Zeit für meinen Glauben
„Es ist hart, aber Gott ist treu“

Foto: Privat
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Seit rund fünfzehn Jahren lebt die gebürtige Wienerin Bernadette Wyskocil mit ihrem Mann Manfred auf der Ostseeinsel Rügen. Als gläubige Katholiken sind sie dort in der absoluten Minderheit.

Nach stundenlanger Fahrt im Regen ein eindrucksvoller Regenbogen, darunter intensives Licht: Es ist dieses Naturschauspiel, das für Bernadette Wyskocil zum Zeichen für Gottes Treue wird. Im Juli 2005 zieht Bernadette mit ihrem Mann Manfred auf die Ostseeinsel Rügen, um dort als Ärztin zu arbeiten. „Für uns war das ein Sprung ins kalte Wasser. Wir wussten nicht, ob es der richtige Weg ist.“ Viele Gebete gehen dem Umzug der beiden Wiener voraus, die zu diesem Zeitpunkt keine berufliche Zukunft in Österreich sehen. „Als wir über die Brücke nach Rügen gefahren sind, gab es diesen riesengroßen Regenbogen. Für mich war das eine ganz persönliche Zusage von Gott, der uns gesagt hat: ‚Ich bin da, ich lasse euch nicht im Stich‘.“

Diaspora-Situation

So wunderschön Rügen landschaftlich ist, so karg ist das christliche Leben auf der Insel, die einst ein Teil der DDR war. „Nur zwei Prozent der Bevölkerung sind katholisch, das sind ca. 1500 Menschen. In die Tourismusseelsorge wird zwar viel Energie gesteckt, die ‚normalen‘ Gemeindemitglieder erleben sich aber oft am Rande stehend“, erzählt Bernadette. Für die jetzt 48-Jährige und ihren Mann waren die ersten Erfahrungen in Ostdeutschland ein Schock. „Neunzig Prozent der Menschen sind hier ohne Bekenntnis. Wenn man vom Glauben oder über Gott spricht, kommt oft keine Reaktion. Viele haben nie wirklich von Jesus gehört.“ Bernadette fühlt sich in der Diaspora – als religiöse Minderheit in einem säkularen Umfeld. Für das Ehepaar, das in Wien in der charismatischen Erneuerung beheimatet war und stets sehr offen über seinen persönlichen Glauben gesprochen hat, ist das schwierig. „Wir sind mit unseren bisherigen Erfahrungen von Mission völlig ins Leere gelaufen“, erinnert sich Bernadette.

Dran bleiben

Von den wenigen Katholiken, die es auf Rügen gibt, werden Bernadette und ihr Mann allerdings sofort herzlich aufgenommen. Von der katholischen Gemeinde sind die beiden begeistert. Man kennt einander und hält zusammen. „Fast alle hier sind ehrenamtlich tätig. Auch wir wurden nach nur sechs Wochen vom Pfarrer angesprochen, ob wir nicht an einem Kurs für Gottesdienstbeauftragte teilnehmen möchten. Damit können wir als Kommunionhelfer und Wortgottesdienstleiter zum Glaubensleben der Gemeinde beitragen.“ Die Sonntagsmesse wird für Bernadette eine besonders wichtige Quelle im Alltag, die Gespräche nach dem Gottesdienst mit den anderen Gemeindemitgliedern sind ihr wertvoll. Zu den großen Festen kommt ein pensionierter Priester von der Nachbarinsel Usedom zur Beicht-Aushilfe. Andere Orte, an denen sie spirituell auftanken kann, gibt es kaum. „Das ist echt hart“, sagt sie. „Man muss sich selber sehr bemühen, dran zu bleiben.“ Auf den langen Autofahrten auf der Insel betet die Ärztin. Sie erlebt Gott auch sehr stark, wenn sie in die Natur geht. „Wenn ich zum Beispiel jetzt im Winter die Vögel im Vogelhaus beobachte, sehe ich, wie viel Liebe Gott in seine Schöpfung gelegt hat.“

Entbehrungsreich und karg, „ganz und gar nicht romantisch“ – so beschreibt Bernadette das christliche Leben auf Rügen. Dazu kommt die Entfernung zur Familie in Österreich. Dennoch: „Gott ist da. Er hat uns hierher gebracht. Er ist treu und lässt uns auch in dieser Situation nicht im Stich.“ Den Regenbogen bei ihrer Ankunft auf Rügen sieht Bernadette als Versprechen, das Gott ihr und ihrem Mann gegeben hat. „Und dieses Versprechen erfüllt sich immer wieder neu.“  

Foto: Privat
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Autor:

Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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