Interview mit „Slimheli" Helmut Zeiner
Gläubiger Tätowierer

„Gott hat mir den Weg gezeigt und ich bin ihn gegangen." | Foto: Stefan Hauser
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  • „Gott hat mir den Weg gezeigt und ich bin ihn gegangen."
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Er ist Maler, Zeichner und Tätowierer. Bei Helmut Zeiner zeigen heimische Sportstars aus dem Fußball, Handball oder Eishockey Haut. „Slimheli“ tätowiert Motive aller Art, auch religiöse. Er selber ist vom Glauben seit Kindheit an geprägt. DER SONNTAG hat ihn in seinem Studio in Mitterndorf an der Fischa besucht.

Seit wenigen Tagen ist Helmut Zeiners neues Tatoostudio rund 30 Autominuten von Wien entfernt, in der Nähe von Baden, in Betrieb. An der Wand sind signierte Fußballschuhe ausgestellt von Stars wie David Alaba, Andreas Ivanschitz oder Marco Arnautovic. Zu ihnen allen hat er seit Jahren Kontakt, viele kommen zu ihm zum Tätowieren.

Zeiner hatte eine harte Kindheit in Wien-Donaustadt: „Es war bei uns in der Straße wie in Amerika. Wir haben unsere Viertel gehabt. Es ist einfach so, dass du in einem Betonblock wohnst. Dann kennst du auch sehr viele Jugendliche. Und wenn andere von einem anderen Bezirk rüberkommen und so irgendwie gestänkert haben, dann waren da immer so kleine Kämpfe. Das ist eskaliert und härter geworden.

Da habe ich das Glück gehabt, den richtigen Zug zu erwischen, um abzuspringen und in eine andere Richtung zu fahren“, erinnert sich Zeiner. Die andere Richtung sind: Breakdance, Eishockey, das Malen und Zeichnen, seine Frau Michaela und drei Söhne. Heute ist „Slimheli“ – sein Künstlername ist abgewandelt vom Song „slim shaddy“ des Rappers Eminem – eine Größe in der Tätowierer-Szene. Abgehoben hat er aber nie. Für seine persönliche Erdung sorgt seit jeher der Glaube.

  • Sie haben eine harte Jugend gehabt?

SLIMHELI: Ich habe sehr viel Glück gehabt in meinem Leben, sehr viele Sachen gesehen, die interessant waren, die ich erst jetzt richtig verarbeiten kann. Das hat so sein müssen. Ich sage: Gott hat mir den Weg gezeigt und ich bin ihn gegangen. Und wenn ich mich umdrehe, bereue ich keinen einzigen Schritt, den ich gemacht habe.

  • Was hat Sie im Glauben geprägt?

Ich bin römisch-katholisch getauft. In der ersten Klasse Hauptschule gab es im Religionsunterricht die Aufgabe, etwas zu den Zehn Geboten zu gestalten. Ich habe dann zehn Blätter gezeichnet. Das hat der Lehrer gesehen und gesagt, das ist ein Wahnsinn, dass Du das so in den 50 Minuten der Unterrichtseinheit schaffst. Da habe ich gesagt, ich schreibe nicht gern. Das ist mir geblieben.

  • Was fasziniert Sie an Kirchen und christlicher Kunst?

Mir gefallen Kirchen schon seit meiner Kindheit sehr gut. Die Kirchengebäude sind für mich gigantisch. Die Gemälde faszinieren mich, die Kirchenfenster, der Altar. Das ist mir bis heute geblieben. Weil ich mit Roma aufgewachsen bin, wurde ich auch in ihrer Religiosität geprägt. Ein guter Freund aus dieser Volksgruppe, der nicht mehr lebt, hat mir einmal ein Medaillon mit dem Abbild der Muttergottes geschenkt, das trägt jetzt einer meiner drei Söhne.

  • Wie sind Sie zum Tätowieren gekommen?

Ich habe immer schon gerne gezeichnet. Das hat mit dem Breakdance aus meiner Jugend zu tun, weil da das Graffiti dazukam. Ich war mit 16 Jahren in New York, da hatte ich eine Flugreise gewonnen, weil ich österreichischer Breakdancemaster wurde. Dort habe ich das richtige Graffiti gesehen, also nicht die Schmieragen. Das hat mich so fasziniert, dass ich angefangen habe zu zeichnen. Das ist einfach mein Leben geworden. Meine Frau eröffnete später einen Kosmetiksalon. Das war in einer Zeit, in der auch die Tatoos immer mehr aufkamen. Die Leute wollten das immer mehr. Ich habe mich dann in diese Richtung entwickelt.

  • Wie haben Sie Ihr Handwerk entwickelt?

