Zum Hochfest Mariä Aufnahme in den Himmel am 15. August
Was bedeutet "mit Leib und Seele" im Himmel?

Mariendarstellung im Wiener Kapuzinerkloster | Foto: kathbild.at/Rupprecht
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Mariä Aufnahme in den Himmel oder volkstümlich „Maria Himmelfahrt“ ist der älteste Marien-Feiertag. Unsere Kirche feiert am 15. August, dass Maria, die Mutter Jesu, in die ewige Gemeinschaft mit Gott aufgenommen wurde – mit Leib und Seele. Was „Mariä Himmelfahrt“ von Christi Himmelfahrt unterscheidet, erläutert der langjährige Wiener Dogmatik-Professor Josef Weismayer gegenüber dem SONNTAG.

Am 15. August feiert unsere Kirche „Mariä Aufnahme in den Himmel“, auch „Maria Himmelfahrt“ genannt. Was ist unter diesem Festgeheimnis zu verstehen?
JOSEF WEISMAYER: Der 15. August ist im Festkalender der Kirche der älteste Marienfeiertag. In manchen Gegenden Österreichs spricht man einfach vom „Großen Frauentag“. Wir feiern Maria, die Mutter Jesu, in einem umfassenden Sinn, ihre heilsgeschichtliche Berufung und ihren Weg. Im Kirchenkalender wird dieser Festtag „Assumptio Beatae Mariae Virginis“ genannt, „Aufnahme Mariä in den Himmel“.

Was unterscheidet die „Aufnahme Mariens“ von der „Himmelfahrt Christi“?
Umgangssprachlich nennen wir den großen Marienfeiertag „Mariä Himmelfahrt“, damit stellt sich die Frage nach der Beziehung dieses Festes zu „Christi Himmelfahrt“. Mit dem Hochfest 40 Tage nach Ostern meinen wir das Ende des Erscheinens des Auferstandenen vor den Jüngern nach seiner Auferstehung.
Genauer gesagt: Christi Himmelfahrt ist ein Aspekt seiner Auferstehung, die Vollendung des Geschehens unserer Erlösung. Der Unterschied zum Marienfeiertag am 15. August: Maria ist eine von uns – mit der einmaligen und zentralen Berufung, Mutter des menschgewordenen Gottessohnes zu sein. Außerdem könnte beim Wort „Himmelfahrt“ so etwas wie „Raumfahrt“ anklingen. Damit hat das Marienfest überhaupt nichts zu tun. Es geht nicht um einen „Transport“ in den Himmel, sondern um ein Aufgenommen-Werden Marias in ewige Gemeinschaft mit Gott – „mit Leib und Seele“.

Was heißt es, wenn wir bekennen, dass Maria „mit Leib und Seele“ in den Himmel aufgenommen worden ist?

Der Ausdruck „mit Leib und Seele“ meint den ganzen Menschen. Wir sagen ja manchmal von einem Menschen, dass er „mit Leib und Seele“ bei einer Sache, bei einer Aufgabe dabei ist. Wir „bestehen“ nicht aus zwei Teilen, Leib und Seele; jeder Mensch ist „Leib und Seele“. Die Hoffnungsperspektive des Christen ist die Auferstehung. „Leib und Seele“ meint das Ganze des Menschseins, auch in seinem zeitlichen Umfang: Mit Leib und Seele Aufgenommen-Sein in die Herrlichkeit des Himmels bedeutet für Maria: Mit ihrer einmaligen Berufung, mit ihrem konkreten Weg, der ein Weg des Glaubens war, mit ihrer nicht immer leichten Beziehung zu Jesus, mit ihrem Mitleiden mit ihrem Sohn, mit ihrer Teilnahme an seiner Verherrlichung ist sie nun verherrlicht. Das alles ist gemeint, wenn man sagt, dass sie „mit Leib und Seele“ in die Herrlichkeit Gottes aufgenommen wurde.

Maria ist laut der Kirchenkonstitution „Lumen gentium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils „Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes“. Was heißt das für unser Christenleben?
Maria gehört auf unsere Seite, sie ist eine aus dem Volk Gottes, sie ist zu einer zentralen Aufgabe berufenen worden, vom Anfang ihres Lebens an. Aber diese Nähe zu Gott und diese Berufung ist ein Geschenk, ist Gnade in umfassenden Sinn. Weil sie eine von uns ist, weil sie unseren Weg geht und gegangen ist, ist sie ein Zeichen der sicheren Hoffnung, ist sie Trost auch in unserer Not und Bedrängnis.

Die Orthodoxie nennt das Fest nicht „Aufnahme”, sondern „Mariä Entschlafung“, Entschlafung der allheiligen Gottesgebärerin. Warum?
Es gibt auch in der westkirchlichen, lateinischen Tradition die Benennung des Festes als „Dormitio“, entsprechend dem griechischen Wort „Koimesis“, Entschlafung. Ein „Entschlafen“ meint auch in unserem Sprachgebrauch – wenn auch etwas poetisch – sterben, Ende unseres irdischen Weges. Zum Schlafen gehört das Aufwachen. Entschlafen meint nicht das absolute Ende, sondern immer war schon mitgedacht, dass das Ende des irdischen Lebens Anfang des verherrlichten, ewigen Lebens bedeutet. Die Theologie der Ostkirche betonte das Ganzheitliche der Gestalt und des Weges Marias.

Mariendarstellung im Wiener Kapuzinerkloster | Foto: kathbild.at/Rupprecht
Josef Weismayer lehrte Dogmatische Theologie an der 
Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.  | Foto: kathbild.at/Rupprecht
Autor:

Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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