Wir entscheiden die Zukunft
Sommergespräch mit: "Junge Kirche" der Erzdiözese Wien

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Bettina Erl leitet seit 2019 die „Junge Kirche“ der Erzdiözese Wien. Im Sommergespräch fordert sie mehr Geld für die Kinder- und Jugendarbeit, erzählt, warum Flüchtlinge ihr ein Anliegen sind und warum Frauen Zugang zu allen Weiheämtern bekommen sollten.
Das Interview führte Georg Gatnar

Bettina Erl
Geboren
1986 in Gmunden, Oberösterreich

Studium
Katholische Fachtheologie an der Universität Wien (2006 - 2012), danach zweieinhalb Jahre Pastoralassistentin in der Pfarre Breitenfeld, ab 2016 dreieinhalb Jahre in der Caritas der Erzdiözese Wien als Teamleiterin im Bereich Asyl & Integration zuständig.

Junge Kirche
Seit November 2019 Leitung der Dienststelle Junge Kirche im Bereich der Erzdiözese Wien.

persönliche Schwerpunkte
Management, Caritas, Multireligiöser Dialog, Gerechtigkeit, Soziale Verantwortung, Konfliktregelung, Mediation, Kommunikation

Ich fühle mich wertgeschätzt und finde, dass unsere Arbeit gesehen wird. Leider hat der Sparstift ebenso nicht vor unserer Abteilung Halt gemacht und das ist eine schmerzliche Angelegen­heit, erzählt Bettina Erl auf die Frage, welchen Stellenwert die „Junge Kirche“ ihrer Meinung nach in der Erzdiözese Wien einnimmt. „Ich denke, dass die Kirche gerade jetzt nicht im Kinder- und Jugendbereich sparen darf. Es braucht hier dringend genügend Ressourcen, weil es zukunftsentscheidend ist.“

  • Was leistet die „Junge Kirche“?

Bettina Erl: Wir wollen für und mit Kindern und Jugendlichen Kirche gestalten und lebendig machen. Ebenfalls gibt es die sogenannten Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die im kirchlichen Kontext mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Besonders vernetzend wirken hier unsere Kinder- und Jugend-Pastoralassistentinnen und -assistenten. Gerade bei den strukturellen Veränderungen innerhalb der Erzdiözese Wien konzeptionieren wir laufend neue Angebote. Dabei bündeln wir Ressourcen und unterstützen mit Projektarbeit. Im Oktober starten wir beispielsweise mit einer neuen Ausbildung. Alles, was man braucht, um professionell mit Kindern und Jugendlichen im kirchlichen Kontext zu arbeiten, wird erklärt. Wir laden zu diesem Kurs ein, inklusive Unterkunft und Verpflegung. Als Junge Kirche haben wir folgende Schwerpunktthemen: Liturgie, Musik, Umwelt und Gesellschaft, Spiritualität und Jüngerschaft, Pfarre und Gemeinde und Ministrieren. Ebenso gehören die Katholische Jungschar und die Katholische Jugend Wien zur Jungen Kirche Wien. Junge Kirche befähigt, feiert, inspiriert, begleitet, ermutigt und vernetzt.

  • Bettina Erl, Sie sind in Oberösterreich aufgewachsen und studierten in Wien katholische Fachtheologie. Dabei haben Sie sich mit dem interreligiösen Dialog beschäftigt. Inwiefern hat Sie das geprägt?

Es geht mir um den respektvollen Umgang, das Interesse füreinander, um dadurch zu einem guten Miteinander zu kommen. Ich habe mich auf ein multireligiöses Gebet fokussiert, das ich gemeinsam mit einer sehr geschätzten Kollegin in Meidling machen durfte, und mit dem Magistratsamt für Integration und Diversität - MA17. Hier ging es darum, dass monotheistische Religionsgemeinschaften, die in Meidling angesiedelt sind, sich besser kennenlernen. Das war eine Gruppe, die sich regelmäßig getroffen hat. Es entstand eine große Offenheit und Bereitschaft des Kennenlernens, dadurch haben wir Vertrauen aufgebaut. Bei einer Veranstaltung haben wir ebenfalls gemeinsam gebetet. Das ist eine Form des interreligiösen Dialogs, in den Austausch zu gehen, das Gemeinsame, das Trennende zu sehen und wertzuschätzen.

  • Von 2012 bis Ende 2014 waren Sie Pastoralassistentin in der Wiener Pfarre Breitenfeld. Welche Erfahrungen haben Sie von dort mitgenommen?

