Pfingsten
„Wir sind der Computer, der Heilige Geist ist das Betriebssystem“

Der Heilige Geist kam zu Pfingsten auf die Menschen herab. Er ist Gott in uns allen. | Foto: iStock/sedmak
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Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Die Kraft Gottes kam damals auf die Jünger herab. Aber kommt sie auch heute noch auf uns herab? Und wenn ja: Wie fühlt sich der Heilige Geist an und was bewirkt er?

Rund um Pfingsten hören wir viel vom Heiligen Geist, vom Geist Gottes. Biblisch ist auch von „Wind“ (z. B. Ex 14,21), „Hauch“ oder „Atem“ (Ps 33,6; Ez 37,5–14) die Rede. Doch was bewirkt der Heilige Geist, von dem im Neuen Testament rund einhundert Mal die Rede ist?

„Spontan würde ich sagen, der Heilige Geist ist das komplette Gegenteil unseres inneren ,Schweinehundes’. Er ist das, was uns Jesus zurückgelassen hat, um das, was er war, auf unserer Welt weiterleben zu lassen“, erklärt dazu Andrea Geiger vom APG-Team der Erzdiözese Wien und langjährige Evangeliums-Kommentatorin des SONNTAG: „Ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch den Heiligen Geist in sich hat, vollkommen unabhängig von seiner Religionszugehörigkeit. Er hilft uns dabei, möglichst gut zu sein.“

Wie konkret?
Der Heilige Geist ist der Teil Gottes, den wir alle in uns haben. Technisch ausgedrückt sind wir der Computer und der Heilige Geist ist so etwas wie das Betriebssystem, das uns dabei hilft, uns für das Gute und die Liebe zu entscheiden. Denn Gott ist der ultimativ Gute und der absolut Liebende.

Das heißt, der Heilige Geist ist automatisch in uns? Wir brauchen also nichts tun, damit er uns „anfüllt“?
Gott tut nichts mit uns, wenn wir nicht „Ja“ dazu sagen. Das heißt, wir müssen ihn zulassen oder zumindest eine Sehnsucht nach ihm haben. Dann kann es sein, dass wir plötzlich eine starke Heilig-Geist-Erfahrung haben, bei der uns besonders bewusst ist, was der Heilige Geist mit uns macht. Dieses Gefühl ist dann noch viel stärker als Verliebt-Sein. Aber ganz ähnlich wie beim Verliebt-Sein ist niemand von uns sein ganzes Leben lang in diesem Dauerzustand, sondern Liebe ist nicht nur ein Gefühl, sondern auch eine bewusste Entscheidung. Genauso ist es mit dem Heiligen Geist: Nachdem man sich dafür entschieden hat, stellt sich die Frage des Dranbleibens. Manchmal spüren wir ihn gar nicht besonders fest, aber wir haben ihn trotzdem in uns und er wirkt in uns. Dabei hilft es, wenn ich bete und immer wieder im Alltag bitte „Komm Heiliger Geist, hilf mir die beste Version meiner selbst zu sein“. Außerdem bleibt man dran, indem man sich mit anderen Gläubigen austauscht, etwa an einer Bibelrunde teilnimmt, mit Menschen aus der eigenen Pfarre oder in der Familie über den Glauben und über besondere Gnadenmomente spricht oder sich einen geistigen Begleiter sucht. Der ist dann so etwas wie ein Trainer, der uns hilft, dranzubleiben.

Was tut der Heilige Geist mit uns?

Der Heilige Geist ist nicht das Göttliche in mir, sondern tatsächlich Gott in mir. Paulus zählt im Brief an die Galater die sogenannten Früchte des Heiligen Geistes auf: Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Bescheidenheit, Enthaltsamkeit und Keuschheit. Dort, wo der Heilige Geist wirkt, erkennt man genau diese Früchte. Und er stiftet immer Einheit. Das Gute, das ER tut, tut er immer für alle, nie für einen alleine.

Wie kann etwas, das mir gut tut, gleichzeitig auch den anderen gut tun?
Nehmen wir als Beispiel eine Familie her. Wenn ich als Familienmitglied ausschließlich auf mich selbst achte und nur das tue, was ich persönlich gerne mache, dann wird es den anderen auf Dauer nicht gut gehen. Wenn ich aber Dinge tue, die den anderen ebenfalls gut tun, dann bringt das Freude und Harmonie in die ganze Familie. Oder – um wieder beim Beispiel des Verliebt-Seins zu bleiben: Wenn nur ich alleine verliebt bin und meine Liebe niemanden zeige und sie nicht teile, dann wird sie schnell verebben oder unglücklich enden. Wenn ich aber meinem Partner, meinen Kindern, den Menschen in meinem Umfeld zeige, dass ich sie liebe – und sie dasselbe mit mir machen – dann tut diese Liebe auch wirklich gut.