Kunst ist eine Geschmackssache. Ich war in meinem ganzen Leben nie ein Michelangelo. Das werde ich auch nie sein. Ich male sehr gerne, weil ich mich da am besten finde. Das ist so, wie wenn ich in eine Kirche gehe und beichte. Ich male Bilder, wo ich mich vielleicht für das, was ich gemacht habe, entschuldige, wo ich vielleicht mit etwas unzufrieden war oder bin. Und dann male ich meine Bilder. Ich male auch religiöse Bilder mit Gesichtern. Ich hebe da besonders die Gottesmutter Maria, Jesus und Engel hervor. Mit diesen Zeichnungen bin ich dort hingekommen, wo ich jetzt bin.

  • Sind großflächige Tatoos mit Gemälden vergleichbar?

Das ist richtig. Ich freue mich, dass ich tätowieren kann. Ich habe das Glück, das ich relativ viele religiöse Motive tätowieren darf. Der Kunde sucht sich das aus. Ein Bild hängst du dir an die Wand und wenn es dir nicht mehr gefällt, gibst du es in den Keller oder verkaufst es. Aber wenn ich eine Muttergottes- oder ein Jesusmotiv tätowiere und den Kunden näher kenne, weiß ich, der ist in Mallorca oder auf Ibiza, und da weiß ich, dass meine Motive durch die Weltgeschichte kreisen. Das macht mich stolz.

  • Wie oft tätowieren Sie religiöse Motive?

Religiöse Motive wollen die Menschen nicht nur, weil sie religiös sind. Ich glaube, es gefallen ihnen die Motive sehr gut. Zum Beispiel ein Engel, der ein großes Kreuz in der Hand hält. Ich habe auch Muslime tätowiert, wo jemand einen Schriftzug mit einem positiven Gedanken trägt.

  • Warum lassen sich Menschen tätowieren?

Für viele ist es eine Art Körperschmuck. Wir können stolz darauf sein, was wir tragen. Es gibt Menschen, die haben Angst vor jenen, die großflächige Motive tragen. Wenn ich am Abend fortgehe und man sieht mein großflächiges, dunkel wirkendes Tatoo, glauben manche, ich will sie ausrauben.

  • Es gibt Menschen mit Tatoos, die man sieht, aber auch welche an meist bekleideten Körperstellen, warum?

Es gibt Menschen, die sich nicht sicher sind. Sie fragen sich, was ist, wenn ich älter bin, sieht das noch gut aus, gefällt es mir später noch? Viele wollen Tatoos haben, sind sich aber unsicher. Dann kann man mit einem kleinen Tatoo beginnen, zum Beispiel unten am Rist des Fußes, da sieht das niemand, weil man Socken oder Strümpfe anhat. Irgendwann bemerkt man gutes Feedback auf das Tatoo und dann geht man in ein Studio und möchte zum Beispiel am Handgelenk ein kleines Kreuz tätowiert bekommen. Man tastet sich hin und schaut, wie reagiere ich und die Umwelt darauf.

  • Sie tragen ein großes religiöses Motiv am Arm?

Das ist mir sehr wichtig. Ich trage eine Engelstatue mit einem zerbrochenen Kreuz. Es hat eine barocke Anmutung. Am Hinterarm trage ich einen Jesuskopf. Auf der Handplatte habe ich einen Gott Michelangelos tätowiert und den Spruch: Wo warst Du, als ich Dich brauchte? Auf dem Oberarm habe ich ein Eishockeywappen der Chicago Blackhawks, meiner Lieblingsmannschaft. Unter der Achsel ist in den Rippen ein Tatoo mit meiner ersten Tatoomaschine. Dann sind da noch die drei Namen meiner Söhne und eine Glücksschwalbe.

  • Sie tätowieren Stars des Sports. Wie ist es dazu gekommen?

Ich habe selber viel Sport in meinem Leben gemacht und sehr viele Menschen kennen gelernt in der Sportszene. Auch meine Söhne sind nach wie vor sportlich, dadurch hat sich der Kreis geschlossen mit Fußballern und Eishockeyspielern. Damit hat es angefangen, dass ich viele Fußballer tätowiere. Das ist wie eine Kettenreaktion gekommen. Die haben gewusst, dass ich Tätowierer bin. Es war eine Zeit, wo das Tatoo im Sport immer mehr in Mode gekommen war. Durch meine Söhne ist der Kontakt zu vielen Sportlern entstanden. Mit Marko Arnautovic begann der Boom, dann wollten immer mehr von mir tätowiert werden.

  • Sie wirken sehr geerdet. Was hat Sie in ihrem Wesen geprägt?

Ich habe einen Vorteil, den ich von Gott mitbekommen habe, ich bin mir sehr wichtig. Ich habe nicht den Drang, dass ich einem anderen Menschen etwas beweisen will. Das habe ich nie gehabt, ich habe immer auf mich geschaut. Wie ich meinen Weg gegangen bin, habe ich mich umgedreht und mir gedacht, wie habe ich das geschafft? Ich habe es einfach gemacht und daraus ist etwas geworden.

Autor:

Stefan Hauser aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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