Nach dem Studium war dies meine erste Erfahrung, hauptamtlich pastoral in einer Pfarre tätig zu sein. Ich hatte dort die Chance, Dinge auszuprobieren, manche waren erfolgreich, manche scheiterten. Heute würde ich es als Lernerfahrung bezeichnen. Besonders prägend war das ehrenamtliche Engagement der Menschen in der Pfarre. Mit welcher Liebe und Kraft sich die Leute engagiert haben, davon lebt der Glaube und die Kirche.

  • Sie wechselten in die Caritas der Erzdiözese Wien und waren bei der mobilen Flüchtlingsbetreuung. Das Flüchtlingsthema ist Ihnen ein Anliegen?

Ja. Anfangs war ich tätig im Teilbereich „PfarrCaritas und Nächstenhilfe“ am Stephansplatz. 2015 hat das Thema Flucht und Asyl zugenommen. Glücklicherweise gab es damals die Entscheidung, die Grenzen Europas zu öffnen und viele Menschen aufzunehmen. Es gab Bedarf und gleichzeitig eine große Resonanz in den Pfarren. Ich durfte in kürzester Zeit mehrere Projekte zum Thema pfarrliches Engagement für Menschen auf der Flucht aufbauen. Das waren Notquartiere, Transitquartiere, Grundversorgungsplätze und vieles mehr. Es war bewegend zu sehen, wie diese Pfarren als Kraftwerke der Nächstenliebe aktiv wurden. Rasch bin ich Teamleiterin in Wiener Neustadt in der mobilen Flüchtlingsbetreuung geworden. Heute engagiere ich mich zudem im Team der „Sonntagsbegegnung“. Wir sind eine Gruppe von jungen Christinnen und Christen, ein ökumenisches Projekt, wo wir regelmäßig im Sigmund-Freud-Park ein Gebet abhalten. Dabei fordern wir, dass die Flüchtlingslager aufgelöst werden, die Aufnahme der Menschen und eine menschenwürdige Asylpolitik.

  • 2015 hat Papst Franziskus das Lehrschreiben „Laudato si“ veröffentlicht. Darin ruft er auf, die Schöpfung zu bewahren. Wie betrifft das die „Junge Kirche“?

Das Thema Nachhaltigkeit und Schöpfungsverantwortung sind für uns wesentliche Aspekte. Wir agieren ressourcenschonend, damit unser CO2-Fußabdruck möglichst gering ist. Auch innerhalb der Erzdiözese Wien fordern wir Maßnahmen ein. Neben dem Blick nach innen wenden wir uns natürlich mit diversen Angeboten zum Thema an unsere Zielgruppen. Wir ermutigen junge Christinnen und Christen, für die Schöpfungsverantwortung einzustehen.

  • Ein neues Format ist das Projekt „# I check des“. Dabei erklärt die „Junge Kirche“ kindgerechte Teile der Messe
  • (Der SONNTAG hat davon berichtet).

In 10 Kurzvideos erklären Expertinnen, Experten und eine Gruppe von Kinder-Expertinnen die Teile der Heiligen Messe. Die Videos gibt es auf unserem YouTube-Kanal. Es freut mich, dass diese bereits in Sonntagsmessen oder Gruppenstunden zum Einsatz kommen.dersonntag.at/icheckdes

  • Die Bischofskonferenz hat sich im Juni über die Stärkung der Frauen in kirchlichen Führungspositionen sowie über Geschlechtergerechtigkeit ausgetauscht. Was halten Sie von dieser Initiative?

Das ist ein wichtiger Schritt. Ich hoffe sehr, dass die katholische Kirche sich die Fähigkeit bewahrt, die Zeichen der Zeit zu erkennen und eine lebendige Kirche zu bleiben.

  • Ausgangspunkt war Papst Franziskus. Er möchte ebenso Frauen stärker in kirchliche Entscheidungen einbinden. Welche Entwicklungen wünschen Sie sich für die Weltkirche?

Als Theologin und Feministin wünsche ich mir den Zugang für Frauen zu allen Weiheämtern in der katholischen Kirche. Ich wünsche mir, dass es nicht mehr darum geht, ob Mann oder Frau, sondern, dass wir durch Jesus zu einem Menschen geworden sind. Ich unterstütze die Anliegen der Frauen an die Bischofskonferenz, den Papst um die Wiederaufnahme der Gespräche zu diesem Thema zu bitten.

  • Abschließend: Sie kommen aus Oberösterreich, haben Sie vielleicht einen sommerlichen Ausflugstipp zum Abschluss?

Ich komme aus dem schönen Salzkammergut und dort gibt es viele herrliche Seen. Ein besonderes Juwel ist der Almsee. Dieser ist teilweise umrandet von einer Gebirgskette und ist wenig verbaut. Der See ist kühl und dort entspringt auch die Alm, der Fluss, der durch meine Heimatgemeinde Vorchdorf fließt.

Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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