Wann hat der Heilige Geist in Ihrem Leben konkret gewirkt?

Andrea Geiger © Tobias Bosina
Andrea Geiger
Leiterin der Dienststelle APG in der Erzdiözese Wien

Oft! Typischerweise etwa in Gesprächen und Diskussionen. Normalerweise hat man als Mensch ja seine Meinung und ist auch überzeugt davon, dass man selbst absolut Recht hat. Deshalb bringt man sich normalerweise vehement ein – und während die anderen reden, hört man selbst gar nicht zu, sondern versucht im Kopf schon zu formulieren, was man antwortet, um weiter auf seiner Position zu verharren. Im Sinne des Heiligen Geistes ist es hingegen, dass man einen Schritt zurück macht von seiner eigenen Meinung und sich die anderen Meinungen anhört. Dann kann es plötzlich sein, dass man draufkommt, dass es vielleicht noch eine ganz andere – noch viel bessere Lösung für ein Problem gibt. Nur so kann Neues entstehen. Ich habe bereits sehr viele Situationen erlebt, in denen auf diese Art und Weise plötzlich Lösungen entstehen und sich ein Gefühl der Harmonie einstellt. Immer wenn so etwas passiert, dann ist das im Sinne des Wirkens des Heiligen Geistes.

Neben den angesprochenen Früchten gibt es auch die Gaben des Heiligen Geistes. Wie zeigen sich diese im eigenen Leben?
Die Erfahrung der Bibel und der Kirche ist, dass der Heilige Geist uns allen eine Art Werkzeugkiste gibt, die uns im Leben hilft. Das sind die sogenannten Gaben des Heiligen Geistes: Weisheit, Einsicht, Rat, Erkenntnis, Stärke, Frömmigkeit und Gottesfurcht. Wenn wir beim Bild des Betriebssystems bleiben, dann wären das quasi die Apps. Prinzipiell haben diese Gaben alle in uns, weil wir alle ja auch den Heiligen Geist in uns haben, aber trotzdem kommen bei jeden von uns ganz andere Gaben besonders zum Tragen.

Warum ist das so?
Wir alle sind verschieden und einzigartig, niemand kann alles für sich alleine. Es ist wie bei einem Puzzle, es braucht jeden und jede mit ihren ganz eigenen Fähigkeiten und Gaben, um etwas Gutes und Vollkommenes zu schaffen. Das ist sicher so, weil der Heilige Geist in erster Linie immer auf Gemeinschaft schaut und setzt.

Warum heißt es dann so oft, jeder wäre ersetzbar?
Natürlich kann man sagen, jeder von uns ist ersetzbar. Aber demgegenüber stelle ich ein wunderbares Bild: Jeder, der schon einmal einen Muskelfaserriss hatte, weiß, dass der ganze Muskel und somit der ganze Körper eingeschränkt sind, wenn nur kleine Muskelfasern reißen. So ist das auch mit uns. Im Prinzip ist zwar jeder ersetzbar, aber trotzdem bleibt eine Lücke, weil jeder einzigartig und wichtig für das Gesamte ist. Das sieht man jetzt auch ganz stark bei der Corona-Pandemie. Man kann zwar versuchen, zuhause zu bleiben, niemanden zu treffen und sich selbst vor Corona zu schützen, aber das Virus wird sich ausbreiten, wenn nicht möglichst alle vernünftig sind und aufeinander schauen.

Und wenn man diese Erfahrung ins Positive kehrt, dann verbreitet sich der Heilige Geist ebenso – und sogar noch viel stärker und schneller als jedes Virus, wenn alle mitmachen. Das ist letztendlich die Botschaft, die uns Jesus hinterlassen hat. Es kann wirklich für alle gut werden, wenn alle mitmachen. Und für dieses Ziel will er uns mit Hilfe des Heiligen Geistes gewinnen.

Entdeckungsreise zu den Geistesgaben

Autor:

Michael Ausserer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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