helmut Wohnout: Das Foto vom Durchschneiden des Eisernen Vorhangs ist heute eine Ikone für die Umbrüche, die damals in Europa stattgefunden haben. Dieses Bild ist um die Welt gegangen, es hat unglaublich viel bewirkt. Es war das Ende des bipolaren Machtsystems Ost-West sowie des Kommunismus in Europa.

Alois Mocks Verdienst war es, dass er die damaligen Prozesse frühzeitig erkannt und instinktsicher gehandelt hat. Altbundeskanzler Helmut Kohl hat in seinen Erinnerungen geschrieben, dass dieser 27. Juni für die Ostdeutschen das Signal zum Aufbruch war. Es führt direkt eine Linie zum Fall der Berliner Mauer im November 1989.

Alois Mock verfocht den Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Daher Stand der deutschen Einheit von Anfang an positiv gegenüber.

  • Alois Mock steht wie kein anderer österreichischer Politiker für Europa. Warum war er so begeistert von der Idee?

Er hatte das Glück, zunächst in Bologna zu studieren. Seine erste Aufgabe als junger Diplomat hatte er bei der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in Paris. So hat er Europa kennengelernt und begeisterte sich dafür.

Ab Mitte der 1980er-Jahre hat erkannt, dass mit dem europäischen Binnenmarkt etwas Neues in Gang kam. Zugleich spürte er, dass der Ostblock brüchig wurde. Das war der Moment, um das neutrale Österreich in die Europäische Gemeinschaft zu führen.

Es war sein Verdienst, dass er zuerst seine eigene Partei, die ÖVP, dann die Bundesregierung und im dritten Schritt die Öffentlichkeit davon überzeugt hat.

  • Was hätte er heute zu einem Brexit gesagt?

Alois Mock war ein hartnäckiger Politiker. Er würde wohl diesen Brexit nicht als letztgültige Entscheidung sehen, sondern als Aufgabe wieder anzufangen, wieder zu beginnen und die Briten als Europäer nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen.

  • Der katholische Glaube ist aus dem Leben des Alois Mock nicht wegzudenken. Woher hat er die Basis gehabt?

Sein tiefer Glaube war grundgelegt durch seine Mutter und benediktinisch vertieft durch das Stiftsgymnasium Seitenstetten. Gereift ist sein Glaube dann durch die Aufbrüche in der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil Ende der 1960er-Jahre, als er der katholischen Studentenverbindung Norica beitrat. Gerade Papst Johannes XXIII. hat Alois Mock mit seiner Enzyklika „Pacem in terris“ (Friede unter alle Völkern) stark geprägt in seinem Welt- und Menschenbild. Als christdemokratischer Politiker hat Mock einen Gestaltungsauftrag gespürt.

Europa war für ihn mehr als ein wirtschaftspolitischer Zusammenschluss. Er verstand darunter die geistige Dimension dieses Kontinents beruhend auf einem christlich-jüdischen Erbe.

Jacques Delors, ein französischer Sozialdemokrat, war Präsident der Europäischen Kommission, als Österreich der EU beigetreten ist. Als praktizierender Katholik sprach er davon, „Europa, eine Seele zu geben“. Das war genau die Motivation, die Alois Mock in seinem europäischen Engagement gespürt hat.

Der Talk zum Nachsehen

Rätselfrage

Wann trat Österreich der Europäischen Union bei?

Wir verlosen drei Exemplare der Biografie „Alois Mock. Ein Politiker schreibt Geschichte“ von Martin Eichtinger und Helmut Wohnout. Erschienen im Styria-Verlag.

Autor:

Sophie Lauringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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