Glaubenszeugnis
„Ich bin der Gaukler Gottes“

Die Freude am Spiel steht im Mittelpunkt. Alexander Wessely (rechts) und drei  seiner Darsteller. | Foto: privat
  • Die Freude am Spiel steht im Mittelpunkt. Alexander Wessely (rechts) und drei seiner Darsteller.
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Für den Priester, Schauspieler und Regisseur Alexander Wessely gibt es zwischen dem
Theater und der Liturgie viele Parallelen.

Beides kann die Menschen berühren. Und bringt sie mitunter auch zum Weinen.

Alexander Wessely
Alter: 49
Wohnort: Eisenstadt
Lebensmotto: Ich bin der Gaukler Gottes.
Gott ist für mich: noch immer ein riesengroßes Geheimnis.
Sonntag bedeutet für mich: Feiertag mit den Gemeinden.

Der gebürtige Wiener Alexander Wessely führt heuer zum ersten Mal Regie bei den
Passionsspielen in St. Margarethen. Der 49-jährige Militärpfarrer und Pfarrprovisor der
Pfarren Eisenstadt-Oberberg und Kleinhöflein ist ausgebildeter Schauspieler.

Stehen Sie gelegentlich selbst auf der Bühne?
Ja, meist in Ein-Mann-Produktionen. Mein Vorteil ist, dass ich von der Kunst nicht leben muss, das war nie einfach und ist es momentan erst recht nicht. Die Einnahmen spende ich für Sozialprojekte.

Sie sind Priester und Schauspieler.
Auf den ersten Blick sind das zwei unterschiedliche Welten. Gibt es Parallelen?

Wahnsinnig viele. Man darf nicht vergessen, dass sich die Welt des Theaters aus der Welt des Kultes entwickelt hat. Sowohl im Theater als auch in der Liturgie wird eine Welt vor Augen gestellt, die dem irdischen Auge sonst verborgen ist. Es gibt da wie dort Rollenbücher, bestimmte Kleidung und Beleuchtung, einen vorgegebenen Ablauf.

Welche Akzente setzen Sie als Regisseur bei den heurigen Passionsspielen?
Wir möchten einen sehr menschlichen Jesus zeigen und kein ungewolltes Passionsspielpathos bedienen. Wir alle sind übersättigt mit Brutalität in den Medien. Da muss man nicht auch noch pseudoreale Gewalt auf die Bühne bringen. Der Jesus in den Passionsspielen wird nicht mit geschundenem Oberkörper und Lendenschurz gezeigt, sondern trägt bei der
Kreuzigungsszene ein rotes Gewand. Jeder kann das in seinen eigenen Gedanken
nachklingen lassen.

Neu ist auch, dass die Emmausjünger durch das Stück führen.
Treten die Emmausjünger auf, ebbt das Spiel ab oder die Bühne ist leer. Sie übersetzen das, was sie erlebt haben, in ihre Realität. Sie nehmen das Publikum in die Passion mit hinein und fragen, was sie für uns heute bedeutet.

Was bedeutet das Passionsgeschehen für Ihr Leben?
Ich bin eigentlich ein sehr weihnachtlich denkender Mensch: Mach es wie Gott und werde Mensch. Das kommt in den Passionsspielen aber auch durch. Wir sind als Menschen
mitfühlend, weil der Schöpfer selbst mitleiden kann. Er zeigt uns Wege durch das Leid und aus dem Leid.

Welche Szene im Spiel, welche Person berühren Sie besonders?
Die Szenen mit Judas berühren mich sehr. Er hat geglaubt, er tut etwas Gutes und kommt im Stück mit einem Lächeln in den Garten Getsemani. Er zerbricht daran, dass Jesus den Weg ans Kreuz geht. Im Stück gibt es einen kurzen fiktiven Dialog zwischen Judas und Nikodemus, in dem Nikodemus ihm sagt: Du hast große Schuld auf dich geladen, aber auch dir wird vergeben werden. Und Judas läuft weg. An dieser Stelle muss ich jedes Mal weinen, obwohl ich das Stück selbst inszeniert habe. Es ist eine große Chance der Passionsspiele, dass sie die Menschen wirklich berühren.

Die Mitwirkenden sind Laienschauspieler.
Viele von ihnen sind bereits seit ihrer Kindheit mit dabei. Mir war wichtig, dass die Mitwirkenden auch verstehen, was sie spielen. Die Proben waren nicht nur rosig, hin und wieder gab es auch Gewitterwolken und ein richtiges Donnerwetter. Ich muss dazu sagen: Ich bin bei den Passionsspielen nicht als Seelsorger und Pfarrer dort, sondern als Regisseur.
Für viele war das ein großer Aha-Effekt, man hat mir gesagt:
„So kannst du als Pfarrer nicht reden!“

Welche Reaktionen kommen von den Zuschauern?
Eine Person hat mir erzählt, dass sie die ganze zweite Hälfte durchgeweint hat. Es war ein befreiendes Weinen. Es darf kollektiv geweint werden, niemand muss sich seiner Tränen schämen. Die Passionsspiele berühren.

Nähere Informationen zu den Passionsspielen im Steinbruch St. Margarethen:
passio.at

Autor:

Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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